„Wir möchten alles realisieren, was mit Zeit zu tun hat“

Interview mit Johannes Perrot, Geschäftsführer des Weltmarktführers im Turmuhrenbau

Wirtschaftsforum: „Herr Perrot, welche Turmuhr war die ungewöhnlichste, die Sie je hergestellt haben?“

Johannes Immanuel Perrot: „Zum einen die größte Turmuhr der Welt in der saudi-arabischen Pilgerstadt Mekka mit vier Zifferblättern, die jeweils einen Durchmesser von 43 Metern haben. Zum anderen haben wir vor etwa zwei Jahren eine astronomische Uhr nach Batumi in Georgien geliefert. Das ist eine moderne Anlage mit einem Antrieb mit sieben Wellen, auf die wir weltweit via Internet zugreifen können.“

Wirtschaftsforum: „Seit wann sind Sie im Turmuhrenbereich so erfolgreich? Gab es in Ihrer Unternehmensgeschichte einen Meilenstein, der die Weichen in Richtung Erfolg gestellt hat?“

Johannes Immanuel Perrot: „Im Jahr 2005 hatten wir einen Auftrag für eine Werbeuhr mit Figurenlauf und Musik aus Pakistan erhalten. Das war damals ein sehr großer Auftrag für unser Unternehmen und in der Folgezeit erhielten wir den noch größeren Auftrag in Mekka. Für den Erfolg unseres 30 Mitarbeiter großen Familienunternehmens sind solche Aufträge sehr wichtig.“

Wirtschaftsforum: „Wie hoch legen Sie als Unternehmer die Messlatte, um auch künftig Hidden Champion zu bleiben?“

Johannes Immanuel Perrot: „Alles, was mit Zeit zu tun hat, möchten wir realisieren. Nehmen wir einmal die Turmuhr in Mekka als Beispiel. In diesem Fall hätten wir auch sagen können: Das schaffen wir nicht. Das können wir nicht. Dazu muss man Materialien einsetzen, die wir nicht verarbeiten können. Wir brauchen Maschinen oder andere Dinge, die wir nicht im Haus haben. Meine Brüder und ich haben aber ganz klar gesagt: Wenn etwas mit Zeit zu tun hat, ob das jetzt unsere Kernkompetenz ist oder nicht, dann wollen wir das in Kooperation mit unseren Partnern realisieren.“

Wirtschaftsforum: „Lässt sich der Erfolg vielleicht in einer kurzen Formel zusammenfassen?“

Johannes Immanuel Perrot: „Die Kunst des Turmuhrmacher-Handwerks ist sicherlich ein roter Faden des Erfolgs, der sich schon am Namen ablesen lässt: Ich heiße Johannes Immanuel, schon mein Ururgroßvater hieß so und der zweite Vorname meines Vaters lautet auch Immanuel. Ich will natürlich nicht behaupten, dass allein mit dem Namen der Erfolg gesichert ist. Uns ist es einfach wichtig, dass unser Unternehmen den Segen Gottes hat. Das ist für uns auch ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor.“

Wirtschaftsforum: „Was bedeutet die religiöse Überzeugung für Ihren Alltag als Unternehmer?“

Johannes Immanuel Perrot: „Wie heißt es so schön: Ora et labora – bete und arbeite! Beides gehört für mich zusammen. Das heißt aber, nicht nur auf den Segen Gottes zu hoffen und die Beine hochzulegen. Als gläubiger Mensch muss ich genauso nach den Gesetzen der Wirtschaft arbeiten und handeln. Für uns ist das die Basis dafür, dass wir den Betrieb nun in der fünften Generation erfolgreich führen können.“

Wirtschaftsforum: „Aber diese Philosophie haben auch andere Unternehmen, die aber nicht annähernd so erfolgreich sind wie Sie. Was machen Sie anders?“

Johannes Immanuel Perrot: „Im Gegensatz zu anderen haben wir nie versucht, unsere Fertigung auszulagern. Wir haben eine sehr hohe Fertigungstiefe im Haus und entwickeln alles selbst. Wir kaufen also normalerweise auch keine Antriebe ein. Dadurch können wir eine hohe Qualität sicherstellen und unseren Kunden anbieten.“

Wirtschaftsforum: „Können das Ihre Mitbewerber nicht?“

Johannes Immanuel Perrot: „Von anderen Herstellern haben wir immer wieder gehört, dass sie das Inlandsgeschäft bevorzugen und gute Geschäfte machen. Dazu kaufen sie im Ausland vergleichsweise billige Produkte ein und produzieren beispielsweise nur noch die Zifferblätter und Zeiger. Das bedeutet aber auch einen Know-how-Verlust. Wenn wir international etwas bewirken und auf Kundenwünsche eingehen möchten, dann müssen wir alles im Haus fertigen. Wenn dann die Kunden kommen und man ihnen zeigt, auf welche Qualität wir Wert legen, dann begeistert sie das. Das hat sich immer wieder gezeigt.“

Wirtschaftsforum: „Ist ein weiterer Grund für die hohe Fertigungstiefe nicht auch der Kopierschutz?“

