Es gibt nichts Besseres, als sich auf dem höchsten Niveau zu messen

Interview mit Detlef Schrempf, Unternehmer und ehemaliger NBA-Spieler

Wirtschaftsforum: Herr Schrempf, Ihre Detlef Schrempf Foundation wurde 2017 nach 25 Jahren Fundraising geschlossen. Was war der Grund dafür und werden Sie andere gemeinnützige Projekte übernehmen?

Detlef Schrempf: Es gibt mehrere Gründe, etwas anderes zu starten – 25 Jahre Fundraising sind eine lange Zeit, während der uns immer dieselben Leute in hohem Maß unterstützt haben – Freunde und Geschäftspartner. Unser Schwerpunkt lag dabei immer auf der Kinderhilfe. Nun sind aber unsere eigenen Kinder erwachsen geworden. Damit mussten wir auch unseren Fokus weiter stecken, da wir jetzt Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen haben – unser Geschäftsführer hat zum Beispiel ein erwachsenes behindertes Kind – und gleichzeitig sind auch wir selbst älter geworden. In dieser nächsten Phase unserer gemeinnützigen Arbeit möchte ich mehr Energie daranwenden, die nächste Generation von führenden Köpfen heranzuziehen und anzuleiten – diejenigen, die selbst Stiftungen gründen und mit ihrer karitativen Arbeit ihr eigenes Umfeld beeinflussen werden.

Wirtschaftsforum: Sie haben mehr als 19 Millionen USD für gute Zwecke zusammengebracht. Ist berühmt zu sein ausschlaggebend für diesen Erfolg oder würden Sie sagen, dass Sie als Fachmann im Finanzsektor ein generelles Verständnis für Geldangelegenheiten haben?

Detlef Schrempf: Zu Anfang wollten wir einfach nur Kindern helfen und haben dafür lediglich einige Stiftungen unterstützt. Kurz darauf wurde uns klar, dass wir aus unserer eigenen Marke und unserem Erfolg in Verbindung mit dem Ansehen, das die Seattle SuperSonics* in der Gesellschaft genossen, einen Vorteil ziehen konnten, um mit potenziellen Partnern, Sponsoren und Spendern zusammenzukommen. Berühmt zu sein hat uns definitiv geholfen, diesen Prozess in Gang zu setzen. Einfluss zu nehmen, tolle Beziehungen aufzubauen und etwas zu bewirken hat uns in unserer Stadt zu einem ausgezeichneten Ruf verholfen, mit dem Menschen und Unternehmen assoziiert werden möchten.

Unser Ziel war und ist es immer noch, Unterstützung und Möglichkeiten für die Stiftungen und Kinder, mit denen wir arbeiten, zu gewährleisten – und das bedeutet auch, eine effiziente Organisation zu leiten, die nicht den größten Teil ihrer Gelder für laufende Kosten und andere Dinge verbraucht, sondern diesen größten Teil den Kindern zugutekommen lässt. Ein allgemeines Verständnis für Geldangelegenheiten ist wichtig, aber vieles davon ist gesunder Menschenverstand.

Wirtschaftsforum: Vom ehemaligen NBA-Spieler, dreimaligen NBA-All-Star, Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1984 und 1992 und Assistenztrainer der ehemaligen NBA-Franchise Seattle SuperSonics zum heutigen Direktor für Geschäftsentwicklung Ihres Unternehmens Coldstream ist es ein ziemlicher Wandel. Welche neuen Herausforderungen stellt Ihr Beruf an Sie, verglichen mit Ihrer Zeit als professioneller Basketball-Spieler, und welche Fähigkeiten aus dieser Zeit können Sie in der heutigen Geschäftswelt immer noch anwenden?

Detlef Schrempf: Profi-Sportler zu sein, bereitet einen auf andere Dinge im Leben vor, wenn es einem gelingt, die Eigenschaften, die einen erfolgreich gemacht haben, unter neuen Gegebenheiten beizubehalten. Wie in jedem Beruf kann man auf vielen verschiedenen Ebenen Erfolg haben, wenn man diszipliniert und fleißig ist und nach einem Fehlschlag wieder aufsteht. Was hier den Unterschied macht, ist Ausbildung. Für die meisten von uns, die dem Sport über viele Jahre gedient haben, ist die weitere Ausbildung in einem gewissen Alter zum Stillstand gekommen, während man im Sport gewesen ist, und später muss man das dann aufholen. Bei mir hat das nach dem Basketball eine Zeitlang gedauert. Ich habe einen Kapitalfonds ins Leben gerufen und bei einem Immobilienfonds gearbeitet, bevor ich vor fast elf Jahren meinen Beruf ergriffen habe. Ich musste das Geschäft dann erstmal lernen und die Zulassung erwerben. Ich denke, dass mir all die Jahre mit unserer Stiftung geholfen haben, mich auf meinen jetzigen Beruf vorzubereiten, wo es darum geht, mit Familien zusammenzuarbeiten und ihnen zum Erfolg zu verhelfen. Wir bauen lebenslange Beziehungen auf und es ist befriedigend zu sehen, wie aus Kunden Freunde werden, und ihren Kindern dabei zuzuschauen, wie sie erfolgreich werden.

