Smart Factory als Chance für die Zukunft

Interview mit Andreas Egelseder, CMTO der Felss Group GmbH

Wirtschaftsforum: Sie arbeiten zum Großteil für die Automobilindustrie – ein sehr wettbewerbsintensiver Bereich. Was unterschiedet Sie von anderen Anbietern?

Andreas Egelseder: Hier ist sicher unser ‘Make and Buy’-Konzept zu nennen. Unsere Kunden müssen sich nicht zwischen Eigenfertigung oder Fremdbezug entscheiden. Wir begleiten sie von der Produktentwicklung bis zur fertigen Komponente und übernehmen, wenn gewünscht, auch die Produktion – weltweit. Bei uns bekommt man Maschinenbau und Komponentenfertigung aus einer Hand. Das wissen unsere Kunden vor den steigenden Effizienzanforderungen zu schätzen.

Wirtschaftsforum: Bitte geben Sie uns einige Beispiele für aktuelle Produktinnovationen aus Ihrem Haus.

Andreas Egelseder: Ein Großteil unserer Komponenten geht in die Autoindustrie. Sie sind Teile der Lenksäule. Sie kommen sowohl bei der Kardanwelle als auch bei Getriebewellen zum Einsatz. Rotorwellen, die in den Elektrischen Antrieben (Elektromotoren) zum Einsatz kommen, stellen einen weiteren Fokus im Marktsegment Elektromobilität dar. Wir fertigen Teile, die kalt massiv umgeformt werden. Unser Service stellt per se im eigentlichen Sinne keine Innovation dar. Bereits heute vertrauen viele unserer Kunden auf unsere Dienstleistungen und Services rund um unsere Maschinen und Technologien.

Neu und innovativ allerdings im Rahmen unserer digitalen Smart Services ist der Einsatz von ‘digitalen Servicebrillen’ – das ist ein spannendes Feld, da man so Service-Einsätze überall auf der Welt von unserem Headquarter aus steuern kann. Unsere Smart Services sind definitiv innovativ – die smarten, digitalen Anwendungen, die das Arbeiten unserer Kunden in Zukunft nachhaltig unterstützen und verbessern sollen. Wir haben bereits viele Industrie 4.0-Preise gewonnen. Erst vor einigen Wochen hat auch ein OEM bestätigt, dass unsere Anlagen 4.0-ready sind. Wir können zum Beispiel durch den Einsatz unserer Smart Services eine Art Früherkennung von Verschleiß- & Werkzeugteilen durchführen. Dabei wird durch Analysen von Korrelationen diverser Parameter das Verhalten des Materials in Bezug auf Verschleiß interpretiert.

Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen sehen Sie in den kommenden Jahren auf die Felss Group, aber auch auf Ihre Kunden zukommen?

Andreas Egelseder: Das Thema Smart Factory wird in den nächsten Jahren für uns alle eine große Herausforderung werden. Wir unterstützen unsere Kunden hier durch entsprechend innovative Technologien. Wir betrachten Smart Factory als Chance, nicht als Risiko. Die E-Mobilität wird ebenfalls immer wichtiger. Bereits heute beschäftigen wir uns mit Komponenten für alternative Antriebe der Zukunft, die in der Elektromobilität verstärkt zum Einsatz kommen werden. Für autonomes Fahren wird ab einem bestimmtem Level (Level fünf) der Entwicklung auch ‘Steering by wire’ relevanter werden.

Was Risiken angeht, so sehen wir die hier vor allem im politischen Umfeld. Letztendlich sind wir alle Teile des wirtschaftlich-politischen Ökosystems. Wir sind ein global agierendes Unternehmen. Uns betrifft die Politik von Donald Trump also sehr wohl. Die Komponentenfertigung in den USA erfolgt teilweise mit Material aus Europa. Zudem gehen 25% unseres Umsatzes in und aus den USA nach Mexiko. Auch der Brexit ist indirekt für uns ein Thema, da unsere Kunden aus der Automobilindustrie dort Teile beziehen.

Wirtschaftsforum: Was sind die wichtigsten Ziele für die Felss Group für die nächsten Jahre?

Andreas Egelseder: Wir zielen bis 2020 auf einen Gesamtumsatz von rund 200 Millionen EUR. Diesen wollen wir vor allem durch organisches Markenwachstum und Internationalisierung erreichen. Wir haben bereits eine Handelsvertretung in Indien und wollen diese weiter in Richtung Sales & Service ausbauen. In China ist der Umzug in ein neues Gebäude geplant. Grundsätzlich ist es uns wichtig, gesund zu wachsen und ein Innovationstreiber in unserem Bereich zu sein. Zukünftig wird dabei die Digitalisierung eine zunehmende Rolle spielen. Dadurch werden wir unsere Kernkompetenzen des Maschinen- und Werkzeugbaus, die Prozessentwicklung für unsere Komponentenfertigung sowie unsere Services auf die steigenden Marktforderungen unserer Kunden weiterentwickeln.

Des Weiteren treiben wir ständig unsere Entwicklung und den Ausbau unserer Kompetenzen entlang der Wertschöpfungskette voran. Bei all unseren Wachstumsplänen werden wir uns aber selbst treu bleiben. Die Felss Group steht für Nachhaltigkeit, für Zukunft und Innovation. Daher haben wir uns ganz bewusst dafür entschieden, unsere Technologien und Know-how nicht für Rüstungsindustrie und Gewehrtechnik zur Verfügung zu stellen.

Wirtschaftsforum: Welche Erfahrungen als Führungskraft würden Sie weitergeben wollen?

Andreas Egelseder: Wichtig für die strategische Entwicklung ist, dass man selbstgemachte Erfahrungen in den Kernkompetenzen mitbringt. Dabei darf man sich nicht auf dem bislang Erreichten ausruhen, sondern muss bereit sein, das ganze Leben lang zu lernen. Man muss neugierig bleiben, dabei dürfen Menschen auch Fehler machen. Als Führungskraft muss man den Mitarbeitern vorleben, dass man aus Fehlern lernen kann und sie nicht wiederholen muss – so überträgt sich die Idee einer gesunden Fehlerkultur.

Dabei ist es wichtig, den Mitarbeitern auf Augenhöhe zu begegnen und wegweisend zu agieren. So lautet das Motto: ‘Mir nach!’ und nicht: ‘Dort hin!’ Man muss authentisch sein, Mensch sein. Man darf kein Fähnlein im Wind sein und nur eine Rolle spielen. Denn letztendlich nützen einem auch die tollsten Ideen nichts, wenn man keine Menschen hat, die diese umsetzen. Führung allein macht keinen Erfolg. Deshalb darf man nie Angst haben, die Besten um sich zu scharen.“

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