200 Jahre Mut zu neuen Wegen

Interview mit Andreas Weyand, Geschäftsführer der Gebrüder Schmidt KG

„Mit fast 200 Jahren Firmengeschichte sind wir heute eines der ältesten Industrieunternehmen im Kreis Birkenfeld“, sagt Geschäftsführer Andreas Weyand. Bereits seit Juni 2000 arbeitet er in dem Betrieb, bis 2015 als Controller in der Finanzabteilung.

Erste Patente schon 1907

Von ihrer Gründung im Jahr 1818 bis zum heutigen Erfolg der Gebrüder Schmidt KG war es ein langer Weg mit vielen Richtungsänderungen.

„Ursprünglich wurden bei uns Metallwaren für die Schmuckindustrie gefertigt. 1870 kam die eigene Produktentwicklung dazu“, so der Geschäftsführer. „1907 wurden dann die ersten Patente angemeldet. Das war ein wichtiger Schritt, um die Firma auf sichere Beine zu stellen.“

Im Ersten Weltkrieg musste sich der Betrieb – wie viele andere – umstellen und produzierte Gulaschkanonen für das Militär. Im Zweiten Weltkrieg hielt man sich mit der Herstellung von Schmuckwaren, Handspiegeln und Rückseiten für Haarbürsten über Wasser.

Nachdem das Unternehmen in der Nachkriegszeit zunächst für die Besatzungsmächte Tabakdosen und andere Gegenstände mit Gravuren der jeweils kontrollierten Gebiete herstellte, wechselte man ab 1955 zum Kunststoffspritzguss, der bis heute das Steckenpferd der Gebrüder Schmidt KG ist.

„Ab 1970 fand ein Wechsel hin zur Produktion für Großkunden statt. Seifenspender, Abfallboxen für gebrauchte Handtücher und Handtuchspender wurden früher häufig aus Metall gefertigt, das recht schnell rostete. Dann kamen die Seifen- und Papierhersteller auf die Idee, Kunststoff zu nutzen. Damals kam ein großer Konzern aus Schweden auf uns zu, für den wir schließlich in Großserie produzierten. Heute fertigen wir Seifenspender mit Sensorbetrieb und No Touch-Technologie“, fasst Andreas Weyand zusammen.

1990 folgte der nächste große Schritt: „Ein deutsches Unternehmen beauftragte uns mit der Herstellung von Reinigungswagen für die professionelle Bodenreinigung in Büros, Krankenhäusern und Hotels. Diese bilden heute neben den Seifenspendern unser zweites großes Standbein und werden von uns weltweit ausgeliefert. Außerdem unterstützen wir mit unserem Logistiksystem die Aufsteller von Seifen- und Papierspendern. Wenn der Inhalt zur Neige geht, wird dies beispielsweise per SMS mitgeteilt. Dies ermöglicht ein schnelles Nachfüllen, was vor allem an Orten mit hoher Personenfrequenz wie etwa Flughäfen sehr wichtig ist.“

Doch nicht nur die Entwicklung und Produktion von Produkten hat sich die Firma, die einen jährlichen Umsatz von 23,5 Millionen EUR generiert, auf die Fahnen geschrieben.

„Wir sind ein Full Service-Partner für unsere Kunden und richten uns voll und ganz nach deren Bedürfnissen aus. Damit heben wir uns von anderen Branchenvertretern ab“, betont der Geschäftsführer. „Wir haben eine eigene Entwicklungsabteilung und kennen den Lebenszyklus einer Spenderserie ganz genau. So können wir immer rechtzeitig Produkte weiterentwickeln und unseren Kunden Vorschläge machen.“

Mit über 40 Maschinen entstehen so auf 15.000 m2 Betriebsgelände laufend neue Produkte, die von bis zu 30 Lkw am Tag abgeholt werden. Von der Auftragserteilung bis zur Auslieferung innerhalb Deutschlands vergehen maximal fünf Tage. 30 bis 40 % der Waren werden außerdem exportiert, vor allem in die USA und ins europäische Ausland.

Neue Produkte in Serie

Nach wie vor ist der Kreativität der rund 160 Mitarbeiter keine Grenzen gesetzt. „Einer unserer Bestseller ist ein Hotel-Seifenspender, der ohne Bohren an der Wand befestigt werden kann und ohne Batterie funktioniert. So werden die Hotelgäste nicht durch lästiges Piepen gestört, das batteriebetriebene Spender bei ausgehender Leistungsfähigkeit von sich geben“, führt Andreas Weyand aus.

Zu den Highlights gehört außerdem ein eigener Handtuchspender für Papierhandtücher. „Eine Neuentwicklung sind zudem unsere ‘Zaubertücher’ zur Reinigung von Cerankochfeldern. Sie haben eine gewebte Seite zur Entfernung von Verkrustungen und eine weiche Seite zum Polieren. Eine leichte Abwandlung ist ein Tuch zur Reinigung von Autoscheiben mit den gleichen Funktionen“, erklärt Andreas Weyand. „Mein absoluter Favorit ist aber ein ebenfalls neues, extrem saugfähiges Tuch. Wenn man es mit nur einer Ecke in eine Wasserpfütze auf dem Tisch legt, saugt es sich komplett voll. Außerdem eignet es sich zur streifenfreien Reinigung zum Beispiel von Edelstahltöpfen, Spiegeln oder gläsernen Wänden.“

In Zukunft will sich das Unternehmen vor allem unabhängiger von seinen Großkunden machen. „Großkunden bieten Sicherheit, aber auch ein gewisses Gefahrenpotenzial“, betont Andreas Weyand. „Letztes Jahr haben wir eine Marketing-Projektgruppe gegründet, mit der wir neue Wege gehen wollen. Als Unternehmer muss man Risiken eingehen und Dinge anpacken, um zu sehen, ob sie Früchte tragen. Mut zu neuen Dingen birgt immer auch die Chance auf eine erfolgreiche Zukunft.“

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