Detlef Schrempf
„Profi-Sportler zu sein, bereitet einen auf andere Dinge im Leben vor, wenn es einem gelingt, die Eigenschaften, die einen erfolgreich gemacht haben, unter neuen Gegebenheiten beizubehalten.“ Detlef Schrempf

Wirtschaftsforum: Coldstream Wealth Management fokussiert sich darauf, ein Investmentportfolio und eine Vermögensverwaltungsstrategie zu entwickeln, die die spezifischen Bedürfnisse Ihrer Kunden mit einem ganzheitlichen Ansatz unterstützt. In Ihrer aktuellen Position sind Sie dafür verantwortlich, strategische Beziehungen zu schaffen und gleichzeitig den Bereich 'Familie für Familie' aufzubauen. Was macht diese Strategie so erfolgreich, und kombinieren Sie dabei, um Ihre Ziele zu erreichen, Ihre im ‚Geschäft NBA’ gewonnene Erfahrung mit Ihren Kenntnissen aus Ihrem International-Business-Studium an der University of Washington?

Detlef Schrempf: Nachdem ich so lange aus der Schule heraus gewesen war, musste ich nach der NBA im Grunde neu anfangen und ein neues Geschäft lernen. Worauf ich mich konzentriere ist, die Beziehung und das Vertrauen zu einer Familie aufzubauen. Das mag dauern, aber es versetzt uns in die Lage, unsere Fähigkeiten auszuspielen, wenn die Zeit gekommen ist – egal ob über die planerische Seite (Steuer, Risiko, Immobilie, Rente, Philanthropie und so weiter) oder die anlagenberaterische Seite. Wir haben keine Eile, weil wir eine Partnerschaft anstreben, die hoffentlich über Jahrzehnte hält.

Wirtschaftsforum: Bevor Sie bei Coldstream angefangen haben, fungierten Sie als aktiver Teilhaber bei Athlon Ventures, einem privaten Aktienfonds, den Sie 1999 mitbegründet haben und der in Risikokapital, Immobilien und andere spezielle Bereiche investierte. Haben Sie bei der Gründung Ihrer Stiftung Detlef Schrempf Foundation, die Kinder aus dem Nordwesten der USA und Ihre Familien unterstützt, in der Geschäftswelt Hilfe erfahren?

Detlef Schrempf: Wir haben mit unserer gemeinnützigen Arbeit in den frühen 1990er-Jahren begonnen und den Weg für die Stiftung Ende 1993 frei gemacht. Es dauerte etwas mehr als ein Jahr, bis wir offiziell den 501C3-Status bekamen, aber ich würde sagen, dass mich die Arbeit mit unserer Stiftung auf das vorbereitet hat, was ich heute mache.

Wirtschaftsforum: Was stand hinter der Idee, dass Ihre Stiftung Kindern helfen soll?

Detlef Schrempf: Wir alle gehen in unserem Leben durch verschiedene Phasen, und jeder von uns durchlebt dabei eine ‘Ich-Phase’, besonders als Teenager. Für eine lange Zeit heißt das ich, ich und nochmals ich – und bei manchen Menschen dauert diese Phase für immer. Irgendwann musst du dich fragen, warum du eigentlich auf der Welt bist – etwa um einen bestimmten Status zu erreichen, Reichtum anzuhäufen oder berühmt zu werden? Wirst du immer nur nehmen oder vielleicht auch mehr zurückgeben, als du genommen hast? Vielleicht ist es nicht ganz einfach, dem nachzugehen, aber wenn du dich nicht bemühst, verlierst du wahrscheinlich. Kinder sind unsere Zukunft, und wenn man kleine Kinder hat, die die Möglichkeit haben, etwas zu werden, weil ihre Eltern die Mittel haben, ihnen zu helfen, dann hoffe ich, dass jeder diese Möglichkeit auch anderen Kindern geben möchte, wenn deren Eltern sie nicht unterstützen können, oder wenn sie vielleicht nicht beide Eltern haben.

