Wirtschaftsprüfung und die GmbH: Keine Angst vor der großen Unbekannten

Wirtschaftsprüfung

Man kann ein wetterfester Unternehmer sein, wenn jedoch gegen Ende des Geschäftsjahres die Wirtschaftsprüfung ins Haus steht, werden viele nervös. Denn letzten Endes bedeutet dieser Vorgang, dass ein externer Experte die eigene GmbH durchleuchtet. Gerade Branchenneulinge sind dabei besonders empfindlich. Allerdings gibt es in einem gut geführten, im besten Sinne ordentlichen Unternehmen nichts, was dabei an negativen Dingen ans Licht kommen könnte. Der folgende Artikel erklärt die Prüfung.

1. Kurzüberblick: Was ist eine Wirtschaftsprüfung?

Eine Wirtschaftsprüfung ist, vereinfacht ausgedrückt, das Durchleuchten eines Unternehmens aus Sicht seiner unternehmerischen Buchführung. Es wird dahingehend geprüft, inwiefern bei Buchhaltung und Bilanzierung die Ist- mit den Sollwerten übereinstimmen. Ferner soll darüber sichergestellt werden, dass Gesellschafter, Investoren, Gläubiger usw. Informationen bekommen, welche den Jahresabschluss bestätigen, aber ungleich zu diesem nicht In-House angefertigt wurden.

2. Wer darf eine Wirtschaftsprüfung durchführen?

Im Gegensatz zu einer internen Revision und ähnlichen Vorgängen ist es bei einer Wirtschaftsprüfung zwingend notwendig, einen nicht in einem Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen verbundenen Prüfer mit dieser Aufgabe zu beauftragen. Im Klartext ein Wirtschaftsprüfer, der auf den insgesamt drei möglichen Wegen in dieser Funktion ausgebildet wurde und der durch die Wirtschaftsprüferkammer dazu bestellt wurde.

Das bedeutet zwar nach der gesetzlichen Gebührenverordnung für die GmbH Ausgaben in Höhe zwischen 19 und 46 Euro pro angefangener halber Stunde Arbeit des Experten. Allerdings ist dies keine sinnlose Betriebsausgabe, sondern gut angelegtes Geld: Wirtschaftsprüfer gehören zu den mit Abstand versiertesten Personen auf diesem Gebiet und haben meist ein wesentlich aktuelleres Wissen. Ihre Analysen legen nicht nur schonungslos offen, sondern helfen einem Unternehmen auch dabei, seine eigenen Schwachstellen zu finden – und nebenbei auch noch Ärger mit dem Finanzamt durch vielleicht nicht völlig korrekte Buchführung oder Versäumnisse beim Einreichen der Jahresabschlüsse zu vermeiden.

3. Wer muss eine Wirtschaftsprüfung durchführen lassen?

Dieser Punkt muss etwas umfangreicher beantwortet werden. Es unterscheiden sich die selbstauferlegte Prüfungspflicht, die in einer Kapitalgesellschaft jeglicher Größe etwa durch den Gesellschaftervertrag festgelegt werden kann und die staatliche Prüfungspflicht, welche aus § 316 des Handelsgesetzbuches hervorgeht: „Der Jahresabschluss und der Lagebericht von Kapitalgesellschaften […], sind durch einen Abschlussprüfer zu prüfen. Hat keine Prüfung stattgefunden, so kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden.“. Primär gilt die Pflicht zwar für in Geschäftstätigkeit befindliche Unternehmen. Allerdings weist die STEUBA-Steuerberatungsgesellschaft in ihren Informationsbriefen aus dem Januar 2019 darauf hin, dass Jahresabschlüsse auch dann offengelegt werden müssen, wenn ein Unternehmen aktuell keine Geschäftstätigkeit entfaltet, sich in Insolvenz oder Liquidation befindet – auch in diesem Fall ist dann die Arbeit des Wirtschaftsprüfers vorgeschrieben.

Gehen wir aber von einer „ganz normalen“ GmbH aus, setzt das Handelsgesetzbuch sogenannte Größenklassen fest, welche Kapitalgesellschaften in vier Klassen einteilt, die jeweils drei sogenannten Größenklassenmerkmalen unterliegen:

Kap. Ges. Größe Bilanzsumme (bis) Umsatz (bis) Arbeitnehmer (bis)
Kleinst- 350.000€ 700.000€ 10
Klein- 6.000.000€ 12.000.000€ 50
Mittelgroß- 20.000.000€ 40.000.000€ 250
Groß- >20.000.000€ >40.000.000€ >250

Eine Prüfung wird dabei grundsätzlich dann zur Pflicht, wenn eine GmbH an zwei sogenannten Bilanzstichtagen mindestens zwei der Größenklassenmerkmale überschreitet. In Beispielen ausgedrückt:

  • Eine Kleinst-Kapitalgesellschaft hat eine Bilanzsumme von 320.000, einen Umsatz von 1,2 Mio. € und drei Arbeitnehmer. Damit überschreitet sie nur ein Merkmal und ist nicht prüfungspflichtig.
  • Eine Klein-Kapitalgesellschaft bilanzierte 6,2 Mio. € bei einem Umsatz von 13,6 Mio. € und hat 57 Mitarbeiter. Sie überschreitet sogar drei Merkmale und ist damit in jedem Fall prüfungspflichtig.
  • Eine mittelgroße Kapitalgesellschaft kommt auf 12 Mio. € Bilanzsumme, bei einem Umsatz von 38 Mio. € und 221 Mitarbeitern. Hier greift keine Prüfungspflicht.

