Schwaben nehmen es ganz genau

Interview mit Wolfram Barth, Geschäftsführer der BARTH Präzisionstechnik GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Barth, Sie vertreten die 3. Generation der Familie; drei Generationen, die für die Fertigung hochpräziser Teile stehen. Was hat sich in den vergangenen Jahren verändert?

Wolfram Barth: Mein Großvater gründete die Firma 1970, machte aus einem landwirtschaftlichen Betrieb ein metallverarbeitendes Unternehmen, das im Laufe der Zeit in die Bearbeitung schwer zerspanbarer, hitzebeständiger Werkstoffe einstieg und vor allem für die Automobilindustrie tätig war. Um die Serienfertigungsreife voranzutreiben, wurde 1993 eine Tochtergesellschaft in Rumänien gegründet. Während Binzwangen sich als Center of Competence für den Ramp-up sah und den Fokus auf kleinlosigere Maschinen- und Industriebauteile richtete, war Rumänien das Center of Competence für die Produktion.

Wirtschaftsforum: Wie entwickelten sich beide Standorte in der jüngeren Vergangenheit?

Wolfram Barth: Lange Zeit sehr dynamisch, mit einem hohen Maß an Respekt und dem Wissen, welcher Standort was am besten kann. Als 2017 Diskussionen über das Ende des Verbrennermotors aufkamen, mussten wir umdenken. Der Automotive-Anteil am Standort Binzwangen sank von 70 auf heute 20%, der Standort in Rumänien wurde verkauft.

Wirtschaftsforum: Wie sieht die Aufstellung heute aus?

Wolfram Barth: Wir beschäftigen in Binzwangen 85 Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei rund zehn Millionen EUR jährlich und wird in ganz Europa, schwerpunktmäßig in der DACH-Region, generiert. Im Bereich Automotive legen wir den Fokus auf antriebsunabhängige Teile. Daneben fertigen wir komplexe Teile aus dem allgemeinen Maschinenbau und konzentrieren uns verstärkt auf das Segment Energietechnik, in dem es um Metallteile für Elektrolyseure geht. Wir sind hier in große In-frastruktur-Wasserstoffprojekte involviert. Ein weiteres Standbein bildet das Thema BIM, Baudigitalisierung. Gemeinsam mit einem Partner produzieren wir einen Game Changer für die Digitalisierung in der Bauindustrie, der die präzise Vermessung und Dokumentation in Verbindung mit dem Smartphone ermöglicht. Das Gerät ermöglicht eine komplett neue Arbeitsweise und vereinfacht Workflows drastisch, bei Einhaltung der Rechtssicherheit der Messergebnisse. Wir entwickeln die dafür notwendige Hardware und haben in Binzwangen die komplette Supply Chain bis zum kalibrierten, auslieferungsfähigen Produkt.

Wirtschaftsforum: BARTH ist seiner Kernkompetenz immer treu geblieben, hat sich aber gleichzeitig Marktveränderungen gestellt und dabei Flexibilität und Weitsicht bewiesen. Welche He-rausforderungen gibt es aktuell?

Wolfram Barth: Für uns stehen das Thema Baudigitalisierung und der Bereich Wasserstoffteile im Vordergrund; diese Entwicklungen treiben uns an. Was uns die Arbeit erschwert, sind die hohen Strompreise und eine generelle Planungsunsicherheit. Globale Krisen wirken sich auf das Geschäft aus; durch die Huthi-Rebellen verzögern sich zum Beispiel Lieferungen aus China. Früher waren die Auftragsbücher sechs Monate im Voraus voll; heute sind es vier bis sechs Wochen. Trotzdem haben wir die Vision, uns als Top-Dienstleister der europäischen Industrie zu positionieren.

Wirtschaftsforum: Wo steht BARTH am Markt und wo liegen die Unternehmensstärken, um die Marktposition auszubauen?

Wolfram Barth: Wir setzen im Zulieferwesen für Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff Benchmarks, also in einer sehr speziellen Nische. Es ist ein Markt mit hervorragenden Zukunftsaussichten. Neben Produktqualität, maximaler Präzision und Flexibilität sehen wir unsere Firmenkultur als größte Stärke. Als Familienunternehmen arbeiten wir miteinander und auf Augenhöhe; wir gehen wertschätzend miteinander um und pflegen eine Hands-on-Mentalität mit flachen Hierarchien. Ich selbst arbeite sehr gerne an einer Maschine und möchte das Verständnis dafür beibehalten.

Wirtschaftsforum: Wie sieht der Blick in die Zukunft aus?

Wolfram Barth: Wir wollen trotz aller Unsicherheiten den Betrieb erfolgreich in die Zukunft führen, den Umsatz im Bereich Energietechnik auf 40% erhöhen und das Thema Dekarbonisierung auch in bestehenden Prozessen stärker in den Fokus rücken. Auch wir können und werden in der metallverarbeitenden Prozesskette unseren Teil zum Green Steel beitragen. Unter anderem ist der Aufbau eines Elektrolyseurs in Kombination mit 350 kW Photovoltaik geplant. Gleichzeitig sehen wir uns vielen Hindernissen ausgesetzt. Wir sind ein kerngesunder Betrieb, haben dieses Jahr über 2,5 Millionen EUR investiert, um Zulieferer der Energietechnik zu werden – weil wir daran glauben und obwohl es keine Rahmenverträge gab. Schön wäre es, wenn Fördergelder auf Regierungsebene planvoller verteilt würden. Über Milliardenbeträge wird auf Regierungsebene entschieden. Wenn wir als Mittelständler Förderungen in Millionenhöhe beantragen, wird uns das auf Sachbearbeiterebene so lange erschwert, bis uns der Markt überholt hat oder wir aufgeben.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Kunststoff, Metall, Holz & Co.

