Digitalisierung im B2B-Vertrieb – Macht das Sinn?

Vertriebstipps vom Profi

Wie sieht es in der Praxis aus?

Ich bin häufig in mittelständischen Unternehmen unterwegs, wobei ich aber genauso gut mit kleinen Betrieben, der typischen OneWoMan-Show sowie Konzerngesellschaften zu tun habe.

Die Nutzung und das Verständnis von Digitalisierung für den Vertrieb von erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen sind extrem unterschiedlich, sodass es mir schwerfällt, allgemeingültige Empfehlungen abzugeben.

Für manche bedeutet Digitalisierung schon, dass man die Vertriebsmitarbeiter mit internetfähigen Mobiltelefonen oder Tabletts ausstattet.

Andere sind nahezu durchgängig digital vernetzt und nutzen von der Lead-Generierung aus dem Marketing bis hin zur Kundenpflege überall schon die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung. Schaut man dann aber genauer hin, stellt man fest, dass es immer wieder zu Medienbrüchen kommt und zum Teil unsinnige Insellösungen eingesetzt werden, nur weil eine Führungskraft auf den Einsatz eines bestimmten Tools Wert legt, was jedoch kaum Nutzen bringt.

Natürlich findet man auch noch viele „Digital-Verweigerer“, die sich hartnäckig weigern, die Besuchsberichte direkt über das Tablett in das Online-CRM-System einzupflegen und stattdessen noch ihr eigenes analoges System, bestehend aus Karteikarte und Stift, nutzen.

Im Consumer-Geschäft ist der Digitale Vertrieb inzwischen ja eine feste Größe und Themen wie „Behavioral-Marketing“ oder „Behavioral-Sales“ – also die gezielte Ansprache eines Kunden aufgrund seiner Kauf- und Surf-Gewohnheiten – gehören schon zum Standard im E-Commerce.

Viele Unternehmen versuchen bereits derartige Mechanismen auf den B2B-Bereich zu übertragen, mal mit mehr oder weniger Erfolg.

Für den klassischen Mittelstand – den Metallverarbeiter, den Zulieferbetrieb, den Anlagen- und Maschinenbauer, den Hersteller von chemischen oder pharmazeutischen Produkten, aber auch das IT-Software-Unternehmen, das Ingenieurbüro oder typische Dienstleister für Unternehmen – stellen sich aber eher die oben genannten Fragen, die sich in einer Frage bündeln lassen.

Was sollte man jetzt tun und umsetzen, um die Vorteile der Digitalisierung zu nutzten, ohne zusätzlichen unnötigen Aufwand zu erzeugen?

Darauf gibt es nicht nur eine und schon gar keine allgemeingültigen und einfachen Antworten. Aber ich will versuchen, ein paar praxistaugliche Empfehlungen zu geben.

Über allem sollte auf jeden Fall der Grundsatz stehen, dass kein System und keine Lösungen nur um ihrer selbst willen installiert werden darf. Soft- oder Hardware, digitale Tools und Portale, die nur dazu führen, dass man unterm Strich mehr Arbeit und Aufwand für die Vertriebsmitarbeiter produziert, die aber keinen oder nur einen geringen Nutzen haben, sind untauglich!

Und noch eines sollte ganz klar sein. Digitalisierung bedeutet nicht den bedingungslosen Einsatz von Technik und Software-Lösungen. Digitalisierung im B2B-Vertrieb für kleine- und mittelständische Unternehmen darf nur unter einem einzigen Blickwinkel betrachtet werden.

Wie kann man die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um Prozesse im Vertrieb zu vereinfachen, Zeit zu sparen und die Kundenansprache zu optimieren?

Basis aller Maßnahmen sollte die Website des Unternehmens darstellen. Hier laufen alle Aktivitäten zusammen.

Alle Maßnahmen zur Lead- und Adressgenerierung – selbstverständlich im Einklang mit der neuen Datenschutzverordnung – alle Publikationen und Downloads sowie alle Informationen zum Unternehmen und dessen Produkte und Leistungen sollten hier gebündelt werden. Ob man alles frei verfügbar oder teilweise nur registrierten Mitgliedern zugänglich macht, ist von den Inhalten und der jeweiligen Restriktionen abhängig.

Sinnvoll und erschwinglich sind integrierte Blogs, verknüpfte Programme für das Gestalten und Versenden von Newslettern und Publikationen sowie möglicherweise Tools, die Aufschluss darüber geben, wer unsere Website besucht hat und welche Themen von Interesse sind.

Zum Standard sollte heutzutage auch ein CRM-System gehören. Idealerweise ist es mit der Website und den übrigen Systemen vernetzt und verfügt über entsprechende Funktionen für den gezielten Versand von E-Mails und sonstigen Informationen – selbstverständlich automatisiert.

