Gute Kaufberatung und gute Preise schließen sich nicht aus
Interview mit Frank Hasselmann, CEO der Galaxus Deutschland GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Hasselmann, seit November 2018 ist Galaxus mit einer Ländertochter in Deutschland vertreten. Sind Sie zufrieden mit der Geschäftsentwicklung in den ersten zwei Monaten nach dem Startschuss?
Frank Hasselmann: Wir sind mit Schwung gestartet, so viel kann ich sagen. Dass wir schon nach wenigen Wochen täglich hunderte von Bestellungen ausliefern dürfen, macht Spaß und gibt Energie. Aber bekanntlich macht eine Schwalbe noch keinen Frühling. Es wartet noch viel Arbeit auf uns, die nächsten Monate bleiben also spannend. Besonders gefreut hat mich das Feedback unserer Kunden. Sie haben sofort verstanden, dass Galaxus mehr als nur ein Webshop ist.
Wirtschaftsforum: Das erklärte Ziel von Galaxus Deutschland: mittelfristig unter die Top 5 im E-Commerce zu zählen. Wie gehen Sie mit dem damit verbundenen Erfolgsdruck um?
Frank Hasselmann: Erfolgsdruck gibt es immer. Entscheidend ist, dass das Verhältnis von Chancen und Risiken stimmt. Und das ist bei Galaxus definitiv der Fall. Die Hamburger Startup-Luft, ein super Team am Hauptsitz und in unserem Krefelder Lager sowie der sich rasant entwickelnde Markt lassen mich jeden Morgen mit Freude zur Arbeit fahren. Und wenn es wie im ersten Quartal noch gut läuft, dann ist von Druck nicht viel zu spüren. Aber klar: Meine Tage sind derzeit lang, intensiv und ganz schön herausfordernd. Was heute war, ist morgen Schnee von gestern. Aber genau diese Herausforderung habe ich gesucht.

„Erfolgsdruck gibt es immer. Entscheidend ist, dass das Verhältnis von Chancen und Risiken stimmt.“ Frank Hasselmann
Wirtschaftsforum: Ihre Zielgruppe sind unter anderem Kunden, die sich eine Online-Kaufberatung wünschen. Wie vermeiden Sie, dass bei Galaxus beraten, aber bei Amazon gekauft wird?
Frank Hasselmann: Gute Kaufberatung und gute Preise schließen sich nicht aus. Ein Redakteur der Computer Bild ist kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass die geringen Preisunterschiede von Galaxus zu Amazon eine kleine Sensation seien. Dennoch: Wir konzentrieren uns voll auf die drei Faktoren Qualitätssortiment, Beratung und Community. Mit diesem Konzept sind wir in der Schweiz erfolgreich und groß geworden. Nun müssen wir beweisen, dass wir damit auch in Deutschland Erfolg haben – dem wohl kompetitivsten Markt Europas also.
Wirtschaftsforum: Auf der Website findet sich neben den Produkten auch ein umfangreicher redaktioneller Teil mit Artikeln, die Hintergrundinformationen und Reviews bieten. Woher kommt diese magazinorientierte Ausrichtung?
Frank Hasselmann: Das ist eine bewusst gewählte Ausrichtung, mit der wir auch in der Schweiz sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Aktuell beschäftigen wir dort 20 Journalisten, die unabhängig, kritisch und authentisch über Produkte und Trends berichten und spannende Themen aufgreifen. Dabei werden thematische Leitlinien gesetzt, die das Redaktionsteam dann eigenverantwortlich umgesetzt. Wobei Eigenverantwortlichkeit überhaupt ein Kernwert von Galaxus ist.
„Aktuell beschäftigen wir 20 Journalisten, die unabhängig, kritisch und authentisch über Produkte und Trends berichten und spannende Themen aufgreifen.“ Frank Hasselmann

Wirtschaftsforum: Der Schritt aus der Schweiz auf das internationale Parkett ist strategisch ausgerichtet. Welche Hürde war dabei am Schwierigsten zu nehmen?
Frank Hasselmann: Die größte Herausforderung besteht darin ein Geschäft in Deutschland als großes Projekt aufzubauen und gleichzeitig das operative Tagesgeschäft zu bewältigen. Zum Glück ist unser Markteintritt nicht mit dem Aufbau eines komplett neuen Onlineshops zu vergleichen. Unsere Schweizer Kollegen haben viele Hürden längst aus dem Weg geräumt. Wir können aus dem Vollen schöpfen und das Know-how rund um Infrastruktur, Lieferantenbeziehungen, Shop-Entwicklung oder Online-Marketing direkt einsetzen.
Wirtschaftsforum: Unter Megatrends verstehen Experten Entwicklungen, die über Jahrzehnte hinweg das Zusammenleben der Menschen maßgeblich beeinflussen beziehungsweise verändern. Würden Sie den E-Commerce als einen solchen einordnen?
Frank Hasselmann: Absolut. Ich bin der festen Überzeugung, dass E-Commerce ein Megatrend ist und der Onlinehandel weiter zulegen wird. Die Argumente liegen auf der Hand: Sortimentstiefe, Preistransparenz und Verfügbarkeit. Ich glaube aber auch, dass es innerhalb dieses Trends einen weiteren Megatrend gibt. Der zielt ganz klar dahin, den Nutzern nicht nur ein transaktionales sondern ein personalisiertes Einkaufserlebnis zu bieten. Dazu gehört beispielsweise Beratungsqualität in den Onlinehandel zu bekommen. Genau das ist der Weg, den wir mit Galaxus gehen wollen.

„Dass ein erfolgreiches E-Commerce-Unternehmen 17 Jahre nach Gründung noch immer wie ein Start-up tickt und seinen Werten treu geblieben ist, das halte ich für außergewöhnlich.“ Frank Hasselmann
Wirtschaftsforum: Abschließend eine persönliche Frage: Sie waren zuvor Manager bei dem Industriekonzern Linde. Was war die erste Lektion, die Sie über den Onlinehandel in Ihrer neuen Rolle bei Galaxus gelernt haben?
Frank Hasselmann: Glücklicherweise hatte ich mich bereits als Berater und bei Linde intensiv mit dem Onlinegeschäft beschäftigt und zweifellos meine Lektionen gelernt. Neuland betreten habe ich vielmehr, was die Unternehmenswerte angeht: Was Galaxus ausmacht, ist eine einzigartige Unternehmenskultur. Dass ein erfolgreiches E-Commerce-Unternehmen 17 Jahre nach Gründung noch immer wie ein Start-up tickt und seinen Werten treu geblieben ist, das halte ich für außergewöhnlich. Die Offenheit zu haben, neue Problemstellungen unpolitisch anzupacken, ohne Umschweife im Team zu diskutieren, um dann gemeinsam zu entscheiden, ist enorm inspirierend und effizient. Hand aufs Herz – in meiner neuen Rolle bei Galaxus musste ich mich nach einigen Jahren in der Industrie wieder etwas an diesen Stil gewöhnen – für mich war es definitiv eine gute Lektion.
Interview: Markus Büssecker | Bilder: Galaxus Deutschland GmbH