„Die Bezeichnung Marketing-Papst macht mich verlegen“

Interview mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert, Pionier und Koryphäe des Marketings in Deutschland

Wirtschaftsforum: Herr Prof. Dr. Meffert, beginnen wir mit Münster ‒ der für Ihr Leben und Ihre Karriere schicksalshaften Stadt. Sie sind zwar gebürtiger Oberlahnsteiner, aber Ihr Herz schlägt doch wohl für Münster?

Prof. Dr. Heribert Meffert: Richtig, inzwischen bin ich nicht nur Wahlmünsteraner, sondern vom Herzen her Münsteraner.

Wirtschaftsforum: Wie kam es dazu?

Prof. Dr. Heribert Meffert: Als ich Ende der 1960er-Jahre von Bayern aus in die westfälische Stadt berufen wurde, hieß es: Nur die ersten drei Buchstaben sind gleich, wenn Sie von München nach Münster gehen. Aber ich muss sagen, ich habe mich mit der Domstadt identifizieren können, meine Familie ist hier heimisch geworden. Münster ist mit dem Anspruch, Wissens- und Lebensart zu verbinden, genau die richtige Stadt für mich. Ich habe sogar wiederholt Berufungen abgelehnt, weil auch die Kultur hier an der Fakultät so hervorragend war.

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert, Pionier und Koryphäe des Marketings in Deutschland
"Münster ist mit dem Anspruch, Wissens- und Lebensart zu verbinden, genau die richtige Stadt für mich." Prof. Dr. Heribert Meffert

Wirtschaftsforum: Sind es auch die Attribute, die den Menschen dort zugeschrieben werden und die Ihnen vielleicht selbst zu eigen sind, nämlich das Bodenständige, Ruhige, Strebsame und Zielorientierte?

Prof. Dr. Heribert Meffert: Am Anfang war es wie in dem Sprichwort, erst einmal einen Sack Salz mit dem Westfalen zu essen, mit einem Wort: zurückhaltend. Aber dann haben sich die Menschen sehr viel offener und moderner gezeigt, gerade im Dialog von Wissenschaft und Praxis. Ich brachte das Thema Marketing in die Stadt und musste es zunächst unter die Leute bringen und erklären. Dabei habe ich immer offene und diskussionsbereite Menschen getroffen.

Wirtschaftsforum: Würden Sie sich selbst auch als bodenständig bezeichnen?

Prof. Dr. Heribert Meffert: Ja, ich bin im Allgäu aufgewachsen, im Rheinland geboren. Der Allgäuer und der Westfale sind ähnliche Menschentypen, bodenständig, ehrlich. Und der Handschlag gilt!

Wirtschaftsforum: Sie sind der Wegbereiter des modernen Marketings und gelten seit der Gründung Ihres Instituts für Marketing an der Universität Münster auch als Marketing-Papst ...

Prof. Dr. Heribert Meffert [antwortet prompt]: Marketing-Papst macht mich immer ein bisschen verlegen, weil ich keine Glaubenswahrheiten verkünde, sondern mich mit Marketing-Wissenschaft als Philosophie eines Marketing-Managements und erfolgreicher Unternehmungsführung in der Marktwirtschaft beschäftige, also das mit dem Papst lassen wir lieber mal weg.

Wirtschaftsforum: Gut, unbestritten ist, dass Sie jetzt, im 80. Lebensjahr, auf eine beispiellose Karriere zurückblicken können. Welche sind für Sie persönlich die wichtigsten Meilensteine?

Prof. Dr. Heribert Meffert: Sie werden es nicht glauben, aber meine Karriere war anfangs gar nicht auf Marketing ausgerichtet. Ursprünglich wollte ich Chemie studieren, ein zu langes und teures Studium. Daher wählte ich die zweitbeste Lösung und studierte Betriebswirtschaftslehre in München. Für mein späteres Leben wurde dies zur besten Lösung. Ich hatte Vorbilder wie Professor Edmund Heinen, mein damaliger akademischer Lehrer, der mir beibrachte, dass es beim Fach BWL darum geht, ganzheitlich zu denken. Im Grunde begründete Heinen die entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre, im Sprung zur Verhaltenswissenschaft, was für mich auch die Hinwendung zum Marketing bedeutete, als ich mit Anfang 30 einen Ruf an die Westfälische Wilhelms-Universität Münster erhielt. Es war die zweite wichtige Station meiner Laufbahn.

Wirtschaftsforum: Eine riesige Chance.

Prof. Dr. Heribert Meffert: Das stimmt. In Münster habe ich versucht, die Brücke zur Praxis zu schlagen, als Vertreter einer angewandten Wissenschaft. Meine Philosophie war immer: Ich bin kein Ameisenforscher, sondern einer, der selbst etwas bewegen muss – nicht nur etwas Schönes geschrieben haben, sondern sich zu fragen: Was kommt am Ende für die Unternehmung, für den Kunden dabei raus? Das habe ich auch meinen Studenten in meinen Seminaren vermittelt. Und ich habe schnell den Kontakt gefunden zu Markenartikel-Unternehmen wie Henkel und Unilever.

