„Unser Inhaber hatte das Herz eines Löwen!“
Interview mit Thomas Fischer, Prokurist der OMS Antriebstechnik OHG
Wirtschaftsforum: Herr Fischer, heute engagiert sich die OMS Antriebstechnik OHG vor allem als Zulieferer für die Fahrtreppenindustrie. Die Anfänge lagen jedoch in einem ganz anderen Wirtschaftszweig.
Thomas Fischer: Als Otto Militzer 1930 dieses Unternehmen in Thüringen gründete, wurden zunächst vornehmlich Komponenten für die Automobilindustrie gefertigt. Nachdem die Fabrik im Zuge der sowjetischen Besatzung demontiert wurde, erfolgte nach Otto Militzers Flucht nach Hessen 1951 schließlich eine Neugründung in bescheidenen Verhältnissen. Bis in die 1970er-Jahre wuchs das Unternehmen stetig auf mehrere Dutzend Mitarbeiter an, blieb mit der Herstellung von Komponenten für den Maschinenbau und die Automobilindustrie aber seinen Wurzeln auch dann noch treu, als mit der Übernahme durch Dr. Michael Militzer die Übergabe an die nächste Generation erfolgte.
Wirtschaftsforum: Ein Name, der untrennbar mit der Geschichte des Aufbaus Ost verbunden bleibt.
Thomas Fischer: Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow würdigte in seinem Nachruf auf ihn zu Recht ‘das Herz eines Löwen’. Er war ein unvergleichlicher Visionär, der sich später auch in besonderer Weise um den Automobilstandort Eisenach verdient gemacht hat: Dabei wollte er nach der Wende in Thüringen ursprünglich nur die Härterei einer ehemaligen Automobilfabrik übernehmen. Die Treuhandanstalt weigerte sich jedoch, nur dieses einzelne Werk zu verkaufen, woraufhin Dr. Militzer sich schließlich entschloss, das gesamte Unternehmen zu erwerben und in die Lohnfertigung für die Automobilindustrie einzusteigen. So entstand der Automobilzulieferer Mitec, der in der Spitze in Eisenach, China und den USA über 2.500 Mitarbeiter beschäftigte.
Wirtschaftsforum: Ferner verantwortete er die Neuausrichtung von OMS als Hersteller von Antriebssystemen für die Aufzugs- und Fahrtreppenindustrie. Wie kam es dazu?
Thomas Fischer: In den 1980er-Jahren trat die amerikanische Otis Elevator Company wegen eines Getriebes für ihre Fahrtreppen an OMS heran. Dr. Militzer und sein Team konnten das ihnen vorgetragene Problem nahezu aus dem Stegreif analysieren und einen passenden Vorschlag für eine Neuentwicklung ausarbeiten, die nach erfolgter Auftragserteilung schließlich auch innerhalb kürzester Zeit gebaut wurde.
Wirtschaftsforum: Worin bestand die Innovation, mit der sich OMS dann in diesem Markt engagierte?
Thomas Fischer: Bei den damals eingesetzten Schneckengetrieben entwickelten sich schnell hohe Temperaturen. Zudem verbrauchten sie sehr viel Öl und es kam relativ bald zu entsprechenden Verschleißerscheinungen. Unterm Strich war diese Lösung also wenig nachhaltig oder wirtschaftlich. Die bogenverzahnten Winkelgetriebe, die ursprünglich aus der Automobilindustrie stammten und von Dr. Militzer für unsere Antriebssysteme angepasst wurden, konnten jedoch all diese Nachteile beseitigen – mit nachhaltigem Erfolg. Mittlerweile sind alle Hersteller weltweit auf diese Technologie umgestiegen.
Wirtschaftsforum: Mit welchen technologischen Innovationen beschäftigen Sie sich heute?
Thomas Fischer: Derzeit befinden wir uns in der Vorentwicklungsphase für ein neues Antriebssystem, da die Leistungsanforderungen durch die immer größer werdenden Menschenmassen, die in U-Bahn-Stationen und an Flughäfen bewegt werden, unablässig weiter zunehmen, was angesichts gewisser technischer Grenzen bei der bestehenden Technologie zu einem steigenden Material- und Ressourceneinsatz führt. An dieser Stelle wollen wir mit entsprechenden Hochleistungsanwendungen Abhilfe schaffen, durch die wir den erforderlichen Materialeinsatz auf ein nachhaltigeres Niveau senken. Wir gehen davon aus, in ein bis zwei Jahren eine serienreife Lösung anbieten zu können.
Wirtschaftsforum: Wie gestaltet sich dabei die aktuelle Marktsituation?
Thomas Fischer: Sämtliche Fahrtreppenhersteller sind mittlerweile in China beheimatet, nicht zuletzt, weil in diesem Land jährlich über 200.000 Anlagen verbaut werden. Auch wir selbst sind seit langer Zeit vor Ort aktiv, wobei wir selbstverständlich weiterhin die Werte ‘Made in Germany’ leben, was auch von unseren Kunden explizit eingefordert wird. Durch unsere enge Verzahnung mit unseren Partnern können wir die technologische Weiterentwicklung maßgeblich vorantreiben – ein Anspruch aus unserer langen Geschichte, den wir uns stets bewahren werden.
OMS Antriebstechnik OHG
Bahnhofstraße 12
36219 Cornberg
Deutschland
+49 5650 9690
+49 5650 969100
info(at)oms-antrieb.de
www.oms-antrieb.de