Das Preisargument gilt übrigens nicht mehr. Neben den etablierten und meist recht teuren Programmen, die zwar sehr viel leisten, deren tatsächlichen Umfang aber nur die wenigsten wirklich nutzen, sind inzwischen einige wirklich gute und leistungsfähige CRM-Lösungen für wenig Geld zu haben. Online-Fähigkeit ist mittlerweile überall Standard.

Demzufolge macht es in der Tat Sinn, den Außendienst mit Tabletts auszustatten und darauf zu bestehen, dass diese Werkzeuge auch genutzt werden. Die direkte Eingabe von Informationen, in Verbindung mit der sofortigen Verfügbarkeit für alle übrigen Prozessteilnehmer ist ein unschlagbarer Vorteil und sollte auf jeden Fall genutzt werden.

Ob man Tabletts auch für Produktpräsentationen, die Integration von Katalogen, Datenblättern und Preislisten nutzt und inwieweit man dies alles vernetzt, obliegt letztendlich jedem selbst und sollte nur dem oben genannten Grundsatz entsprechend entschieden werden.

Wer meine Publikationen verfolgt, der weiß, dass ich ein leidenschaftlicher Verfechter der Nutzung von XING und LinkedIn für den Vertrieb bin. In Anbetracht der Möglichkeiten, nicht nur zum Finden, für die Direktansprache von wichtigen Ansprechpartnern sowie die Kontaktpflege über XING, fragt man sich schon, warum es immer noch Vertriebsmitarbeiter gibt, die regelmäßig Messen besuchen, um dort angeblich Neukundenakquise zu betreiben.

Ich traue mich kaum, es zu erwähnen, aber angesichts der Tatsache, dass ich noch immer Vertriebsmitarbeiter erlebe, die ihre Adressen und Termine mittels Notizbuch und gebundenem Kalender verwalten, möchte ich darauf verweisen, dass natürlich die Nutzung eines gemeinsam genutzten elektronischen Kalenders und Adressbuchs sinnvoll ist, sofern diese Funktionen nicht ohnehin über das CRM verfügbar sind.

Selbstverständlich gehört auch die Erstellung und Verwaltung von Angeboten zum Vertriebsprozess und sollte über das CRM-System oder mittels eines über Schnittstellen verbundenen ERP-Systems erfolgen, ebenso wie die gesamte Auftragsabwicklung, in Verbindung mit dem Reklamations- und Mahnwesen.

Wie im B-to-C- so gibt es natürlich auch im B-to-B-Vertrieb viele weitere Möglichkeiten der Digitalisierung, wie zum Beispiel die gezielte Auswertung des Kauf- und Anfrageverhaltens der Kunden sowie die grenzenlose statistische Aufbereitung der Daten zur gezielten Unterbreitung von entsprechenden Angeboten. Ein Ende der Möglichkeiten ist offenbar nicht in Sicht.

Vieles, was unter dem Begriff Digitalisierung im Vertrieb zusammengefasst werden kann, ist durchaus sinnvoll und hilfreich. Meine Empfehlungen, die im Übrigen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben, können daher nur Vorschläge darstellen.

Jedes Unternehmen, jeder Markt und vor allem jede Vertriebsorganisation und jeder Verkäufer ist anders. Daher gilt es immer, die jeweilige Situation zu beurteilen und mit den Vertriebs- und Unternehmenszielen abzugleichen und erst dann ein individuelles Konzept für die Digitalisierung des B2B-Vertriebs zu entwickeln und zu implementieren.

Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Innovations- und Entwicklungszyklen immer schneller werden, sollte dabei keine Zeit verschwendet werden, ohne jedoch in unproduktive Hektik zu verfallen.

Entscheidend für den Erfolg ist aber auf jeden Fall, dass man die handelnden Personen, also die Verkäufer im Innen- und Außendienst und natürlich die Kunden in die jeweiligen Entscheidungs- und Auswahlprozesse mit einbezieht.

Ich betone nochmals, nur was hilft, den Vertriebsprozess zu vereinfachen, Zeit zu sparen oder die Kundenansprache zu verbessern, macht unter vertrieblichen Gesichtspunkten Sinn und sollte im Rahmen einer individuellen Digitalisierungs-Strategie berücksichtig werden.

Wie weit die Automatisierung im B2B-Vertrieb gehen wird, lässt sich aktuell nur schwer prognostizieren. Ich bin aber überzeugt, dass für den Vertrieb von erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen auch in Zukunft der Mensch – der Verkäufer – die entscheidende Rolle spielen wird.

Auf die Nennung von Produktnamen habe ich bewusst verzichtet. Wenn Sie eine Checkliste für die Entwicklung Ihrer individuellen Digitalisierungsstrategie für den B2B-Vertrieb haben möchten - inklusive Empfehlungen für Soft- und Hardware-Lösungen - dann schreiben Sie mir bitte eine persönliche E-Mail an .

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