„In unserer Vergangenheit liegt unsere Zukunft“

Interview mit Mads Ryder, CEO der Rosenthal GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Ryder, Rosenthal Geschirr ist seit Generationen ein Klassiker. Wie lange gibt es das Unternehmen schon, und wie hat es sich entwickelt?

Mads Ryder: Das Unternehmen ist bis heute sehr eng mit der Familie Rosenthal verbunden. Gegründet wurde es vor mehr als 140 Jahren von Philipp Rosenthal Senior. Die Rosenthals waren eine jüdische Familie, deshalb lag das Geschäft in der Zeit des Zweiten Weltkriegs brach. Auch der Sohn, der ebenfalls Philip hieß, war ins Ausland ausgewandert, kam aber 1950 nach Deutschland zurück und und stieg in das Unternehmen seines Vaters ein. Der Vater hat für die Wurzeln gesorgt, der Sohn hat sie richtig gegossen. Philip Junior war eine Diva, ein Kreativer durch und durch, der sich viel in der Designwelt bewegte und mit bekannten Künstlern wie Walter Gropius gearbeitet hat. Er hat Rosenthal bekannt gemacht und geprägt. Sein Einfluss spiegelt sich überall wider, im Design, im Warensortiment und in unseren Werten. Inzwischen hat sich die Welt geändert. Alle Unternehmen in der Porzellanbranche haben in den 70-er und 80-er Jahren Probleme bekommen und wurden insolvent. Auch wir sind 2009 in Konkurs gegangen.

Wirtschaftsforum: Wie ist das Unternehmen aus dieser Krise heraus gekommen?

Mads Ryder: Im selben Jahr ist Rosenthal Teil einer italienischen Familie geworden, der Sambonet Paderno Industrie, die inzwischen zur Arcturus Gruppe geworden ist. Aus der Zeit der Rosenthals haben wir viel mitgenommen, zum Beispiel unsere wichtigen Linien in Weiß wie Suomi oder TAC. In unserer Vergangenheit liegt unsere Zukunft, denn wir finden in den alten Produkten Inspiration. Ich selbst bin seit Juni 2021 bei Rosenthal. Die Corona-Pandemie haben wir gut überstanden, da wir die Zeit genutzt haben, um uns online besser aufzustellen. Jetzt beschäftigt uns der Krieg in der Ukraine – Die Gasproblematik ist für uns eine tickende Zeitbombe. 2022 war dennoch nicht so schlecht. Die Gasversorgung war gesichert, und im Mittleren Osten läuft das Geschäft richtig gut. Auf diesem Markt bietet uns eine Kooperation mit Versace, die wir seit 30 Jahren führen, die nötige Sicherheit. Nicht einfach ist dagegen die Situation in der DACH-Region.

Wirtschaftsforum: Wo steht Rosenthal heute?

Mads Ryder: In Bezug auf die Größe sind wir die Nummer 2 hinter Villeroy & Boch, aber in Sachen Qualität und Bekanntheit unserer Marke sind wir die Besten. Als über 140 Jahre altes Unternehmen stehen wir für Qualität, Design und Handwerk. Neben den klassischen Linien haben wir jüngere Rosenthal-Linien wie Junto, die sich an junge Menschen richten. Sie haben ein anderes Bewusstsein für das Essen und andere Gewohnheiten. Daran passen wir uns an.

Wirtschaftsforum: Was können Sie für die Nachhaltigkeit tun?

Mads Ryder: Unsere Produkte werden aus Sand und Wasser gefertigt, in einem großen Ofen gebacken und sind sehr langlebig; das ist nachhaltig. Aber ohne Gas können wir die Öfen nicht heizen. Noch gibt es keine andere nutzbare Technologie, aber alternative Ansätze. Wenn es eine Alternative gibt, ist das Wasserstoff. Im Bereich Verpackung und Transport starten wir ein großes Projekt, um unsere Nachhaltigkeitsstrategie zu optimieren. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und wollen den Moment nutzen, um etwas zu bewegen, auch für unsere Beschäftigten.

Wirtschaftsforum: Was meinen Sie damit?

Mads Ryder: Ihnen gegenüber haben wir eine besondere Verantwortung und konkrete Verpflichtungen. Wir glauben an die Zusammenarbeit der Generationen, nach dem Motto ‚Erfahrung trifft Innovation‘. Wir haben viele ältere Mitarbeiter*innen und werben neue junge Leute an. Wir kümmern uns auch um diejenigen, die nicht die besten Optionen im Leben haben. Unsere Fluktuation ist sehr gering, sogar während der Insolvenz haben wir wenige Mitarbeiter verloren. Die Leute sind stolz darauf hier zu arbeiten. Das hat mit dem Produkt zu tun, mit dem Design und mit einer Idee vom Betrieb, die schon damals Philipp Rosenthal Senior auf den Weg gebracht hat.

Wirtschaftsforum: Welche Themen treiben Sie persönlich um?

Mads Ryder: Ich finde, die Deutschen sollten etwas entspannter sein. Wir brauchen eine offenere Managementkultur und müssen mehr wagen. Ich benötige Mitarbeiter, die antizipieren und die Initiative ergreifen. Dass die Menschen solch einen immensen Respekt vor Autoritäten haben, macht es oft schwer. Deshalb entwickeln wir unsere Unternehmenskultur ständig weiter.

Rosenthal GmbH
Philip-Rosenthal-Platz 1
95100 Selb
Deutschland
+49 9287 720
info(at)rosenthal.de
www.rosenthal.de

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