„Ich brauche keine Show um die Literatur herum“
Interview mit Katja Böhne, Marketing- und Kommunikationsleiterin der Frankfurter Buchmesse GmbH
Wirtschaftsforum: Frau Böhne, inwiefern lässt sich die Frankfurter Buchmesse überhaupt mit einem klassischen Unternehmen vergleichen?
Katja Böhne: Das ist eher schwierig. Die Buchmesse muss man eher als internationale Plattform oder Netzwerk verstehen und zwar für alle Medien, nicht nur für Bücher. Gerade die Digitalisierung hat eine ungemeine Dynamik mit sich gebracht. Von daher sind wir das ganze Jahr über bemüht, Kunden auch außerhalb der Bücherbranche als Aussteller für die Messe zu gewinnen. Wir sprechen eigentlich jeden Medienschaffenden an.
„Früher ging es nur um Bücher, heute ist das Feld sehr groß geworden.“ Katja BöhneMarketing- und Kommunikationsleiterin der Frankfurter Buchmesse GmbH
Wirtschaftsforum: Also ist die Vermietung der Präsentationsflächen ein wesentliches Geschäftsfeld?
Katja Böhne: Einen Großteil unserer Umsätze machen wir in diesem Bereich. Dazu kommen natürlich noch Werbung und Sponsoring.
Wirtschaftsforum: Und darüber hinaus?
Katja Böhne: Wir haben über den Börsenverein des Deutschen Buchhandels den Auftrag, Auslandsaktivitäten durchzuführen. Dementsprechend sind wir auf etwa 20 Buchmessen weltweit in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und dem Goetheinstitut vertreten. Diese Gastlandauftritte werden vergütet. Darüber hinaus sind wir im Konferenzgeschäft unterwegs. Zuletzt haben wir auch neue Businessformate, darunter fallen beispielsweise Verlegerreisen, entwickelt.
Wirtschaftsforum: Kommen wir zurück zum Thema Digitalisierung. Verträgt sich dieser Prozess überhaupt mit dem Format einer Buchmesse?
Katja Böhne: Absolut. Wir haben unter dem Namen THE ARTS+ in diesem Jahr ein neues Areal eröffnet. Dort werden Möglichkeiten digitaler Inhalte ausgelotet. Ich war gerade noch auf einem Fahrrad und hatte eine Virtual-Reality-Brille auf. Hier ist einfach ein wahnsinnig kreatives Potenzial vorhanden. Davon abgesehen: Die Buchmesse funktioniert ja deshalb so gut, weil die Besucher, trotz der Digitalisierung, ein großes Bedürfnis nach einem persönlichen Treffen haben. Nur darum setzen sich Menschen aus Indien oder aus Chile ins Flugzeug.
Wirtschaftsforum: Wird das persönliche Erlebnis „Buchmesse“ weiter ein Erfolgsfaktor sein?
Katja Böhne: In der Verlagsbranche ist dieses Kennenlernen nach wie vor wichtig für Geschäftsbeziehungen. Daran wird sich nichts ändern. Aber auch wenn ich an die Besucherzahlen denke, bin ich optimistisch. Es mag künftig vielleicht weniger Bücher geben und die Präsentation der Medieninhalte sich anpassen, aber die Faszination der Buchmesse wird bleiben.
„Für mich ist es einfach wichtig, die Buchmesse zu einem richtigen und wichtigen Ort für Menschen zu machen.“ Katja BöhneMarketing- und Kommunikationsleiterin der Frankfurter Buchmesse GmbH
Wirtschaftsform: Faszination geht auch von großen Namen aus. Vermisst die Buchmesse eine Persönlichkeit wie Marcel Reich-Ranicki?
Katja Böhne: Natürlich gibt es einige Menschen, die das bissige Kritisieren im Stil eines Reich-Ranickis vermissen. Bei mir ist das nicht der Fall. Ich brauche keine Show um die Literatur herum, denn Bücher mitsamt ihren Autoren stehen einfach für sich selbst.