Wo Methodik Geschmack schlägt
Interview mit Marion Endres, Geschäftsführerin der IDEENHAUS GmbH

Als Inhaberin der Markenagentur IDEENHAUS blickt Marion Endres vergleichsweise gelassen auf die fundamentale Transformation der gesamten Marken- und Werbewirtschaft, die die künstliche Intelligenz unweigerlich auslösen wird: „Die KI hat uns nicht wie ein Tsunami erfasst – sie war für uns vielmehr ein weiterer evolutionärer Schritt, der schon vor Jahren begonnen hat.“ Denn der von ihrem Unternehmen verfolgte Ansatz „Methodik schlägt Geschmack“ fungiert seit 36 Jahren als unumstößliche Richtschnur in ihren Marken- und Designprozessen.
„Inzwischen sage ich zu meinen Kunden ganz provokant: ‚Ihr Geschmack interessiert mich nicht – und meiner sollte Sie auch nicht interessieren‘“, erläutert die Marketingexpertin: „Ich bin in einer Marketingwelt groß geworden, wo oft sinn- und zweckbefreit große Kampagnen gefahren wurden, wo man von Pitch zu Pitch gerannt ist und dann gehofft hat, den Geschmack der Entscheider oder deren Cousinen irgendwie zu treffen. Das hat mich wahnsinnig gestresst – und deshalb wollten wir mit dem Ideenhaus methodisch stringent herleiten, was wir wann warum umsetzen sollten, etwa auf Basis der Erkenntnisse der Farbpsychologie oder der Semiotik.“
Die etwas andere Agentur
In einer Marken-, Werbe- und Content-Welt, die zunehmend aus KI-generierten Inhalten besteht, werde es dabei für sie einfacher und eben nicht schwieriger, sich mit guten Ideen, Designs und Konzepten von der Masse abzuheben: „Ich habe den Eindruck, die Bilder und Texte, denen wir begegnen, gleichen sich immer mehr an – das betrifft nicht nur Produktdesigns, sondern auch die Mode oder Netflix. Angesichts dieser zunehmenden Uniformität entwickelt sich jedoch ein wahnsinniges Bedürfnis nach Individualität und Authentizität – das Echte und Unverfälschte wird eine noch viel stärkere Nachfrage erfahren“, erläutert Marion Endres. Einen Widerspruch zu ihrem methodengetriebenen Ansatz erkennt sie darin nicht – im Gegenteil: „Wenn man ein belastbares System entwickelt hat, kann man auf dessen Basis hochkreativ arbeiten und eine eigene Identität entwickeln und präsentieren.“
Doch nicht nur mit dieser Überzeugung bleibt das Ideenhaus erfrischend anders: „Ich liebe Marketing – aber, offen gestanden, mag ich unsere Branche nicht sonderlich: Bei meinen ersten Jobs in dieser damals noch sehr männerdominierten Welt musste man Überstunden ohne Ende machen, hatte wenig bis gar nichts mitzureden und durfte sich dann oft noch mit von Eitelkeit zerfressenen Persönlichkeiten auseinandersetzen. Mit dem Ideenhaus wollte ich es anders machen: Wir arbeiten nicht die Wochenenden durch, jeder muss genug Urlaub nehmen und soll seine Tätigkeit bei uns gut mit seinem Familienleben vereinbaren können. Damit erteilen wir dem Ausbeuterischen und Selbstzerstörerischen der Marketingwelt seit 36 Jahren eine klare Absage.“