Dabei sei angemerkt, dass die jeweiligen Schwellwerte für Bilanzsumme, Umsatz und die Arbeitnehmer nach einer festen Formel zu berechnen sind:

  • Bilanzsumme: Anlagevermögen plus Umlaufvermögen plus aktive latente Steuern plus Rechnungsabgrenzungsposten
  • Umsätze: Erlöse plus Dienstleistungen minus Erlösschmälerungen minus Umsatzsteuer. Ggf. werden noch andere umsatzbezogene Steuern abgezogen.
  • Arbeitnehmerzahlen (ANZ) 31. März plus ANZ 30. Juni plus 30. September plus 31. Dezember geteilt durch Vier. Einbezogen werden sämtliche natürlichen Personen, die mit dem Unternehmen einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben und von diesen Aufgaben zugewiesen bekommen - abzüglich der Azubis.

Daraus ergibt sich ein für jede GmbH klar ersichtliches Schema, ob oder ob nicht eine Prüfung erforderlich ist.

4. Wann muss eine Wirtschaftsprüfung durchgeführt werden?

Wie bereits kurz angeschnitten, besagt die gesetzliche Regelung, dass ein Jahresabschluss bei prüfungspflichtigen Gesellschaften erst dann als durchgeführt gilt, wenn auch die Wirtschaftsprüfung komplett durchgeführt wurde.

Einfach ausgedrückt bedeutet das, die Wirtschaftsprüfung muss nach dem internen Jahresabschluss, aber fristgerecht vor Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres stattfinden, sonst darf die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss nicht annehmen – dies gilt natürlich alljährlich. Mittlere und große Kapitalgesellschaften dürfen die Ausfertigung bis zu drei Monate ins folgende Geschäftsjahr hineinziehen.

Die Arbeit des Wirtschaftsprüfers und somit auch die Prüfung selbst gilt dann als beendet, wenn den Gesellschaftern sein Abschlussbericht und ein bestätigender Vermerk vorliegen.

Für den Fall, dass die Ausfertigung einer Wirtschaftsprüfung unterbleibt, stehen somit die gleichen Rechtsfolgen auf dem Tableau, als wäre gar kein Jahresabschluss beim Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Im Klartext drohen in dem Fall fünfstellige Strafen.

5. Wie läuft die Prüfung in der Praxis ab?

Für die Beantwortung dieser Frage gehen wir davon aus, dass das Unternehmen noch auf keinerlei Werte aus vorherigen Jahren zurückgreifen kann; wir fangen also quasi bei Null an. In dem Fall wird es gemäß § 318 des HGB notwendig sein, dass die Gesellschafter sich auf einen Prüfer einigen. Ferner besagt das Gesetz, dass der Prüfer vor Ablauf des Geschäftsjahres gewählt werden soll.

Ist das erledigt, der Kontakt hergestellt und festgestellt, dass der Wirtschaftsprüfer die Arbeit terminlich erledigen kann, beginnt sein Job in aller Regel damit, dass er sich vor Ort erst einmal einen groben Überblick verschafft. Das bedeutet, er macht sich ein Bild vom wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens, lässt sich die Eckdaten zeigen, die Mitarbeiterzahlen usw.  

Anhand dieser Werte ergibt sich für den Prüfer dann sehr schnell ein Bild, anhand dessen er aus Erfahrungen abschätzen kann, wie groß der Arbeitsaufwand, somit der Zeitrahmen und natürlich auch die Kosten für die Prüfung werden wird – neben dem etwaigen Personalaufwand, denn ab einer gewissen Unternehmensgröße sind die Arbeiten nicht mehr von einem einzelnen Prüfer zu stemmen. Sind alle Beteiligten mit den Umständen einverstanden, wird die Arbeit vertraglich festgehalten und die eigentliche Prüfung beginnt.  

Sie startet mit der sogenannten Vorprüfung. Das klingt nur oberflächlich, ist tatsächlich jedoch ein sehr genaues Durchleuchten sämtlicher Zahlen des Hauses. Geht man davon aus, dass bei den meisten Unternehmen das Geschäftsjahr deckungsgleich mit dem Kalenderjahr ist, findet diese Phase in den letzten Jahresmonaten statt. Sie ist meistens auch dadurch gekennzeichnet, dass der Prüfer im Unternehmen hauptsächlich vor Ort arbeitet – dementsprechend muss natürlich durch die Geschäftsleitung mit gewissen Einschränkungen geplant werden, die vor allem die Finanzabteilung treffen.

Die Vorprüfung als eine Art Daten-Sammelphase endet damit, dass der Prüfer seine Vor-Ort-Arbeit einstellt und sich mit den gesammelten Unterlagen und dem firmenintern erstellten Abschlussbericht in Ruhe zurückzieht. Jetzt heißt es Vergleichen. Die Ergebnisse, zu denen der interne Abschlussbericht gekommen ist, werden mit dem vergleichen, was der Wirtschaftsprüfer selbst ermittelt hat:

  • Sind beide Berichte deckungsgleich, kann grünes Licht gegeben und der Jahresabschluss veröffentlicht werden.
  • Unterscheiden sich interner und externer Abschluss, muss im Haus nachgebessert werden. Im Zweifelsfall wiegt der Bericht des Wirtschaftsprüfers ob seiner Unabhängigkeit schwerer als das, was durch das Unternehmen selbst erstellt wurde.

Danach bekommen alle berechtigten Personen den Wirtschaftsbericht ausgehändigt und können basierend darauf nun ihre Vorgehensweise mit dem Unternehmen für das kommende Geschäftsjahr planen.

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