„Automatisierung ist die einzige Antwort auf den Fachkräftemangel“

Wirtschaftsforum: Herr Kieninger, Ihr Unternehmen ist angetreten, um die Lagerlogistik buchstäblich auf das nächste Level zu heben – wie genau profitieren Ihre Kunden von dieser Ambition?

Joachim Kieninger: Schon seit 2003 kooperiert Element Logic mit dem norwegischen Logistikentwickler AutoStore, dessen automatisiertes System eine Erhöhung der Lagerdichte um bis zu 80% im Vergleich zu einer einfachen Flächenbodenregallösung ermöglicht. Ursprünglich war diese Entwicklung allein für die interne Logistikabwicklung von AutoStore konzipiert worden, doch schon bald entstand daraus die Ambition, die Vorteile dieser innovativen Lösung auch anderen Unternehmen zugutekommen zu lassen und sie dabei auch selbst zu vermarkten. Element Logic kauft dabei die entsprechenden Komponenten von AutoStore zu, um daraus gemeinsam mit unseren jeweiligen Kunden eine individuell auf die gegebenen Rahmenbedingungen zugeschnittene Lösung zu erarbeiten und zu implementieren. In der Vergangenheit handelte es sich dabei oftmals um Standalone-Konzepte, die noch ohne eine entsprechende Fördertechnik auskamen – da jedoch die Marktakzeptanz stetig wächst und die in den Logistikzentren zu bearbeitenden Produktmengen gerade in jüngster Vergangenheit bedeutend zunahmen, sind nun auch Anlagen mit einer komplett integrierten Fördertechnik attraktiv geworden. Mit der immer weiter steigenden Anlagengröße hat auch Element Logic über die Jahre sein Produktportfolio sukzessive erweitert, wobei der klare Fokus auf die Lösungen von AutoStore natürlich nie verloren ging.

Wirtschaftsforum: Welche Vorteile ergeben sich neben der deutlich höheren Lagerdichte dabei für Ihre Kunden?

Joachim Kieninger: Getreu unserem Motto ‘Optimizing Warehouse Performance’ hat sich Element Logic das klare Ziel gesetzt, die Lagerprozesse unserer Kunden aus Industrie und Handel mit unserem fundierten Branchen-Know-how zu verbessern, zu beschleunigen und kostengünstiger zu gestalten. Der hohe Flächennutzungsgrad, aufgrund dessen sich kapitalintensive Hallenerweiterungen bisweilen ganz vermeiden lassen, ist dabei ein essentieller Baustein, aber natürlich bei weitem nicht der einzige. Ein anderes Kernelement unserer Lösungen besteht im Ware-zur-Person-Prinzip – so müssen die Lagermitarbeiter nicht mehr wie früher bis zu 15 km pro Schicht zurücklegen, um die entsprechenden Artikel zu suchen und zu verpacken. Stattdessen wird ihnen die jeweilige Ware von einem Roboter vollautomatisch an ihren Arbeitsplatz gebracht, wo sie versandfertig gemacht wird. Zudem ist die Anzahl der benötigten AutoStore-Behälter, die das Lagervolumen definiert, unabhängig von der Anzahl der Roboter bestimmbar, welche die Dynamik im System determiniert. Benötigt der Anwendermehr Anlagenleistung, muss er also nur die erforderlichen zusätzlichen Roboter bestellen – diese sind innerhalb von drei Monaten lieferbar und können problemlos in das bestehende System integriert werden.

Wirtschaftsforum: Ihre Lösung ist damit auch ein Mittel gegen den allseits grassierenden Fachkräftemangel, unter dem die Logistik besonders zu leiden hat?

Joachim Kieninger: Ich bin überzeugt, dass die Automatisierung die einzige Antwort auf den Fachkräftemangel bietet. Dabei ist der Ware-zur-Person-Ansatz ein wichtiger Hebel, um dieser Problematik entschieden zu begegnen. Der nächste Schritt, der gleichsam an Attraktivität gewinnt, liegt dann in der automatischen Kommissionierung – eine solche Lösung haben wir beispielsweise schon für eine Online-Apotheke aus Schweden realisieren können. Dabei kommt ein Knickarmroboter zum Einsatz, der mithilfe einer Saug-Greifer-Kombination die gewünschten Produkte vollautomatisch dem AutoStore-Behälter entnimmt und sie selbstständig im jeweiligen Kundenkarton ablegt. Wenn es gelingt, die verwendeten Verpackungseinheiten weiter zu vereinheitlichen, wird ein immer höherer Prozentsatz von Produkten mit dieser Lösung bearbeitbar, womit die Herausforderung der weiter stark zunehmenden Versandmengen zielgerichtet bewältigt werden kann.

Wirtschaftsforum: Element Logic selbst wurde vom Deutschen Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung kürzlich als ‘Arbeitgeber der Zukunft’ ausgezeichnet – mit welchen besonderen Stärken konnte sich Ihr Unternehmen dafür qualifizieren?

Joachim Kieninger: Man merkt Element Logic auch im gelebten Alltag durchaus an, dass wir eigentlich aus Norwegen stammen. Unsere Managementkultur ist somit auch in Deutschland sehr skandinavisch geprägt. Der Kern dieses nordischen Führungsansatzes besteht dabei in einem hohen wechselseitigen Vertrauen von Mitarbeitern und Führungspersonal und sieht neben flachen Hierarchien zudem große individuelle Freiräume für jeden einzelnen Menschen im Unternehmen vor. Mental sind wir somit eher als großes Ingenieurbüro zu verorten, das sich die AutoStore-Technologie zunutze macht und durch seine eigene geistige Arbeit dem Kunden bei der Lösung seiner individuellen Probleme hilft. Die persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten für unsere Mitarbeiter sind damit nicht nur ein wichtiges Element, um als attraktives Unternehmen um Fachkräfte zu werben, sondern vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung, um unsere fachlichen Anforderungen konsequent und nachhaltig erfüllen zu können.

Wirtschaftsforum: Wie gelingt es Ihnen, diese Werte angesichts Ihrer Unternehmensgröße in einem stark wachsenden Marktsegment auch im Alltag zu leben?

Joachim Kieninger: Eine der wichtigsten Weichen wird bereits in der Recruiting-Phase gestellt: Denn wir möchten mit Menschen zusammenarbeiten, die die ihnen gebotenen Freiräume auch nutzen und sinnvoll ausgestalten möchten und sich mit Freude den fachlichen Herausforderungen widmen. Gerade die Generation, die derzeit in den Arbeitsmarkt eintritt, findet sich in diesem Anforderungsprofil sehr stark wieder und möchte schon in jungen Berufsjahren Verantwortung übernehmen – das deckt sich natürlich hervorragend mit unserer Unternehmensphilosophie. Diese offene, von Wertschätzung und Freiheit geprägte Kultur war zudem eine wichtige Voraussetzung, um uns schnell an die Verwerfungen der Coronapandemie anzupassen. Denn gerade beim Thema Home-Office stellte sich für die meisten Arbeitgeber die Gretchenfrage: Vertraue ich meinen Mitarbeitern oder eben nicht? Wir haben darauf schon immer mit einem klaren ‘Ja’ geantwortet. Damit hatten wir nicht nur die technischen, sondern auch die kulturellen Voraussetzungen für eine gute Bewältigung dieser Herausforderungen längst geschaffen – und konnten uns voll und ganz unserem starken Wachstum widmen.

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