Refurbishment: Der smarte Weg zum (fast) neuen Phone

Fast 1.500 Euro. Premium-Anbieter Apple hat bei seinem neuen Vorzeige-Smartphone die Schallgrenze eines vierstelligen Betrags locker durchbrochen. Klar, das Unternehmen aus Kalifornien muss sich nicht sorgen, dass die teuren Handys keine Abnehmer fänden. Dafür ist der Kultstatus von Apple zu groß. Doch eine Garantie, dass der Trend des „Neuer, besser, teurer“ auf ewig so weitergehen wird, gibt es selbst bei Apple nicht.

Konsumklima im Keller, teure Käufe werden hinterfragt

Vor allem in Deutschland hinterlassen die realwirtschaftlichen Verwerfungen, die steigenden Energiekosten und die allgemein explodierenden Preise zunehmend negative Spuren in den Haushaltskassen der Bürgerinnen und Bürger – und damit auch bei der Konsumlaune. So ist etwa die Verbraucherstimmung in Deutschland im November 2022 weiter gesunken.

In diesem Monat betrug der Indexwert des Konsumbarometers nur noch 85,21 Punkte. Im Vergleich zum Indexmonat Januar 2017 (Indexwert = 100) ist die Stimmung unter den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern zum Konsumklima um 14,79 Indexpunkte niedriger. Der Index des Handelsverband Deutschlands (HDE) gibt regelmäßig Aufschluss über die Konsumneigung der Deutschen im kommenden Monat.

Die miese Kauflaune dürfte früher oder später auch das Geschäft mit Smartphones betreffen. Sicherlich freut sich jede und jeder über ein neues Smartphone. Gerade wenn das alte Gerät zerschlissen ist oder die begrenzte Rechenleistung bei der Vielzahl all der neuen möglichen Apps und Anwendungen in die Knie geht.

Muss es denn immer das superteure Neugerät sein?

Nein, sagt eine wachsende Zahl von Deutschen. Gut erhaltene, technisch noch erstklassige Handys aus zweiter Hand kommen immer mehr in Mode. Aus Preisgründen, aber zunehmend auch mit Blick auf nachhaltige Kreisläufe und die vielen knappen „seltenen Erden“, die in modernen Smartphones verbaut sind. Im Fachjargon wird das fachgerechte Aufbereiten gebrauchter Smartphones für neue Zwecke „Refurbishment“ genannt.

Und um das kümmert sich hierzulande inzwischen eine ganze Industrie. Laut einer Erhebung der Konsumforscherinnen und Konsumforscher der GfK war im vergangenen Jahr bereits jedes zehnte Smartphone, das in Deutschland verkauft wurde, ein Refurbished-Gerät. Bei Tablets lag der Anteil mit 20 Prozent sogar schon doppelt so hoch.

Markvolumen: zwei Millionen Refurbished-Geräte pro Jahr

Sebastian Woldmann, GfK-Experte für Telekommunikation: „Immer mehr Händler kaufen gebrauchte Smartphones an und bieten selbst Refurbished-Produkte für Endkunden. Wir schätzen, dass das Marktvolumen mit steigender Tendenz bei mindestens zwei Millionen Stück im Jahr liegt.“ Der GfK-Experte erkennt zudem eine wachsende Professionalisierung: „Zum einen sind es die Hersteller selbst, die mit Refurbished-Angeboten den Markt beleben. Dazu kommen spezialisierte Anbieter, die den Anreiz für den Konsumenten erhöhen, ihr altes Gerät abzugeben. Auf solch einer professionellen Plattform bekommt der Endkunde vielleicht etwas weniger für sein Gerät, als wenn er es selbst online verkauft, dafür hat er viel weniger Aufwand und Risiko.“

Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage und bei einem Preisanstieg von 15 Prozent bei Neugeräten in den vergangenen zwölf Monaten spielt der deutlich günstigere Betrag gegenüber dem Neugerät eine wichtige Rolle. Dabei können die Verbraucherinnen und Verbraucher bei einem aufmerksamen Blick in Schubladen, Keller oder Dachböden helfen, den schlummernden Schatz zu heben und selbst Geld zu sparen: Schätzungsweise rund 200 Millionen alte Handys und Smartphones wähnt der Branchenverband Bitkom ungenutzt in deutschen Haushalten. Ein großer Teil dieser Geräte könnte wiederaufbereitet werden und als Refurbished-Produkt einen neuen Käufer finden.

„Wir sind die Bio-Abteilung im Elektronik-Fachmarkt“

Bei der Aufbereitung und beim Wiederverkauf schlägt die große Stunde spezialisierter Anbieter wie mySWOOOP: Das Unternehmen wurde 2011 von Simon Gabriel und Benjamin Gabriel in Bremen gegründet. Gestartet als stationärer Handel für den An- und Verkauf von gebrauchter Technik wie Smartphones oder Laptops in Bremen Nord, hat sich mySWOOOP seither zu einem reichweitenstarken Online-Shop mit mehr als 979.000 Kunden und 353 stationären Anlaufstellen entwickelt. „Wir sind die Bio-Abteilung im Elektronik-Fachmarkt“, sagt Simon Gabriel.

Bis zu 3 Jahre Garantie auch für Gebrauchte

mySWOOOP hat sich bewusst dagegen entschieden, die neuesten Modelle refurbished anzubieten. Der Fokus liegt auf den vorherigen Modellgenerationen. Somit kommen das Start-up auch nicht Händlern und Herstellern in den Weg, die auf Kunden abzielen, die bereit sind für die neueste Smartphone-Generation viel Geld auf den Tisch zu legen.

Vom Refurbished-Geschäft profitieren die Handelspartner aber überdurchschnittlich: Die Margen für die Partner sind trotz der viel geringeren Verkaufspreise der gebrauchten Smartphones drei- bis viermal so hoch wie bei einem Neugerät. „Da wir 58 Merkmale an den Geräten prüfen, ist die Retourenquote minimal. Außerdem bieten wir im Retail eine 24-monatige Garantie – sowie im Online-Handel eine Garantie von 36 Monaten”, sagt Gabriel.

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