„Automatisierung ist nie am Ende“

Interview mit Dr. Wolfgang Trier, Vorstandsvorsitzender und René Schneider, Geschäftsführer Automotive der Softing AG

Die Geschichte der Softing AG begann 1979 mit der Gründung einer Gesellschaft, die sich mit Diagnose und Messtechnik beschäftigte und entsprechende Produkte und Dienstleistungen anbot. „Schon damals lag der Fokus auf Automotive-Themen“, berichtet René Schneider, der seit 2021 als Segmentleiter und Geschäftsführer der Automotive-Sparte im Unternehmen ist.

2000 fiel die Entscheidung, eine Aktiengesellschaft zu gründen, die als Dachgesellschaft für verschiedene Tochterunternehmen agiert. 2001 stieg Dr. Wolfgang Trier als CEO der Gruppe und Vorstand der AG ein. Er war zuvor bei einer Unternehmensberatung tätig. „Ich wollte mich verändern. Meine Erfahrungen als Unternehmensberater, besonders im Bereich der Unternehmenssanierung, kamen mir dabei zugute. Als promovierter Elektroingenieur kam ich auch aus dem passenden fachlichen Umfeld“, erzählt er.

Wolfgang Trier berichtet von seiner Anfangszeit im Unternehmen: „In den ersten Jahren war die Aktie sehr schwach. Ich habe mich stark engagiert und aus meinem Privatvermögen Aktien gekauft.“ Er erwarb 15 bis 20% der Anteile und ist damit nach wie vor der größte Aktionär. Ein weiterer Einzelaktionär hält 15% der Anteile. Unter der Leitung von Wolfgang Trier wurden die drei Segmente der Gruppe Automotive, Industrial Automation und IT Networks gebildet.

Rundum-Diagnose

Im Segment Automotive bietet Softing zahlreiche Produkte wie Test- und Diagnosetools und -Hardware an. Diese können im gesamten Zeitraum von der Idee bis zum After Sales eingesetzt werden. René Schneider nennt einige Beispiele: „Im Entwicklungsprozess können sie beispielsweise darüber Aufschluss geben, ob die Fahrzeugsoftware angepasst werden muss oder Fehlermeldungen tiefer analysiert werden müssen. Mit unseren Produkten können aber auch neue Softwarestände auf die Fahrzeuge gebracht werden. In der Produktion unterstützen wir den richtigen Zusammenbau der Fahrzeuge und überprüfen ebenfalls die Fahrzeugsoftware. Im Aftersales-Bereich kommt unser Werkstatttester zum Einsatz, mit dem unter anderem Fehlerspeicher ausgelesen oder Reparaturanweisungen gegeben werden können.“

Im Automotive-Segment bietet Softing darüber hinaus Testsysteme, Prüfmittel, Testeinrichtungen sowie Adapter und Spezialkabel. Auch Schulungen in den entsprechenden Bereichen bietet das Unternehmen an. Das Angebot richtet sich an OEMs sowohl im Premium- als auch im Basisbereich sowie an Zulieferer.

Zu den Kunden von Softing Automotive Electronics gehören auch Start-ups, vor allem im Bereich E-Mobilität. Das zweite große Segment Industrial Automation umfasst Produkte und Services rund um Automatisierungsthemen in der Industrie. Der dritte Bereich IT Networks beschäftigt sich mit Messsystemen für ITVerkabelungen. „Hier bauen wir Geräte, mit denen Dienstleister große und komplexe Anlagen durchmessen können“, erläutert Dr. Wolfgang Trier.

Daten remote und aus der Box

René Schneider erklärt, was Softing Automotive besonders auszeichnet: „Wir haben eine Produktpalette, die in allen Lebensphasen des Fahrzeugs eingesetzt werden kann. Dabei handelt es sich nicht nur um Standardprodukte, sondern auch um individuelle Lösungen. Unsere Lösungen passen wir immer auf den Kunden an.“

In der Coronazeit waren autarke Lösungen aufgrund ihrer Remote-Fähigkeit besonders gefragt. Mit bestimmten Produkten können auch Simulationen umgesetzt werden. „Dadurch erhält man schon Ergebnisse, ohne dass zuvor ein Prototyp hergestellt werden musste“, so René Schneider. Wolfgang Trier weist zudem auf ein ganz spezielles Produkt hin, dass die seit 2018 zur Automotive-Sparte gehörende Globalmatix AG, ein Anbieter globaler Telematik-Dienste, entwickelt hat: „Globalmatix bietet eine Box, die in das Auto eingebaut wird. Sie sammelt Daten und versendet sie. Das Produkt hat eine Mobilfunklizenz. Mit ihm sind wir im Markt einzigartig, weil wir als einziger Anbieter in der Lage sind, Bagatellschäden zu detektieren. Das ist gerade im Bereich Carsharing interessant.“

Eine Branche im Wandel

Die Digitalisierung und die digitale Transformation sind Themen, die die Kunden aktuell sehr beschäftigen, so René Schneider. Er nennt weitere Trends am Markt: „Remote-work und Cloud-Lösungen sind bei den Kunden gefragt, ebenso 4G- und 5G-Technologien. Sie ermöglichen uns, onboard auf das Fahrzeug zuzugreifen.“

Im Bereich der Diagnose würden die Anforderungen aufgrund umfangreicher Sicherheitsmaßnahmen immer komplexer. Aufgrund seiner Größe und der Individualität hat das Unternehmen auf dem Arbeitgebermarkt einen guten Stand. „Wir haben sehr loyale Mitarbeiter, die teils seit Jahrzehnten bei uns arbeiten. Unsere Aufstellung fördert ein offenes Miteinander. Junge Mitarbeiter können bei uns aufgrund unserer Fachexpertise viel lernen und zudem schnell Verantwortung übernehmen“, betont René Schneider.

Ihn selbst haben an der Position bei Softing vor allem die Verantwortung und die familiäre Atmosphäre gereizt. Seine Motivation zieht er aus dem Wandel: „Die Welt verändert sich, der Markt konsolidiert sich. Die Branche geht Richtung E-Mobility, und ich finde es spannend, Teil dieser Weiterentwicklung zu sein“, so der Geschäftsführer. Mit Blick auf die Zukunft sagt er: „In der Automatisierung gibt es immer wieder neue Themen. Hier werden wir nie an ein Ende stoßen.“

Auch Wolfgang Trier ist nach wie vor mit Begeisterung dabei. Angesprochen auf seine zukünftige persönliche Planung sagt er halb ernst halb scherzhaft: „Mein Lebensmotto lautet: Ab 80 nur noch halbtags – es gibt noch viel zu tun.“

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