„Mein Kernfokus lautet: Bildung, Bildung, Bildung!“
Interview mit Matthäus Radner, Geschäftsführer der Technologie- und Innovationszentrum Kirchdorf GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Radner, wie viele andere Technologie- und Innovationszentren auch wurde das TIZ Kirchdorf um die Jahrtausendwende gegründet. Mit welcher Vision ging man damals an den Start?
Matthäus Radner: Die grundsätzliche Zielsetzung bestand darin, Jungunternehmern und Gründern, die technologische Innovationen voranbringen wollten, ein Rundum-Sorglos-Paket anzubieten, in dessen Rahmen sie zu vergleichsweise günstigen Preisen eine moderne Immobilie mit der gesamten für ihre Tätigkeit erforderlichen Ausstattung beziehen konnten. Auf dieser Grundlage sollten sie sich dann voll und ganz auf ihre Innovationen konzentrieren können, ohne ständig mit störenden Nebenaspekten behelligt werden zu müssen. Neben dem reinen Immobilienmanagement waren die Technologie- und Innovationszentren ferner als Leuchtturm für ihre jeweilige Region gedacht und sollten in diesem Zuge die innovative Strahlkraft und den Spirit der Gründer auch weit ins Umland hineintragen.
Wirtschaftsforum: Konnte dieser Anspruch an einen Innovations-Leuchtturm auch mit Leben gefüllt werden?
Matthäus Radner: Da muss man aus meiner Sicht die Kirche im Dorf lassen. Viele unserer Mieter sind mittlerweile schon seit mehreren Jahren in unseren Objekten ansässig, weil sie die Vorzüge unserer Liegenschaften zu schätzen gelernt haben. Und auch mit Blick auf unseren Standort müssen wir ehrlich sein: Die Wirtschaftsregion Kremstal zählt ohne Frage zu einer der stärksten in ganz Österreich – doch viele klassische Start-ups zieht es weiterhin klar in den urbanen Raum, nach Linz, Wien oder München, wo auch in der Hochtechnologie und in der Forschung mehr Möglichkeiten zur gegenseitigen Kooperation bestehen. Das ist ja auch logisch: Nicht jeder Bezirk in Österreich kann oder sollte über ein eigenes Fraunhofer-Institut verfügen. Doch obwohl sich die Ansprüche und die wirtschaftliche Realität der Technologie- und Innovationszentren in den letzten 20 Jahren aus meiner Sicht deutlich verlagert haben, sind sie ohne Zweifel ein voller Erfolg – nur eben auf andere Art, als man es damals vielleicht antizipiert hatte.
Wirtschaftsforum: Wo konnte das Technologie- und Innovationszentrum Kirchdorf in Ihrer Region wichtige Impulse setzen?
Matthäus Radner: Schon in der Gründungsphase stand der Fachkräftemangel bei all unseren Stakeholdern auf der Agenda. Aus diesem Bedarf heraus wird in unserem TIZ mit der ‘Kremstaler Technischen Lehrakademie’ bereits seit 2003 eine eigene Schulform angeboten, in deren Rahmen neben der eigentlichen Berufsausbildung auch eine höhere technische Ausbildung absolviert werden kann: Danach verfügen die Auszubildenden nicht nur über einen abgeschlossenen Lehrberuf, sondern auch über eine vollwertige Matura. So ist bereits ein idealer Grundstein für eine unmittelbar anschließende oder spätere Weiterbildung auf theoretischer Ebene an einer anspruchsvollen Universität gelegt, während die Ausbildungsbetriebe ihre Fachkräfte von morgen frühzeitig an sich binden können: Das stärkt junge Menschen auf ihrem Weg in die Zukunft, das stärkt Unternehmen, die dringend auf kompetentes Personal angewiesen sind, und das stärkt auch unsere Wirtschaftsregion, weil gut ausgebildete, dynamische und ambitionierte Fachkräfte eine erfüllende Berufsperspektive in ihrer Heimatregion gewinnen.
Wirtschaftsforum: In Ihrem gelebten Unternehmensalltag geht es also mehr um lokale Wirtschaftsförderung als um die forschende Hochtechnologie?
Matthäus Radner: Dieses Bild weist auf jeden Fall den Weg in die Zukunft, weil die lokale Vernetzung von Anbietern von technologisch zielführenden Lösungen und innovationsorientierten Unternehmen letzten Endes genau das ist, was tatsächlich vor Ort gebraucht wird. Seit ich im Frühjahr 2022 meine Tätigkeit als Geschäftsführer aufgenommen habe, besteht mein Ziel nun darin, diese Agilität auch in den Bildungsbereich zu übersetzen, da wir gerade an dieser Stelle viele wichtige Perspektiven schaffen können. Genau wie in Deutschland ist das öffentliche Bildungssystem auch in Österreich sehr rigide und kann die tatsächlichen Ansprüche der Arbeitgeber an qualifiziertes Personal nicht immer vollends erfüllen. Wir haben am TIZ Kirchdorf nun erlebt, dass die Unternehmen diese Aufgabe dann selbst in die Hand nehmen – und das mit großem Erfolg. Neben der „Kremstaler Technischen Lehrakademie“ engagiert sich in unserem Haus auch eine sogenannte Frauenstiftung, die sich stark für die Weiterqualifizierung von Frauen einsetzt, insbesondere in digitalen Kompetenzen. Zudem veranstalten wir jährlich Talentwochen, in denen wir Kinder und Jugendliche bei einem Ferienprogramm für MINT-Disziplinen begeistern möchten. All diese Elemente werden wir in den nächsten Jahren weiterentwickeln und noch stärker forcieren. Das Thema Aus- und Weiterbildung war bei der Gründung unseres Technologie- und Innovationszentrums sicherlich keine zentrale Zielsetzung – und doch ist daraus eine zukunftsträchtige Kernkompetenz geworden, mit der wir unsere Wirtschaftsregion nachhaltig stärken können.
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