Das Herz schlägt für die Patienten

Interview mit Michael Erdtmann, Chief Commercial Officer der HRTBT Medical Solutions GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Erdtmann, was versteht man unter PROMs?

Michael Erdtmann: PROMs sind wissenschaftlich validierte Fragebögen, die vom Patienten in digitaler Form ausgefüllt werden. Dabei geht es um unterschiedlichste Aspekte, mit denen gemessen werden soll, wie Patienten ihren eigenen Gesundheitszustand wahrnehmen. Automatisch ausgewertete und visuell aufbereitete PROMs geben dem behandelnden Personal wichtige Informationen neben den klinischen Parametern.

Wirtschaftsforum: Wie kam es bei HRTBT Medical Solutions zu dieser Spezialisierung?

Michael Erdtmann: Das Unternehmen wurde 2014 gegründet. Die drei Gründer, die noch heute mit an Bord sind, hatten schon vorher beratend für Krankenhäuser gearbeitet und erkannt, dass Patient Reported Outcome Measures ein für Krankenhäuser interessantes Thema waren, es dafür aber noch keine adäquate Lösung gab. PROMs sollten nicht als Pilotprojekt, sondern in der Routineversorgung etabliert werden. Selbstberichtete Daten sollten nicht nur gesammelt, sondern nutzenbringend analysiert und in ärztliche Entscheidungen zurückgespielt werden.

Wirtschaftsforum: Wie kann man die Kernkompetenz von HRTBT Medical Solutions demnach umschreiben?

Michael Erdtmann: Wir bieten eine Softwareplattform zur Erfassung, Analyse und aktiven Nutzung dieser PROMs an, um eine Lücke zu schließen. Es gibt auf der einen Seite klinische Parameter, die der Arzt festhält. Was fehlt, sind Daten außerhalb des Krankenhauses. Wir wollen den Gesundheitszustand vor und nach einem Krankenhausaufenthalt erfassen; deshalb können Patienten zum Beispiel schon vor Aufnahme in ein Krankenhaus ihre Daten über unsere Plattform einspielen.

Wirtschaftsforum: Wie genau sehen die PROMs aus?

Michael Erdtmann: PROMs bestehen aus Scores; das heißt, der Patient bekommt einen Fragebogen zum Gesundheitszustand. Dabei gibt es einfache, klare Fragen zu unterschiedlichen Aspekten wie psychischen Belastungen oder sportlichen Aktivitäten. Das System errechnet daraus eine Kennzahl, die vorher im Krankenhaus aufgenommen wird. Der Arzt trägt dann zusätzliche Daten ein. Das Relevante ist, wie es dem Patienten drei, sechs, acht oder zwölf Monate nach der Behandlung geht. Diese Frage wird eigentlich nur von klinischen Studien erfasst. Krankenhäuser führen zwar sechs Monate nach einer Behandlung Patientenbefragungen durch, allerdings ist die Rücklaufquote sehr gering. Sie liegt bei etwa 20%. Es ist eine Paper-and-Pencil-Befragung, sehr aufwändig und schwer auszuwerten. Unser System ermöglicht es, die Befragung digital und online durchzuführen. Der Patient bekommt eine E-Mail, geht auf das Online-Portal und kann dort seine Informationen gesichert digital erfassen. Dieses System ist sehr einfach, kann regelmäßig erfolgen, die Daten gehen automatisch an den Arzt zurück, der damit aktiv auf den Patienten zugehen kann und das, bevor ernsthafte Probleme auftauchen. Weil Patientendaten das höchste zu schützende Gut sind, sind sie verschlüsselt und nur für das Krankenhaus einsichtbar. Auch das bestärkt Patienten zur Kooperation; die Bereitschaft ist da, das zeigt eine Responserate von etwa 90%. Insgesamt geht es uns darum, die gesamtheitliche Gesundheitsversorgung im Krankenhaus durch ein automatisiertes und transparentes Qualitätsmanagement zu verbessern.

Wirtschaftsforum: Wie ist die Akzeptanz bei den Kunden, also den Krankenhäusern und Klinken?

Michael Erdtmann: Die Akzeptanz für PROMs steigt spürbar, nicht nur direkt bei den behandelnden Ärzten sondern auch im Qualitätsmanagement. Wir arbeiten für Krankenhäuser in der DACH-Region, haben 200 medizinische Einrichtungen unter Vertrag und bislang 230.000 Behandlungen erfasst. Es gibt viele Rahmenverträge, zum Beispiel mit der Initiative Qualitätsmanagement IQM, regionalen Versorgern und nationalen Qualitätsinstituten, die das Thema Erhebung von PROMs vorantreiben.

Wirtschaftsforum: HRTBT Medical Solutions möchte die Brücke zwischen medical device und life science schlagen. Was bedeutet das?

Michael Erdtmann: Bislang ist unsere Plattform bei Krankenhäusern etabliert, die PROMs erheben. Momentan arbeitet man dort mit Fallpauschalen, allerdings gibt es die Bestrebung, Vergütungen mehr an die Ergebnisqualität zu knüpfen. Ähnliche Bestrebungen gibt es in Bezug auf Arztneimittel und Medizintechnik. Es gibt immer wieder neue Produkte, die Vergütung für das Krankenhaus bleibt aber immer dieselbe unabhängig vom Mehrwert, den ein Produkt generiert hat. Die Frage ist jedoch, wie man Ergebnisqualität misst. Ein Behandlungserfolg lässt sich schließlich erst sechs oder acht Wochen nach der Genesung messen. Um ergebnisorientierte Vergütungsstrukturen zu etablieren, helfen PROMs. Wir sind im Prinzip Mittler zwischen Krankenhäusern und Medizintechnik, um sicher anonymisierte Datensätze aufzubauen, aus denen wichtige Rückschlüsse gezogen werden können.

Wirtschaftsforum: HRTBT Medical Solutions hat heute 50 Mitarbeiter; Corona war für die Digital Health Branche im Allgemeinen und auch für PROMs ein Beschleuniger. Wie geht es weiter?

Michael Erdtmann: Der Markt wächst stabil; allein in Deutschland gibt es 2.000 Krankenhäuser und somit noch großes Potential. Zudem sehen wir auch in weiteren eurpäichen Märkten eine wachsende Nachfrage, wie beispielsweise in der Schweiz, wo sich das Gesundheitswesen zunehmend auf das Thema Behandlungsqualität konzentriert. Der Patient soll künftig stärker in die Behandlung einbezogen werden; der Trend geht zu patientenzentrierten, individuellen Behandlungen. Die individuelle Erfassung seines Gesundheitszustandes ist von großem Interesse. Wir waren sehr früh am Markt und haben entsprechende Erfahrung; zudem sind wir unabhängig und für alle Bereiche tätig. Das sind entscheidende Pluspunkte, die uns besonders für langfristig planende Akteuere im Gesundheitswesen auszeichnen.

HRTBT Medical Solutions GmbH
Greifswalder Straße 212
10405 Berlin
Deutschland
+49 30 364285390
hello(at)heartbeat-med.de
www.heartbeat-med.com

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