Start-up Flyt.club etabliert sich: Einsteigen, anschnallen, mitfliegen
Interview mit Kim-Julian Becker, Mitgründer von Flyt.club

Wirtschaftsforum: Herr Becker, Mitfahrgelegenheiten via PKW oder Bus sind in der Gesellschaft angekommen. Wie ist es um das Mitfliegen bestellt?
Kim-Julian Becker: Im Gegensatz zu Mitfahrgelegenheiten, stehen wir mit unserer Mitflugzentrale erst am Anfang. Wir haben Flyt.club im Jahr 2015 gegründet, aber erst im Jahr 2017 konnten wir eine nennenswerte Anzahl an Flügen vermitteln. Wir werden auch nie an die Zahlen der großen Mitfahrzentralen herankommen. Zum einen gibt es deutlich mehr Autofahrer als Privatpiloten (circa 300.000 in Europa), zum anderen ist ein Flug in einem Kleinflugzeug deutlich teurer und auch sehr wetterabhängig.
Bei Flyt.club geht es nicht darum, möglichst schnell und günstig ein Ziel zu erreichen. Ein Flug in einem Kleinflugzeug ist ein tolles Erlebnis, das gerne auch als Gutschein verschenkt wird. Man sitzt mit im Cockpit und fliegt deutlich tiefer als in einem großen Verkehrsflugzeug, wodurch man die Landschaft sehr gut überblicken kann.

„Im Gegensatz zu Mitfahrgelegenheiten, stehen wir mit unserer Mitflugzentrale erst am Anfang.“ Kim-Julian Becker
Wirtschaftsforum: Flyt.club ist aus Ihrer Bachelorarbeit heraus entstanden. Wann war Ihnen klar, dass Flytclub auch darüber hinaus fortbestehen sollte?
Kim-Julian Becker: Wir wollten uns beide nach dem Studium mit einem eigenen Projekt selbstständig machen. Als wir uns nach einem geeigneten Thema für eine gemeinsame Bachelorarbeit umschauten, hatten wir deshalb immer auch die praktische Umsetzbarkeit im Blick. Nach dem Abschluss der Arbeit beantragten wir zur Finanzierung der Startphase das EXIST-Gründerstipendium, das schlussendlich auch bewilligt wurde. Das Stipendium ist zugeschnitten auf Gründungen aus der Hochschule heraus und passte perfekt auf unser Vorhaben. Wir hatten nun ein Jahr Zeit, um den Prototypen der Bachelorarbeit in eine markttaugliche Plattform umzubauen und damit unser eigenes Unternehmen zu starten.
Wirtschaftsforum: Flyt.club funktioniert als private Flugbörse, gewerbliche Angebote sind allerdings nicht erlaubt. Woran liegt das?
Kim-Julian Becker: Privatpiloten dürfen ihre Flüge generell nicht für gewerbliche Zwecke anbieten, denn dafür bedarf es einer kommerziellen Pilotenlizenz. Ihnen ist es aber erlaubt, gegen Flugkostenbeteiligung Passagiere mitzunehmen, solange sie selbst einen Anteil an den Kosten übernehmen.
Piloten verdienen durch Flyt.club also – anders als in anderen Bereichen der Sharing-Economy – kein Geld an ihren Angeboten. Sie gestalten ihr Hobby aber erheblich günstiger und können so auch öfter abheben, was wiederum zu mehr Routine und damit Sicherheit führt. Seit 2015 gibt es eine EU-Verordnung, die das Fliegen auf Selbstkostenbasis regelt. Flyt.club hilft den Piloten dabei, nicht aus Versehen gegen diese Regeln zu verstoßen und gewährleistet eine faire Aufteilung der Flugkosten.
Wirtschaftsforum: Könnten Sie sich vorstellen eine gewerbliche Börse, zum Beispiel für Geschäftsleute und andere berufliche Vielflieger, zu initiieren?
Kim-Julian Becker: Das Thema ´Gewerbliche Flüge für Geschäftsleute´ haben wir tatsächlich auf der Agenda. Der Vorteil wäre, dass man sehr schnell auch zu entlegenen Zielen gelänge und man sich damit die ein oder andere Übernachtung sparen könnte. Es gibt aber einige Besonderheiten, sodass wir dieses Konzept nicht einfach auf der bestehenden Seite anbieten können. Wir konzentrieren uns aus diesem Grund vorerst voll auf unsere Mitflugzentrale.
Wirtschaftsforum: Haben Sie einen Einblick, welche Strecken oder Rundflüge besonders beliebt sind? Wenn ja, welche?
Kim-Julian Becker: Vor allem Flüge über Großstädte, Inseln oder Gebirge werden häufig gebucht. Sehr beliebt sind Flüge auf Nordseeinseln wie zum Beispiel Sylt oder Norderney mit ein paar Stunden Aufenthalt und anschließendem Rückflug. Bei uns heißen diese Flüge ´Ausflüge´. Sie bieten ein einmaliges Erlebnispaket, das kommerzielle Anbieter nicht anbieten können, was sie auch als ausgefallene Geschenkidee sehr attraktiv machen. Im Bereich Rundflüge sind natürlich Flüge über Großstädte beliebt, aber auch individuelle Flüge über den eigenen Wohnort oder das Stadion der Lieblingsmannschaft.
Interview: Markus Büssecker | Bilder Flyt.club