Ein Produkt mit Zukunft: Wiesengras
Interview mit Jens Meyer zu Drewer, Geschäftsführer Biowert Industrie GmbH
Wirtschaftsforum: Für Biowert sind 100% nachhaltige Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen die Zukunft. Wie kam es zu dieser Fokussierung auf Wiesengras als nachhaltigen Rohstoff mit hohem Potenzial?
Jens Meyer zu Drewer: Wir betreiben seit 2005 die Biogasanlage und sind seit circa 15 Jahren mit Gras, beziehungsweise Grasfasern am Markt und haben uns seitdem beständig weiterentwickelt. Schon früh haben wir auf die Kreislaufwirtschaft gesetzt. Uns zeichnet aus, dass wir wirklich ernst damit gemacht haben, quasi von der Wiege zur Wiege. Unsere DNA sind der Einsatz von ausschließlich Materialien, die sich bereits oberhalb der Erde befinden. Wir geben ihnen ein zweites Leben und machen sie somit zu einer endlosen Ressource. Schon früh haben wir erkannt, dass fossile Brennstoffe wie Erdöl endlich sind und wir deshalb ihren Anteil bei Kunststoffen ersetzen müssen. Wir müssen also zum einen Erdöl in Kunststoff substanziell ersetzen und uns zum anderen um Ersatzprodukte kümmern, die in der Kreislaufwirtschaft hergestellt werden.
Wirtschaftsforum: Wir sprechen hier von Wiesengras?
Jens Meyer zu Drewer: Genau. Wir produzieren und vertreiben grasfaserverstärkte Kunststoffe. Unser neuartiger Kunststoff hat einen Grasanteil von 30 bis 40%, dieser Anteil kann bis auf 75% ansteigen, je nach Verarbeitungsverfahren. So wird aktiv Erdöl in Kunststoffen eingespart und zwar ein recht hoher Anteil.
Wirtschaftsforum: Wichtig bei der Herstellung des Materials ist Ihre Biogasanlage, die 2005 in Betrieb genommen wurde?
Jens Meyer zu Drewer: Sie liefert sowohl Strom als auch Wärme für die Produktion. Mit dem entstandenen Biogas werden zwei Blockheizkraftwerke gespeist. Mit der Abwärme der Blockheizkraftwerke werden neben der Temperierung des Fermenters und der Hygienisierung auch die Trocknung unserer Grasfasern übernommen. Es besteht eine enge Verbindung zwischen unseren beiden Standbeinen, der Biosgasanlage für die Stromproduktion und der Herstellung von Grasfasern und naturfaserverstärkten Kunststoffen. Wir nutzen für die Anlage ausschließlich Recyclingmaterialien aus der Lebensmittelüberproduktion wie Essenreste und keine nachwachsenden Rohstoffe wie Mais.
Wirtschaftsforum: Woher kommt das Gras, das Sie verarbeiten?
Jens Meyer zu Drewer: Das Gras wird von einer Erzeugergemeinschaft in der Region angeliefert, dann durch uns siliert, gewaschen, ausgepresst, sodass eine reine Zellulosefaser überbleibt. Diese wird, wie gesagt, durch die Abwärme der Blockheizkraftwerke getrocknet. So können wir interne Energie sinnvoll nutzen.
Wirtschaftsforum: Können Sie einige Worte zur Struktur von Biowert sagen?
Jens Meyer zu Drewer: Am Standort Brensbach mit 13 Mitarbeitern setzen wir unsere Kreislaufwirtschaft in unserer Grasfabrik um. Die Anlagentechnik können wir deutschland- und europaweit aufbauen. Unsere Produktion grasfaserverstärkter Kunststoffe ist stark gestiegen. Ende 2021 haben wir mit der Fertigstellung einer neuen Produktionshalle unsere Kapazität vervierfacht. Noch ein Wort zum Thema Kreislaufwirtschaft: Bei allen Materialien, die in die Biogasanlage gehen, wird der organische Anteil in Biogas, also Methan, umgesetzt und die nicht organischen Anteile wie Stickstoff, Phosphor und Kalium, also die Grundbausteine eines jeden Düngers, kommen wieder heraus und werden auf die Felder und Wiesen aufgebracht. So kommt der Grassaft als Dünger wieder zurück auf die gleichen Felder.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Erwartungen?
Jens Meyer zu Drewer: Wir sind aktiv auf der Suche nach neuen Anwendungsfeldern. Derzeit fokussieren wir uns auf die Produktion und den Vertrieb des naturfaserverstärkten Kunststoffs, und der kann in vielen Branchen mit langlebigen Wirtschaftsprodukten zum Einsatz kommen, man denke etwa an Gebrauchsgüter, Möbelzulieferer oder die Bau- und Automobilindustrie.
Wirtschaftsforum: Was sind Gründe für Biowerts Erfolg?
Jens Meyer zu Drewer: Uns zeichnet eine gewisse Einzigartigkeit aus. Der grasfaserverstärkte Kunststoff ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir sind schon lange dabei und haben auch Pfade beschritten, die nicht erfolgreich waren, aus diesen haben wir gelernt. Insgesamt haben wir die richtigen Signale gesetzt. Wir möchten den Kunststoffabsatz mit biologischen Füllstoffen substanziell erweitern. Wir können wachsen und auf potenzielle Kunden zugehen.
Wirtschaftsforum: Wie sehen Sie die Zukunft?
Jens Meyer zu Drewer: Wir wollen den Basisrohstoff Gras erweitern und haben dazu auch ein Entwicklungsprojekt mit einer Hochschule angestoßen. In Deutschland sind genügend Grünflächen vorhanden, sodass die Grasfasern aus vielen Quellen nutzbar wären und diese mit anderen Rohmaterialien biologischen Ursprungs kombiniert werden können. Ganz wichtig ist, dass wir auf Recyclingmaterialien setzen, die dem Material eine zweite Chance geben. Das ist effektiver, als Bäume anzupflanzen und das Holz zu verarbeiten. Auch mit der Entwicklung eines Projektes mit alternativen Zusatzstoffen biologischen Ursprungs sind wir beschäftigt. Es gibt also noch viele Möglichkeiten für uns und unsere nachwachsenden Produkte.
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