„Für eine lange Zeit heißt das ich, ich und nochmals ich – und bei manchen Menschen dauert diese Phase für immer.“ Detlef Schrempf
Detlef Schrempf

European Business: Während Ihrer aktiven Zeit im Basketball in Seattle waren Sie und Ihre Teamkameraden Gary Payton und Shawn Kemp das Rezept für den Erfolg in der Liga. Heute dominieren Fast-Break-& Shooting-Teams wie die Golden State Warriors und Starspieler wie Stephen Curry und Kevin Durant die NBA. Mit Ihrer Erfahrung aus 16 Jahren NBA und wenn Sie die Liga heute betrachten: Glauben Sie, dass sich viel verändert hat, und sind es Ihrer Meinung nach Veränderungen zum Guten oder zum Schlechten?

Detlef Schrempf: Wie die meisten Dinge im Leben entwickelt sich auch das Spiel. Wir spielten ein anderes Spiel als die Spieler zehn Jahre vor uns, und die heutigen Spieler haben wiederum einen anderen Stil. Das heutige Spiel ist von Analytik und Mathematik beeinflusst. Dass wir heute so viele Dreier sehen, hat einen Grund. Dazu kommt, dass Regeländerungen ein offeneres Spiel ermöglichen und den Größenvorteil großer Spieler eliminieren. Ich mag Veränderung und genieße das Spiel genauso sehr wie damals, als ich gespielt habe. Mir würde es heute ebenfalls Spaß machen zu spielen.

Wirtschaftsforum: Was würden Sie jungen Spielern, die heutzutage eine professionelle Basketballkarriere in der NBA anstreben, raten – besonders im Hinblick auf eine Laufbahn nach ihrer aktiven Zeit?

Detlef Schrempf: Wenn du das Spiel liebst, dann gib dein Bestes! Es gibt nichts Besseres, als sich auf dem höchsten Niveau zu messen. Gleichzeitig musst du vorsorgen, denn auch wenn du es schaffst, ist es nicht für immer. Durchschnittlich dauert eine Karriere drei Jahre und auch wenn du zehn Jahre lang spielst, ziehst du dich vom Basketball in einem sehr jungen Alter zurück. Es ist wahrscheinlich, dass du nach dem Basketball deinen Lebensunterhalt verdienen musst – außer du bist ein Superstar und verdienst und sparst einen Haufen Geld. Die Zahlen lügen nicht (und wir sehen diese Zahlen oft): Zehn Jahre mit einem Durchschnittsgehalt von drei Millionen USD pro Jahr, eine Gesamtsumme von 30 Millionen Dollar, von der abzüglich Steuern 15 Millionen übrig übrigbleiben, minus Lebenshaltungskosten für zehn Jahre von mehr als 500.000 USD. Das macht zehn Millionen USD, minus das Haus oder die Häuser (vielleicht ein Haus und ein Auto für Mama), sodass du am Ende deiner Karriere fünf Millionen USD übrighast (und das ist noch großzügig). Kannst du für den Rest deines Lebens von den 4% Zinsen deiner fünf Millionen USD leben, ohne das Hauptkapital anzugreifen? Für die meisten Leute ist das sehr schwierig.

Detlef Schrempf
„Ich mag Veränderung und genieße das Spiel genauso sehr wie damals, als ich gespielt habe.“ Detlef Schrempf

Wirtschaftsforum: Zum Schluss eine persönliche Frage: Sie leben seit mehr als 30 Jahren in den USA, sind US-Bürger und Ihr Lebensmittelpunkt und der Ihrer Familie ist Seattle. Haben Sie immer noch Verbindungen nach Deutschland und nach Leverkusen-Boddenberg, wo Sie ihre Kindheit und Jugend verbracht haben?

Detlef Schrempf: Aber sicher! Meine Eltern leben immer noch im selben Haus und ich besuche sie, so oft ich kann. Ich bin stolz auf mein deutsches Erbe, und meine Herkunft hat mir den Weg geebnet. Gleichzeitig hat sich der größte Teil meines Erwachsenenlebens hier abgespielt, wie haben unsere Kinder hier großgezogen und ich habe meinen Erfolg hier nicht nur im Sport, sondern auch geschäftlich erreicht. Die Gemeinschaft hier hat uns aufgenommen und ist uns seit vielen Jahren Heimat gewesen.

(*ehemalige NBA-Franchise)

Interview: Andreas Detert | Fotos: NBA, Detlef Schrempf Foundation, Coldstream

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