„Wir lösen die Probleme unserer Kunden: je schwieriger, desto besser!“

Interview mit Rolf Geier, Geschäftsführer der Wezel GmbH Kaltumform-Technik

Wirtschaftsforum: Herr Geier, darf man davon ausgehen, dass bei der Wezel GmbH Kaltumform-Technik der Name auch Programm ist?

Rolf Geier: Selbstverständlich. Für unseren Fertigungsprozess kaufen wir zunächst spezifizierte Edelstähle in Form von Stangenmaterial mit einer Länge von mehreren Metern ein, die dann auf die erforderliche Größe zugeschnitten und gedreht werden. Anschließend werden die Oberflächen phosphatiert, bevor schließlich der eigentliche Kaltumformprozess folgt, der abhängig von der Komplexität des Werkstücks mitunter auch mehrmals durchgeführt werden kann – in diesem Schritt liegt die Quintessenz und damit auch die klare Kernkompetenz unseres Unternehmens. Um dem Kunden eine Lösung aus einer Hand anbieten zu können, folgen darauf noch CNC-Bearbeitungsmaßnahmen wie Schleifen und Bohren, damit das gewünschte Produkt unverzüglich dem jeweiligen Anwendungszweck zugeführt werden kann.

Wirtschaftsforum: Hierbei stellt Wezel also auch die kundenindividuelle Fertigung in den Fokus.

Rolf Geier: Unser Unternehmen verfügt über keinen externen Vertrieb, wir machen keinerlei Kaltakquise. Im Laufe der mittlerweile 75-jährigen Unternehmensgeschichte hat sich Wezel in seinem Spezialgebiet einen Namen in der Industrie gemacht. Zu vielen unserer Kunden besteht ein über Jahrzehnte gewachsenes wechselseitiges Vertrauensverhältnis. Oftmals kommen wir ins Spiel, wenn ein Unternehmen vor entsprechend komplexen technischen Problemen steht, bei denen wir mit unserem spezifischen Know-how weiterhelfen können, zum Beispiel wenn Zahnräder oder zerspante Getriebeteile immer wieder kaputt gehen, weil sie den mechanischen Belastungen im jeweiligen Anwendungsfeld nicht mehr standhalten können. Gemeinsam mit dem Kunden suchen wir dann nach einer individuellen Lösung für dieses Problem und entwerfen zielgerichtet ein Produkt, das wir bereits in Stückzahlen ab 20.000 Einheiten wirtschaftlich nachhaltig herstellen können. Neben unserer eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung wird uns diese Flexibilität nicht zuletzt durch unseren eigenen Werkzeugbau ermöglicht, den wir vollständig in-house abbilden.

Wirtschaftsforum: Sie sind seit mittlerweile zwei Jahren der neue Inhaber des Unternehmens. Welche Veränderungen haben in letzter Zeit bei Wezel stattgefunden?

Rolf Geier: Mittlerweile engagieren wir uns auch in der Verarbeitung anderer Materialien, etwa von Kupfer- und Messingteilen oder Edelstahl- und Aluminiumkomponenten, während wir zudem bestrebt sind, in weitere Märkte vorzudringen, in denen wir bisher nicht aktiv waren. Eine besondere Bedeutung hat für uns dabei das E-Bike-Segment, in dem wir ein großes Wachstumspotential und einen hohen Bedarf an individualisierten Lösungen erkennen. Darin unterscheidet sich dieser Markt beispielsweise von der Automobilindustrie, die sich durch ein hohes Maß an Reglementierung auszeichnet, was zudem eine entsprechend umfassende Dokumentation erfordert. Unsere Stärke liegt hingegen darin, mit dem Kunden in eine individuelle, zielgerichtete Diskussion einzutreten und schnell eine neue kreative Idee umzusetzen. Dabei lieben wir vor allem die richtig großen Herausforderungen – je schwieriger, desto besser. Der E-Bike-Markt ist also wie für uns gemacht.

Wirtschaftsforum: Was stellt dabei das größte Hindernis auf Ihrem weiteren Wachstumspfad dar?

Rolf Geier: Der deutlichste Engpass ist oftmals schlicht die erforderliche Manpower, denn der Fachkräftemangel macht gerade vor unserer Branche nicht halt. Glücklicherweise haben wir ein starkes Team aus hochqualifizierten Engineering-Spezialistinnen und kompetenten Facharbeitern, die allesamt gerne die fachliche Herausforderung suchen – doch aufgrund unvermeidbarer Kapazitätsgrenzen müssen wir bisweilen auch Anfragen ablehnen. Aufgrund des sehr spezifischen Wissens, das in unserem Tätigkeitsspektrum erforderlich ist, stellt unsere hohe Seniorität somit einen besonders wichtigen Vorteil für unser Unternehmen dar. Viele Menschen, die heute für Wezel arbeiten, haben hier bereits als Auszubildende angefangen und bleiben uns bis zu ihrem wohlverdienten Ruhestand treu. Das ist ein wichtiger Vertrauensbeweis, der uns sehr viel bedeutet und unseren Anspruch an ein familiäres Miteinander im Unternehmen deutlich hervorhebt. Gleichzeitig freuen wir uns, neue Mitarbeiterinnen bei Wezel willkommen zu heißen, und sehen uns selbstverständlich als ambitionierten Ausbildungsbetrieb. Eine weitere Herausforderung, der wir in unserem Tagesgeschäft begegnen, sind zudem die stark gestiegenen Strompreise, unter denen die gesamte Fertigungsindustrie zu leiden hat. Die bisher von der Politik ergriffenen Maßnahmen waren zwar wirksam genug, um den Standort Deutschland mittelfristig zu stützen. Doch um auch langfristig im Wettbewerb mit anderen Weltregionen bestehen zu können, müssen sich die Rahmenbedingungen noch weiter verschieben, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

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