Johannes Immanuel Perrot: „Das stimmt. Wenn ich allerdings einen Auftrag für ein sehr großes Zahnrad erhalte, dann lohnt es sich für uns nicht, eine Spezialmaschine zu beschaffen. Für solche Fälle habe ich einen Kooperationspartner, der die gleiche Qualität und Philosophie hat wie wir.“

Wirtschaftsforum: „Welche Strategien stecken hinter Ihrem Hidden-Champion-Erfolg?“

Johannes Immanuel Perrot: „Ich und meine Brüder haben irgendwann einmal gesagt: Wir dürfen das Inland nicht vernachlässigen, müssen aber das Ausland stärker bearbeiten. In einem zweiten Schritt haben wir überlegt, welche Länder wir bearbeiten sollen und wie. Das hat uns mit Sicherheit zu einem Hidden Champion gemacht.“

Wirtschaftsforum: „Seit wann verfolgen Sie diese Internationalisierungsstrategie?“

Johannes Immanuel Perrot: „Wir haben diese Strategie die letzten 15 Jahre aktiv vorangetrieben, so dass wir heute international besser aufgestellt sind.“

Wirtschaftsforum: „Welche Märkte beliefern Sie?“

Johannes Immanuel Perrot: „Wir liefern vor allem nach Nordeuropa, in die Staaten der ehemaligen UdSSR und in den arabischen Raum.“

Wirtschaftsforum: „Welche Rolle spielt das Thema Innovation für Ihr Unternehmen?“

Johannes Immanuel Perrot: „Grundsätzlich versuchen wir, der Branche Trends vorzugeben. Unser Vater hat beispielsweise die erste Quarz-Hauptuhr auf den Markt gebracht. Die Hauptuhr ist sozusagen die „Mutteruhr“, die die Zeitanzeige vorgibt.“

Wirtschaftsforum: „Gibt es weitere Innovationen, die aus Ihrem Unternehmen stammen?“

Johannes Immanuel Perrot: „Ein paar Jahre später hat mein Vater die allererste Funkuhr zur Marktreife geführt. So versuchen wir immer wieder, Technologien im Turmuhren-Bereich einzubringen. Wir sind auch offen für Dinge, die nicht unmittelbar mit Turmuhren zusammenhängen. Ich denke besonders an Spezialuhren mit Beleuchtung, eine rückwärts laufende Uhr oder eine mit 24-Stunden-Werk. Wenn uns solche Anfragen erreichen, dann versuchen wir, das mit modernster Technik umzusetzen.“

Wirtschaftsforum: „Der Unternehmenserfolg hängt aber nicht nur von ausgezeichneten Produkten und Leistungen ab, sondern auch von starken Führungspersönlichkeiten. Welchen Führungsstil pflegen Sie?“

Johannes Immanuel Perrot: „Bei Großprojekten wie dem in Mekka holen wir die wichtigsten Mitarbeiter an einen Tisch und fragen sie, ob sie mitmachen wollen oder nicht. Wenn die Mitarbeiter nicht hinter uns stehen, sind wir natürlich auch nichts. Gott sei Dank ist es bisher noch nicht so weit gekommen. Bisher waren die Mitarbeiter immer von allen Projekten begeistert.“

Wirtschaftsforum: „Reisen Sie eigentlich persönlich zu den Turmuhren, die Sie ins Ausland geliefert haben?“

Johannes Immanuel Perrot: „Ich war erst vor kurzem in Georgien, wo ich mir die astronomische Uhr angeschaut habe. Bei solchen Reisen erlebe ich immer wieder diesen Wow-Effekt und gerade bei der astronomischen Uhr war das so. Die Uhr hatte uns schon auf dem Firmengelände sehr gut gefallen. Als ich sie aber an dem schönen Gebäude vor Ort sah, da war ich fast sprachlos.“

Wirtschaftsforum: Wann ist für Sie eine Turmuhr gelungen?

Johannes Immanuel Perrot: „Zum einen, wenn der Kunde zufrieden ist. Das ist für uns das Allerwichtigste. Wenn außerdem noch Design und Gebäude zusammenpassen, dann bin ich glücklich.“

Wirtschaftsforum: „Welche Pläne haben Sie für die Zukunft Ihres Unternehmens?“

Johannes Immanuel Perrot: „Wir wollen in Deutschland weiterhin eine gute Marktabwicklung schaffen und gleichzeitig im Ausland stärker wachsen. Das ist die Zielrichtung unseres Unternehmens.“

Wirtschaftsforum: „Sind Sie mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland zufrieden?“

Johannes Immanuel Perrot: „Wenn die Rahmenbedingungen so bleiben, wie sie sind, bin ich zufrieden. Nehmen wir das Steuersystem als Beispiel: Die Abgaben sind nicht mehr so dramatisch hoch wie früher. Wenn ich an die Pläne von SPD und Grünen denke, dann graut es mir. Eine Vermögensteuer zum Beispiel wäre für unser Unternehmen absolut kontraproduktiv.“

Wirtschaftsforum: „Vielen Dank für das Gespräch, Herr Perrot.“

 

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Makkah Clock, der größten Turmuhr der Welt in Mekka

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