Davon konnten auch meine Studenten profitieren. Das schwedische Möbelunternehmen Ikea, daran erinnere ich mich sehr gut, hatte uns einmal eingeladen. Es ging um stagnierende Umsätze. Ich bin mit den Studenten hingefahren und im Rahmen eines Seminars haben wir nach Lösungsansätzen gesucht: Wo liegen die Probleme, Stärken, Schwächen, wo liegen die Chancen des schwedischen Einrichtungshauses? Das waren tolle Praxiserfahrungen, auf die mich die ehemaligen Studenten noch heute ansprechen!

Lesen Sie weiter auf Seite 2!

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

„Wir wollen der Industriestandard für die Wasseraufbereitung werden!“

Interview mit Dr. Christian Göbbert, Managing Director der Nanostone Water GmbH

„Wir wollen der Industriestandard für die Wasseraufbereitung werden!“

Mit einem Keramikfiltrationssystem hat Nanostone Water ein Produkt entwickelt, das Mikroorganismen aus Wasserkreisläufen verlässlich herausfiltert: zur Trinkwasserversorgung, aber auch für vielfältige Industrieanwendungen und die Abwasseraufbereitung. Wie die Technologie genau funktioniert…

Wo Technik unter Spannung steht

Interview mit Markus Garlich, Geschäftsführer der cam GmbH

Wo Technik unter Spannung steht

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau steht unter Druck: Globale Unsicherheiten, steigende Energiekosten und Fachkräftemangel fordern Unternehmen heraus. Gefragt sind flexible Partner, die individuelle Lösungen bieten und zugleich höchste Qualitätsstandards erfüllen.…

Frischer Wind fürs Geschäft

Interview mit Anke Lübbers, HR & Business Development der Lübbers LTA GmbH & Co. KG

Frischer Wind fürs Geschäft

Lübbers LTA aus Lingen ist ein Spezialist für Lüftungsanlagen – vom Krankenhaus über Fitnessstudios bis zur Lebensmittelindustrie. Das vor 30 Jahren gegründete Familienunter- nehmen beschäftigt 40 Mitarbeiter…

Spannendes aus der Region

„Wir wollen der Industriestandard für die Wasseraufbereitung werden!“

Interview mit Dr. Christian Göbbert, Managing Director der Nanostone Water GmbH

„Wir wollen der Industriestandard für die Wasseraufbereitung werden!“

Mit einem Keramikfiltrationssystem hat Nanostone Water ein Produkt entwickelt, das Mikroorganismen aus Wasserkreisläufen verlässlich herausfiltert: zur Trinkwasserversorgung, aber auch für vielfältige Industrieanwendungen und die Abwasseraufbereitung. Wie die Technologie genau funktioniert…

Wo Technik unter Spannung steht

Interview mit Markus Garlich, Geschäftsführer der cam GmbH

Wo Technik unter Spannung steht

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau steht unter Druck: Globale Unsicherheiten, steigende Energiekosten und Fachkräftemangel fordern Unternehmen heraus. Gefragt sind flexible Partner, die individuelle Lösungen bieten und zugleich höchste Qualitätsstandards erfüllen.…

Lokale Stärke, globale Vision

Interview mit Maria Wünsch-Guaraldi, CEO und Alfred Wagner, Finance Director der Sanden International (Europe) GmbH

Lokale Stärke, globale Vision

Der japanische Klimaanlagen-Spezialist Sanden navigiert in Europa mit 1.650 Mitarbeitern und 450 bis 500 Millionen EUR Umsatz durch turbulente Zeiten. Während die Automobilindustrie zwischen Elektromobilität, regulatorischen Unsicherheiten und chinesischer Konkurrenz…

Das könnte Sie auch interessieren

Pionierarbeit im digitalen Marketing

Interview mit Joachim Stelzer, CEO der BRANDAD Group AG

Pionierarbeit im digitalen Marketing

Mit kreativen Ideen und einer klaren Strategie hat sich die BRANDAD Group AG als Vorreiter im Bereich cloudbasierter Marketinglösungen positioniert. Als verlässlicher Partner großer Vertriebsorganisationen steht das Unternehmen für innovative…

Erfolg mit Strategie: Wie der TV Emsdetten Wirtschaft und Sport verbindet

Interview mit Florian Ostendorf, Geschäftsleiter der TV Emsdetten Marketing GmbH

Erfolg mit Strategie: Wie der TV Emsdetten Wirtschaft und Sport verbindet

Der TV Emsdetten ist weit mehr als ein Handballverein – er ist ein wichtiger Impulsgeber für die Region. Geschäftsleiter Florian Ostendorf erklärt, warum er den Begriff "Sponsoring" im Profisport für…

Leuchtende  Beispiele – auch für den deutschen Markt

Interview mit Alfred Huemer, Geschäftsführer der HUBER Signage Austria GmbH

Leuchtende Beispiele – auch für den deutschen Markt

Vom Schildermaler zum Komplettanbieter für Objektbranding: Die HUBER Signage Austria GmbH mit Sitz im österreichischen Marchtrenk ist ein Paradebeispiel für einen erfolgreichen Wandel vom kleinen Familienbetrieb zum preisgekrönten internationalen Player.…

TOP