„Wir wollen gemeinsam mit unseren Kunden wachsen“
Interview mit Thomas Riedler, Chief Sales Officer der ELL Austria GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Riedler, mit seiner 250 Lokomotiven starken Flotte unterstützt ELL Austria seine Kunden europaweit als Leasing-Spezialist – welche Leistungen stehen dabei im Zentrum Ihrer Tätigkeit?
Thomas Riedler: Mit dem Vectron bieten wir die modernste und flexibelste Lokomotive an, die auf dem europäischen Markt derzeit verfügbar ist. Neben der Finanzierung sowie sämtlichen technischen Aspekten wie allen anfallenden Reparatur-, Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten, die wir mit unseren hausinternen Technikern und über 40 Vertragspartnern in ganz Europa umsetzen, geht unser Serviceportfolio zudem weit über das übliche Wet-Lease-Konzept hinaus: Wir wollen unseren Kunden die gesamte Komplexität rund um das Asset Lokomotive abnehmen, damit sie sich voll und ganz auf die Herausforderungen ihres Tagesgeschäfts konzentrieren können. Damit sehen wir uns als Full Service-Anbieter für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die sich vom Schwarzen Meer bis Rotterdam, von Italien nach Skandinavien sowie von der polnisch-ukrainischen bis zur deutsch-französischen Grenze im Personen- und Gütertransport engagieren.
Wirtschaftsforum: Verspricht das Schlagwort „Schiene vor Straße“ vieler politischer Entscheidungsträger weiteres Wachstumspotenzial für Ihr Unternehmen?
Thomas Riedler: Am Ende des Tages sind derartige Aussagen allzu oft Lippenbekenntnisse mit viel zu wenig tatsächlicher Substanz. Dabei wäre ein viel konsequenterer Ausbau des Schienennetzes nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ausgerufenen Klimaziele im Wege des Green Deals unabdingbar – denn mit dem bestehenden politischen Commitment sind diese schlichtweg nicht realistisch erreichbar. Mit unserem Portfolio aus modernsten E-Lokomotiven mit dem höchsten Wirkungsgrad sehen wir uns in diesem Kontext als essenziellen Teil der Lösung. Das hat schon lange auch der Markt erkannt: Bei unserer letzten Finanzierungsrunde mit einem Volumen von 250 Millionen EUR waren wir vierfach überzeichnet – obwohl wir dabei nur mit Banken gesprochen haben, zu denen wir zu diesem Zeitpunkt bereits in einer langjährigen Geschäftsbeziehung standen.
Wirtschaftsforum: Wie blicken Sie auf die aktuelle wirtschaftliche Lage und die Perspektiven für die nächsten Jahre?
Thomas Riedler: Für unser Unternehmen gestaltet sich die Situation bisweilen paradox: Die Entwicklung in unserem Markt ist derzeit insgesamt rückläufig, für manche Marktteilnehmer sogar in dramatischem Ausmaß. Einige Staatsbahnen hatten in letzter Zeit Volumenrückgänge von bis zu 20% zu verzeichnen. Demgegenüber konnten private Eisenbahnverkehrsunternehmen signifikante Marktanteile gewinnen. Von dieser Entwicklung hat auch ELL Austria stark profitiert, denn trotz der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage bleibt die Nachfrage nach Lokomotiven extrem hoch – diese wird nämlich insbesondere auch von der technologischen Weiterentwicklung getrieben: Die typische Lebensdauer einer Lokomotive beträgt circa 40 Jahre. Viele der heute im Markt eingesetzten Anlagen fahren jedoch bereits seit über 30 Jahren auf den Schienen. Wegen einer sukzessive schlechter werdenden Performance und strengerer regulatorischer Rahmenbedingungen werden viele von ihnen schon in naher Zukunft ausgetauscht werden müssen, weil sich eine Umrüstung als technologisch und wirtschaftlich unsinnig darstellen würde. In diesem Umstand sehen wir ein enormes Wachstumspotenzial für unser Unternehmen begründet, das sicherlich noch weiter zunehmen wird, sobald die Konjunktur wieder anzieht.
Wirtschaftsforum: In den zehn Jahren seines Bestehens hat ELL Austria ein rasantes Wachstum erfahren – worin sehen Sie die zentralen Gründe für diese anhaltende Erfolgsgeschichte?
Thomas Riedler: Alles, was wir tun, ist auf einen größtmöglichen Kundennutzen ausgerichtet – damit steht und fällt unweigerlich unser gesamtes Geschäftsmodell. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die höchstmögliche Verfügbarkeit unserer Lokomotiven gewährleisten. Das ist uns auch nachhaltig gelungen: Unsere Verfügbarkeitsrate beträgt aktuell deutlich über 98% und bewegt sich stark in Richtung 99% – das sind Kennzahlen, die unsere Branche bis dato nicht gekannt hatte. Das konnten wir nur erreichen, indem wir unsere Strukturen und Abläufe so effizient wie möglich ausgestaltet haben – wodurch wir wiederum eine größtmögliche Profitabilität erreichen konnten, mit der wir das nachhaltige Vertrauen unserer kapitalstarken Eigentümer Axa und Crédit Agricole gewonnen haben. Somit konnten wir erfolgreich einen „Virtuous Circle“ etablieren, dessen einzelne Elemente einander wechselseitig bestärken. Um diese außergewöhnliche Servicequalität dauerhaft aufrechterhalten zu können, werden wir in den nächsten Jahren nicht nur in weitere Lokomotiven investieren, sondern auch in die Schulung unserer Mitarbeiter, entsprechendes Prüfequipment und die Weiterentwicklung unserer Geschäftsbeziehungen zu unseren Werkstattpartnern. Damit wollen wir unabhängig vom Hersteller die kürzesten Lieferzeiten innerhalb Europas sicherstellen – und gemeinsam mit unseren Kunden weiter wachsen.