Lichtblick: Hightech trifft Nachhaltigkeit

Interview mit Christian Veser, Geschäftsführer der VEMA technische Kunststoffteile GmbH

Lichtblick: Hightech trifft Nachhaltigkeit

In Krauchenwies, unweit des Bodensees, hat die VEMA technische Kunststoffteile GmbH ihren Sitz. Das 65 Mitarbeiter starke Familienunternehmen hat sich unter der Leitung von Geschäftsführer Christian Veser, der sich die…

Durchblick mit Weitblick

Interview mit Thomas Rustige, kaufmännischer Prokurist und Manuel Nicolai, Vertriebsleiter der Gebr. Otto und Heinrich Müller Holzbearbeitung GmbH

Durchblick mit Weitblick

Im Fensterbau geht es heute um weit mehr als nur den Durchblick: Höchste Präzision, nachhaltige Materialien und smarte Technologien bestimmen das Bild. Die Gebr. Otto und Heinrich Müller Holzbearbeitung GmbH…

„Wer heute nicht automatisiert, hat schon verloren“

Interview mit Thomas Pomp, Geschäftsführer der FAMAG-Werkzeugfabrik GmbH & Co. KG

„Wer heute nicht automatisiert, hat schon verloren“

Am bekanntesten ist FAMAG wahrscheinlich für seinen Bormax: den Forstnerbohrer, der nicht zuletzt dank seiner besonders hochwertigen Verarbeitung zur bekannten Marke wurde. Schon seit vielen Jahren setzt FAMAG dabei auf…

Spannendes aus der Region Landkreis Biberach

Misch- und Trocknungsanlagen, die Jahrzehnte halten

Interview mit Alexander Pfleghaar, Managing Director der Bolz Process Technology GmbH

Misch- und Trocknungsanlagen, die Jahrzehnte halten

Über viele Jahrzehnte hat sich Bolz Process Technology einen Ruf als verlässlicher, weltweit operierender Hersteller von Maschinen und Systemlösungen für industrielle Misch- und Trocknungsprozesse aufgebaut – eine Basis, auf der…

Räume gestalten mit natürlichem Charme

Interview mit Marina Röhr, Geschäftsführerin der Röhr GmbH

Räume gestalten mit natürlichem Charme

Holz ist längst nicht mehr nur ein Baustoff, sondern ein Sinnbild für Wärme, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit. Ob in Wohnräumen, Hotels oder öffentlichen Einrichtungen – Holz verleiht jedem Raum eine besondere…

Die wunderbare Welt der  unsichtbaren Elemente

Interview mit Günther Haag, Geschäftsführer und Oliver Fuchs, Leiter Unternehmens- & Vertriebsstrategie der Sauerstoffwerk Friedrichshafen GmbH

Die wunderbare Welt der unsichtbaren Elemente

Ein Disney-Musical. Ein Rettungswagen. Ein iPad. Oder auch ein Kotelett auf dem Grill. Unser hoch entwickeltes gesellschaftliches Leben ist möglich, weil im Hintergrund Etliches vorgedacht und entwickelt wird, was Endverbraucher…

Das könnte Sie auch interessieren

„Der technische Fortschritt braucht Kupfer!“

Interview mit Bernd Glauner, Geschäftsführender Gesellschafter der Ferd. Haecker GmbH & Co. KG

„Der technische Fortschritt braucht Kupfer!“

Die Ferd. Haecker GmbH & Co. KG aus Pforzheim hat sich in vielen Branchen als verlässlicher, kompetenter und kundennaher Zulieferer von Halbzeugen aus Kupfer, Kupferlegierungen und Aluminium einen Namen gemacht.…

Innovative Armaturen mit Präzision, die begeistern

Interview mit Bernd Jenner, Geschäftsführer der Pfeiffer Chemie-Armaturenbau GmbH

Innovative Armaturen mit Präzision, die begeistern

Als Spezialist für ausgekleidete und metallische Armaturen ist die Pfeiffer Chemie-Armaturenbau GmbH ein wichtiger Partner der Industrie. Seit über 50 Jahren verbindet das Unternehmen technologische Expertise mit globaler Präsenz. Geschäftsführer…

Innovative Schmiedetechnik für höchste Ansprüche

Interview mit Giuseppe Pons, Head of Sales und Pietro Solarino, Technical Sales Manager sowie Susanna Ripamonti, Marketing Managerin der MasperoTech S.r.l.

Innovative Schmiedetechnik für höchste Ansprüche

Die Metallverarbeitung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Während traditionelle Verfahren weiterhin gefragt sind, setzen moderne Unternehmen zunehmend auf technologische Innovationen und nachhaltige Prozesse. MasperoTech S.r.l., mit Sitz…

TOP