Gut gecoacht im Generationenwechsel
Interview mit Carolin Hörning, Inhaberin von Carolin Hörning Coaching & Consulting
Wirtschaftsforum: Frau Hörning, Sie sind Business- and Life Coach mit Schwerpunkt Generationenwechsel bei Familienunternehmen und Führungskräfte-Coaching. Was war Ihr Antrieb, Ihr eigenes Unternehmen zu gründen?
Carolin Hörning: Der Anlass dafür liegt in meiner eigenen Lebensgeschichte: Ich wurde in gleich zwei Familienunternehmen hineingeboren. Bei uns waren es drei Generationen im selben Unternehmen. Als wir im Sommer letzten Jahres unser zweites Unternehmen verkauften, stellte sich für mich die Frage, in welche Richtung ich weitergehen wollte. Ich hatte schon immer Interesse an Mentaltraining und mir in diesen Dingen auch bereits ein fundiertes Wissen angeeignet. Nun hatte ich die Möglichkeit, das alles mit einer vollwertigen Coachingausbildung auszubauen und mich selbstständig zu machen. Auf den Generationenwechsel in Familienunternehmen habe ich mich fokussiert, weil ich zusätzlich zu den Erfahrungen, die ich aus meiner eigenen Familiengeschichte habe, im vergangenen Jahr auch Erfahrungen in mehreren Familienunternehmen sammeln konnte. Ich glaube, dass ich als jemand, der diesen Prozess aus eigener Anschauung kennt, einem Unternehmen, das sich gerade selbst darin befindet, sehr viel Unterstützung bieten kann.
Zusätzlich hat sich durch meine Arbeit mit Unternehmen ein weiterer Schwerpunkt im Führungskräfte-Coaching entwickelt: Wenn der Generationswechsel vollzogen ist, nutzt die jüngere Generation oft gern meine Beratung zu speziellen Fragen oder holt auch mein Feedback ein, weil ich die Dinge als Außenstehende anders beurteilen kann.
Wirtschaftsforum: Worin bestehen denn die wesentlichen Herausforderungen, die bei einem Generationenwechsel auf Unternehmen zukommen?
Carolin Hörning: Die Generation, die das Unternehmen verlässt, hat sehr häufig das Problem, dass sie damit ihr Lebenswerk zurücklässt. Oft haben diese Unternehmer unglaublich hart für den Erfolg ihrer Firma gearbeitet und dabei das Unternehmen vor alles andere gestellt – teilweise vor die eigene Familie. Dadurch sind sie emotional natürlich extrem eng mit ihrem Unternehmen verbunden und es fällt ihnen sehr schwer, der Nachfolgegeneration zuzutrauen, dass sie das Lebenswerk genauso zu schätzen weiß und in dem Sinne weiterführt wie sie selbst. Da sind viele Zweifel, viel Unbehagen mit Blick auf die Zukunft, viele Schwierigkeiten loszulassen. Für alle Beteiligten ist das eine hochemotionale Angelegenheit. Und dann kommt noch hinzu, dass viele Unternehmer so etwas wie Freizeit gar nicht kennen, weil die Firma vor allem anderen stand. Als Rentner sollen sie sich dann plötzlich anderweitig beschäftigen und wissen gar nicht, wie sie das machen sollen. Lebensmittelpunkt und Lebensaufgabe fehlen ihnen dann komplett.
Wirtschaftsforum: Gerade weil so viele Emotionen im Spiel sind, fordert Ihre Aufgabe viel Menschenkenntnis, Empathie und Fingerspitzengefühl. Wie gehen Sie dabei vor?
Carolin Hörning: Natürlich gibt es bestimmte Tools, mit denen man arbeitet und die dabei helfen, die Lage erst einmal zu sondieren und Lösungswege aufzuzeigen. Wichtig ist dabei, zu verstehen, dass das Ganze ein Prozess ist, der sich über Wochen erstreckt. Mit einer Coaching Session ist es nicht getan, danach ist die Welt noch nicht wieder in Ordnung. Es ist ein Prozess der Abnabelung, des Loslassens, der einfach eine gewisse Zeit braucht. Das Coaching unterstützt, indem es andere Sichtweisen und Strategien aufzeigt und dabei hilft, die Gedanken zu sortieren und zu einer Lösung zu finden. Doch seinen Weg muss derjenige, der gerade in diesem Prozess steckt, immer selbst gehen. Denn nur eine Lösung, die sich jemand selbst erarbeitet hat, ist nachhaltig.
Wirtschaftsforum: Privat sind Sie sehr engagiert und erfolgreich im Reitsport, wo sie nicht nur als Reiterin, sondern auch als Trainerin aktiv sind. Konnten Sie daraus etwas für Ihren Beruf als Coach mitnehmen?
Carolin Hörning: Ja, daraus konnte ich sehr viel auf meinen Beruf übertragen. Nicht zuletzt nutze ich meine Coachingausbildung für meine Trainertätigkeit: Ich biete Mentalcoaching für Reiter an, um sie bei bestimmten herausfordernden Situationen im Training oder auf dem Turnier zu unterstützen und ihnen zu helfen, damit umzugehen zu lernen. Weiterhin gibt es ja auch Coaches, die Führungskräftetraining mit Pferden anbieten. Wenn man mit Pferden zusammenarbeitet, merkt man schon sehr deutlich, dass man als Führungsperson arbeitet. Die Rolle als Führungskraft kommt ja schon von der Körperhaltung und der Ausstrahlung. Gerade das lernt man bei den Pferden. In beiden Fällen muß man ‘im Lead’ sein, ohne darüber zu sprechen. Und der Sport an sich hat mich natürlich auch geprägt, weil man fokussiert auf ein Ziel hinarbeitet. Dazu gehört auch sehr viel Planung und Struktur: Wo will ich hin, was will ich erreichen? In dieser Hinsicht ist der Sport dem Berufsleben gleich, und das hat mir immer sehr geholfen.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Visionen für die Zukunft, wo möchten Sie Ihr Unternehmen in den nächsten drei bis fünf Jahren sehen?
Carolin Hörning: Ich möchte natürlich noch mehr Firmen und die Personen dahinter unterstützen. Das ist ja eigentlich der Grund, warum ich es mache: weil es mir einfach ein gutes Gefühl gibt. Wenn mir in ein paar Jahren ein Kunde schreibt und sagt hey, es macht immer noch riesig Spaß, dann weiß ich, ich habe alles richtig gemacht.