Griechenlands 7 dunkle Jahre in der Eurozone - eine Bilanz

Gastkommentar von Spiridon Paraskewopoulos

Gerne würde man dem griechischen Staat und seinen Bürgern bessere Zeiten wünschen. Die nackten Zahlen sprechen leider eine andere Sprache. Sie zeigen den katastrophalen Zustand der griechischen Volkswirtschaft, ein Ergebnis der von den griechischen Regierungen über die letzten 40 Jahre betriebenen Politik.

Statistik des Niedergangs

In den vergangenen sieben Krisenjahren (2008-2015) nahm das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) absolut und pro Kopf etwa um 25% ab. Dagegen stieg im gleichen Zeitraum in den Ländern der Eurozone das durchschnittliche BIP um 8,3% und das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP um 4,6%. Parallel dazu nahm in Griechenland die Arbeitslosigkeit von 7,7% (2008) auf 24,1% (2015) zu, also um fast 240%. Auch in den übrigen Ländern der Eurozone erhöhte sich die durchschnittliche Arbeitslosenquote, aber nur von 7,5% (2008) auf 10,1%.

Zahlenspiele

Wie geht es nun weiter mit Griechenland? Wäre es möglich, unter den aktuellen politischen und institutionellen Bedingungen die griechische Volkswirtschaft wieder auf den Stand des Jahres 2008 zu bringen? Soll die Höhe des BIP (233,3 Milliarden EUR) und die Arbeitslosenquote (7,7%) des Jahres 2008 wieder erreicht werden, dann müsste das BIP von 2015 (176,0 Milliarden EUR) um 32,5% wachsen. Dies wäre nur zu realisieren, wenn in den nächsten zehn Jahren das BIP Griechenlands eine jährliche Wachstumsrate von rund 3% erreicht. Die 3-prozentige jährliche Wachstumsrate des BIP hätte zur Folge, dass die heute etwa 1,16 Millionen Arbeitslosen (24,1%) auf rund 345.000 (7,7%) zurückgingen. Ohne eine deutliche Erhöhung der jährlichen öffentlichen und privaten Gesamtinvestitionen wäre das unmöglich.

Die Gesamtinvestitionen in Griechenland betrugen im Jahr 2015 17,3 Milliarden EUR (9,8% des BIP), während sie noch 2008 mit 59,3 Milliarden EUR (25,4% des BIP) mehr als das Dreifache der heutigen Summe erreichten. Um das Investitionsniveau von 2008 in zehn Jahren zu erreichen, wären zusätzliche Investitionen von rund 4,2 Milliarden EUR im Jahr erforderlich. Hier endet das Zahlenspiel mit einer klaren Antwort: aus eigener Kraft kann Griechenland es nicht schaffen, das wirtschaftliche Ausgangsniveau des Jahres 2008 erreichen.

Keine Frage der Potenziale

Es ist nicht so, dass Griechenland keine Potenziale hätte. Aus meiner Sicht ist nicht nur eine große Auswahl an profitablen Investitionssektoren vorhanden, wie jene des Tourismus, der Energie, der Landwirtschaft, der Ausbeutung und Verarbeitung von Rohstoffen. Auch gibt es noch reichlich wissenschaftliche und andere hoch qualifizierte Arbeitskräfte, die, um zu überleben, zur Zeit aber massenweise ihre Heimat verlassen und auswandern.

Was Griechenland aber gegenwärtig nicht hat, um das notwendige Vertrauen für Investitionen zu wecken, sind eine vertrauenswürdige Regierung, eine glaubwürdige  Opposition, eine unbestechliche und effiziente (unbürokratische) staatliche Verwaltung, eine schnelle, entscheidungsfreudige und unparteiische Justiz.

In den vergangenen Jahren hat das griechische Volk per freie Wahlen konservative, sozialdemokratische, linke und teilweise kommunistische Parteien mit der Regierung beauftragt. Keine von ihnen hat jedoch bisher - vermutlich wegen besonderer Partikularinteressen (?), aus Unfähigkeit (?), aus Obsession (?), aus Unwillen (?) oder wegen anderer Gründe jenseits meiner Vorstellungskraft - die erwähnten und notwendigen institutionellen Reformen durchgeführt, die für ein vertrauenswürdiges Investitionsklima erforderlich sind.

Somit komme ich zu meiner pessimistischen Schlusseinschätzung: In den nächsten zehn Jahren wird es unter diesen Bedingungen keine Hoffnung für eine Rettung Griechenlands geben. Es sei denn, dass sich im letzten Moment der „Deus ex Machina“ einschalten wird, der, wie der barmherzige Vater des verlorenen Sohnes des biblischen Gleichnisses, für die Versorgung Griechenlands sorgen wird. Und dies könnte hoffentlich der Europäische Stabilitätsfonds sein.

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