Frische jederzeit an jedem Ort

Interview mit Frank Keller, Selecta Market Leader DACH Region

Wirtschaftsforum: Herr Keller, welche Meilensteine sind in der Geschichte von Selecta besonders hervorzuheben?

Frank Keller: Die Geschichte der Selecta beginnt damit, dass Joseph Jeger in den 1950-er-Jahren in den USA die Kaffeeautomaten gesehen, sie in die Schweiz importiert und dort auf den Markt gebracht hat. Schon nach 15 Jahren war die Selecta mit Abstand die Nummer 1. 2001 wurde das Unternehmen von der Compass Group gekauft und nach ein paar Jahren an die Private Equity Gesellschaft Allianz Capital verkauft. Vieles, was heute im Vending-Markt genutzt wird, kommt von uns. Ein Beispiel sind Kaffeemaschinen mit frischer Milch, die wir 2008 eingeführt haben. 2015 haben wir Starbucks ins Programm aufgenommen und so an den Arbeitsplatz gebracht, zunächst in der Schweiz, dann in ganz Europa. Damit began unser Dasein als ‘world class distributor for world class brands’. 2016 hat die Investmentfirma KKR die Selecta übernommen. Mitten in der Coronakriese kamen über KRR Christian Schmitz und Joe Plumeri und brachten die Selecta dorthin wo sie heute steht.

Wirtschaftsforum: Welche Auswirkungen hatte die Coronakrise auf Selecta?

Frank Keller: Diese Krise haben wir als Chance genutzt und unsere MicroMarkets, das sind unsere Foodmarkets, enorm vorangebracht. Unsere Kernkompetenzen sind Distribution und Service. Die Krise hat zu dem Verständnis geführt, dass wir aus ihnen viel mehr machen können als Spiralautomaten und Kaffeemaschinen. Heute verstehen wir uns nicht mehr als Vending-Company, sondern als Food-Tech-Company, das Fresh Food mit Technologie verbindet. Während der Pandemie haben wir nach neuen Points of Sale Ausschau gehalten. In der Schweiz haben wir 25.000 PoS, was ein sehr feinmaschiges Business und eine extrem gute Logistik erfordert, um die Ware zur richtigen Zeit in der richtigen Menge an den richtigen Ort zu bringen. Insgesamt sind wir als Gewinner aus der Krise hervorgegangen.

Wirtschaftsforum: Wo steht das Unternehmen heute?

Frank Keller: Selecta ist mit Abstand Marktführer in der Schweiz. Der nächste Wettbewerber hat nur ein Drittel unserer Größe. Unser Jahresumsatz liegt bei 200 Millionen EUR, und 750 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt.

Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr Produktportfolio heute aus?

Frank Keller: Die Kaffee- und Spiralautomaten, unsere historischen Produkte, gibt es weiterhin. Unser wichtigster Produktbereich, in dem sich viel bewegt, sind aber unsere MicroMarkets, also die Foodies in Form von Frische- und Snack-Märkten. Mit den Frischeprodukten können wir mit der Technologie der Smart Fridges jetzt auch in den Semi-Public-Bereich, etwa auf Flughäfen und Bahnhöfe, gehen. In diesem Bereich sehen wir meiner Meinung nach heute noch gar nicht alle Türen, die sich in Zukunft öffnen werden. Aber auch im Private Market tut sich viel. Büros müssen heute so attraktiv gestaltet werden, dass die Menschen zurückkommen an den Arbeitsplatz. Kantinen sind zu teuer und zu unflexibel. Wir stellen derzeit deshalb jede Woche zwei bis drei Food Markets in großen Büros auf.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen?

Frank Keller: Sie ist bei uns ein riesiges Thema. Wir haben auf Grundlage der 17 SDGs ein grosses Nachhaltigkeitsprogramm aufgebaut. Dazu zählt zum Beispiel ein verantwortungsvoller Anbau von Kaffee; hier sind wir führend. Zur Reduzierung der CO2-Emissionen pushen wir gerade unsere Elektroflotte. Gleiches gilt für die Abfallvermeidung durch wiederverwendbare Becher. Bei Speisen stellen wir die Verpackungen von PET auf Zuckerrohr um. Telemetrie ist auch ein riesiges Thema. Unsere Maschinen sind mithilfe der Telemetrie (Internet of Things) mit uns verbunden. Dadurch reduzieren wir den CO2-Fußabdruck und sind dafür in der Schweiz bereits mit dem Swisscom IoT Climate Hero Award ausgezeichnet worden.

Wirtschaftsforum: Die Digitalisierung ist also auch ein Treiber der Nachhaltigkeit?

Frank Keller: Absolut. Früher musste man erst zu jedem PoS fahren, um festzustellen, was eingefüllt werden muss. Heute können wir dank der Telemetrie exakt das bereitstellen, was jeweils benötigt wird. Im Consumer-Bereich haben wir die Möglichkeit, Konsumentendaten zum Nutzen des Kunden einzusetzen. Die Spiralautomaten sind vernetzt und mit einem digitalen Bildschirm versehen. Sie erfassen genau, was ein Kunde konsumiert. Davon profitieren auch unsere großen Kunden wie Nestlé, Coca-Cola, Mars und Red Bull.

Wirtschaftsforum: Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Was sind Ihre weiteren Pläne?

Frank Keller: 2022 wollen wir unsere Innovationen weiter vorantreiben. Das Ziel ist, in allen Ländern organisch zu wachsen. Was die Wirtschaftsaussichten angeht, sehen wir die kommenden Monate allerdings kritisch. Darauf bereiten wir uns vor. Jede Krise bringt Gewinner und Verlierer hervor, und gewinnen werden die, die sich vorbereitet haben. Deshalb sehen wir diese Zeit auch als Chance, uns noch stärker am Markt zu positionieren.

Selecta AG
Industrie Neuhof 78
3422 Kirchberg
Schweiz
+41 844 848 844
www.selecta.ch

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