Wirtschaftsforum: Herr Hundegger, bevor wir auf das allgemeine Portfolio der Heinz Ehgartner GmbH sprechen, verraten Sie uns doch bitte, wie Sie an einen Auftrag zum Bau von Teilen für die Staatskarosse von Wladimir Putin gekommen sind?
Hannes Hundegger: Gerne, doch das ist eine längere Geschichte. 2015 haben wir die Anfrage einer Agentur bekommen, ob wir einige Automobilteile fertigen könnten. Zum damaligen Zeitpunkt haben wir so etwas noch nicht gemacht. Wir haben das gemeinsam überlegt und uns darauf eingelassen. Zunächst haben wir einige Probeteile hergestellt, die wohl so gut waren, dass wir anschließend ein Serienfertigungskonzept erstellen sollten. Daraufhin haben wir ein modulares Fertigungskonzept entwickelt. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Projekt um den Bau einer eigenen russischen Luxuslimousine handelt, in der auch Wladimir Putin gefahren wird. Wir liefern komplexe Verzahnungsteile für das in der AURUS-Limousine verbaute 9-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Für ein 70-Mann-Unternehmen aus der Steiermark ist das eine erstklassige Referenz. Scherzhaft sagen wir deshalb: ‘Wir treiben Wladimir Putin an’.
Wirtschaftsforum: Beeindruckend ist ja vor allem Ihre Kompetenz zu Entwicklung solch komplexer und hochwertiger Antriebsteile, die ja auch präzise arbeiten müssen. Ist das Ihre Kernkompetenz?
Hannes Hundegger: Ja. Wir sind auf dem Weg vom Lohnfertiger hin zum Full-Service-Anbieter im Getriebebau. Begonnen haben wir 1986 mit der Lohnfertigung für Zahnräder. Unser Spektrum reicht von Zahn-, Schnecken- und Kettenrädern über Zahnwellen und -stangen bis hin zu Rotations- und Präzisionsteilen. Seit der Gründung des Unternehmens 1979 haben wir auch schon Service und Reparaturen angeboten. Dazu gehören zum Beispiel Inspektion und Fehleranalyse von Getrieben, der Austausch defekter Bauteile sowie die konstruktive und fertigungstechnische Verbesserung bestehender Getriebelösungen.
Wirtschaftsforum: Das ist ein breites Spektrum. Decken Sie damit die Anforderungen an einen Full-Service-Anbieter ab?
Hannes Hundegger: Seit 2002 fertigen wir auch Baugruppen und Getriebe. Und seit 2015 sind wir auch Getriebentwickler. Dazu gehören die Auslegung, Berechnung und Konstruktion von Industriegetrieben, das Bauteildesign sowie die Optimierung von Laufgeräuschen. Wir verbessern bestehende Getriebelösungen und sind mittlerweile auch gerngesehener Entwicklungspartner zur Fertigungsdoptimierung von kundeneigenen Getriebelösungen. Seit 2015 haben wir uns mit der Fertigung von orthopädischen Medizinprodukten, vor allem Platten und Schrauben, zudem ein weiteres und konjunkturunabhängiges Standbein aufgebaut.
Wirtschaftsforum: Und für wen arbeiten Sie?
Hannes Hundegger: Wir haben ein sehr breites Kundenportfolio aus ganz unterschiedlichen Branchen. Da sind neben der erwähnten Medizintechnik unter anderem Eisenbahn- und Schiffsbau, Maschinen- und Anlagenbau sowie Hütten-, Stahl- und Walzwerke. Hinzu kommen Hersteller von Wert- und Papierdruckmaschinen, der allgemeine Getriebebau und die Automotivindustrie. Wir arbeiten mit AVL, der russischen KATE LLC oder Siemens an größeren Projekten. Plasser&Theurer, SF und MAN gehören ebenso zu unseren Kunden wie die Österreichischen Bundesbahnen, Voestalpine und der Helikopterbauer Schiebel.
Wirtschaftsforum: Inwieweit wirkt sich die Corona-Krise auf Ihr Unternehmen aus?
Hannes Hundegger: Wir kommen ganz gut durch die Krise, brauchten niemanden zu entlassen und stellen sogar wieder Personal ein. Interessanterweise hat sich die Arbeitseinstellung durch Corona auch verändert. Die Menschen sehen wieder mehr, dass Arbeit etwas Wertvolles ist.
Wirtschaftsforum: Sie sprachen bereits die Gründung des Unternehmens an. Können Sie uns einige Meilensteine der Firmengeschichte nennen?
Hannes Hundegger: Sicher der Einstieg in die Windkraft mit einem deutlichen Ausbau von Kapazität und Bauteilgrößen, auch die Entwicklung zum Lieferanten für komplexe Automobil-Getriebekomponenten und unser Knowhow zur kosteneffizienten Fertigungsoptimierung für Seriengetriebe. Und natürlich unser Einstieg in die Medizintechnik mit der Fertigung von orthopädischen Platten und Schrauben aus Titan.
Wirtschaftsforum: Welches sind die wichtigsten Faktoren, die den Erfolg der Heinz Ehgartner GmbH begünstigen?
Hannes Hundegger: Da ist zunächst einmal die sehr gute Zusammenarbeit mit meinem Partner Wolfgang Auf. Wir denken gemeinsam in die gleiche Richtung. Ganz wichtig ist auch unser erfahrenes und hochqualifiziertes Personal. Unternehmerischer Mut spielt sicherlich ebenfalls eine Rolle, genauso wie die Fähigkeit, Personal zu entwickeln und zu begeistern.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den kommenden Jahren?
Hannes Hundegger: Die Corona-Krise hat das Denken der Menschen sehr verändert. Viele Entscheider warten darauf, dass etwas passiert. Es passiert aber nichts. Viele Kunden haben ihre Projekte auf Eis gelegt. Das muss aufhören. Angstpolitik lähmt die Menschen und auch den Unternehmergeist. Es gibt nur noch ein Thema, über das gesprochen wird. Ich erwarte andere Impulse von der Politik. Die Politik hat auch die Pflichtwieder Mut zu machen und dafür gibt es wieder gute Gründe.
Heinz Ehgartner GmbH
Brandberggasse 1
8700 Leoben
Österreich
+43 3842 21165-0
+43 3842 21165-83
office(at)ehgartner-pp.com
www.ehgartner-pp.com