Ausweg Servicegeschäft

Ausweg Servicegeschäft

„Es wird immer schwieriger sich über Produkte zu differenzieren. Wir differenzieren uns deshalb über ein ‚End-to-end‘-Serviceangebot, das heißt beispielsweise über Netzoptimierung und Systemintegration“, sagt Dr. Stefan Küchenhoff, Manager Services Strategy von Nokia Solutions and Networks. Längst geht es nicht nur in der Telekommunikations-Branche, zunehmend um die Frage, wie man sich am besten vom Wettbewerb differenziert. Innovationen im Produktgeschäft sind allgemein eher langwierig. Und der Grad an Standardisierung nimmt branchenübergreifend kontinuierlich zu. „Oft läuft es auf einen preislich geführten Konkurrenzkampf hinaus mit entsprechender Erosion bei den Margen“, weiß Dr. Roman Bauer, Partner bei h&z und Verantwortlicher für Service. Um dieser Abwärtsspirale zu entkommen, biete der Service einen Ausweg. „Sowohl Service als eigenständiges Geschäft aufzustellen als auch Hybrid-Angebote zu schnüren, in denen Produkte und Service zu einem neuen und attraktiven Paket verbunden werden, bieten in dieser Situation Chancen für profitables Wachstum.“

Wie so ein Schwenk vom Produkt- zum Servicegeschäft zum Erfolg führt, das haben Unternehmen wie beispielsweise Xerox oder Lufthansa Technik vorgemacht. Mit ihnen und 15 weiteren anerkannten serviceorientierten Unternehmen hat die h&z Unternehmensberatung über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren die Erfolgsmuster im Service auf Herz und Nieren analysiert. Heraus kamen fünf zentrale Aspekte, die branchenübergreifend maßgeblich zum Erfolg im Servicegeschäft beitragen.

Die fünf Service-Gebote

1) Ganz oder gar nicht

Serviceerfolge stellen sich nicht über Nacht ein. Sie sind vielmehr von langer Hand vorbereitet und bedürfen entsprechender Investitionen. Das Servicegeschäft muss dazu im Unternehmen strategisch verankert sein, das wissen auch die „Service Champions“: Nahezu drei Viertel von ihnen haben das Servicegeschäft als eigene Business Unit organisiert und sind somit hier auch umsatz- und gewinnverantwortlich.

Das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen Xerox beispielsweise hat vorgemacht, wie sich eine konsequente Serviceorientierung auswirken kann. Das Unternehmen verdoppelte innerhalb von zwei Jahren den Anteil des Servicegeschäfts am Gesamtumsatz auf fast 50 Prozent im Jahr 2012. Dahinter stehen Umstrukturierungen und gezielte, massive Investitionen etwa beim Zukauf von Unternehmen wie Affiliated Computer Services (ACS) im Bereich Business Process Outsourcing.

2) Mit Vertrauen verkaufen

Das Servicegeschäft wächst mit dem engen Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmen und Kunden. Das erfordert ein angepasstes Geschäfts- und Erfolgsmodell sowie Kontinuität. Alle befragten serviceorientierten Unternehmen erachten einen eigenständigen Service-Vertrieb als wichtig. Dennoch hat ihn über die Hälfte nicht etabliert. Vielmehr wird Service vom Produktvertrieb mitverkauft. Entsprechend fehlen separate Zielvorgaben für das Servicegeschäft und Potenziale bleiben ungenutzt.

Anders beim IT-Unternehmen Hewlett-Packard. Hier ist der Vertriebsprozess gezielt so aufgestellt, dass kurzfristige Entscheidungen, die den Umsatz steigern sollen, vermieden werden. Dazu wurden Vertrieb und Key-Account-Management strikt getrennt. Während sich der Vertrieb um neue Kunden und Projekte kümmert, trägt das Key-Account-Management die Verantwortung für das Upselling und den strategischen Kundenkontakt.

3) Innovation leben

Innovation fußt auf einer im Unternehmen verwurzelten Bereitschaft und Förderung, immer wieder Neues zu wagen. Dabei zahlt sich eine enge und strategisch geplante, kontinuierliche Zusammenarbeit aus. Die befragten serviceorientierten Unternehmen bestätigen, dass Innovationen im Service primär im direkten Kundenkontakt entstehen. Und dennoch findet auch bei ihnen eine Analyse der Kundenprozesse mit direktem Vertriebsbezug häufig nur sporadisch statt. Fast keines der befragten Unternehmen hat einen systematischen Service-Innovationsprozess etabliert, um mit den nach Eigenaussage wichtigsten Quellen gezielt Innovationen voranzutreiben.

Eine Ausnahme ist der Schrauben- und Werkzeughändler Würth. Er hat eine besondere Innovationskultur geschaffen. Wesentlicher Kern ist die klare Umsetzungsverantwortung, derjenigen Person, die eine Idee eingebracht hat. Für ein auf Vertrieb spezialisiertes Unternehmen ist nicht zuletzt dadurch der Umsatzanteil von Produkten, die nicht älter als drei Jahre sind, mit einem Fünftel ausgesprochen hoch.

4) Individuelle Services standardisieren

Individualisierung im Servicegeschäft setzt ein gewisses Maß an Standardisierung in den Prozessen und in ihrer kontinuierlichen IT-Unterstützung voraus. Insbesondere klassische Produktservices sind bei drei Viertel der befragten serviceorientierten Unternehmen größtenteils hochgradig standardisiert. Weil jedoch immer mehr Kunden flexibel und individuell die gewünschten Serviceleistungen auswählen wollen, führen inzwischen zwei Drittel modulare Modelle ein. Dabei genießt die IT eine hohe Bedeutung bei der Serviceerbringung.

Lufthansa Technik, ein Anbieter für MRO-Dienstleistungen, für Wartung, Reparatur und Überholung, hat gezielt IT-Tools entwickelt, um aus modularen Serviceproduktbausteinen individuelle Kundenlösungen zu konfigurieren. So können die Service-Vertriebsmitarbeiter bereits während des Kundengesprächs individuell zugeschnittene Service-Verträge erstellen. Lufthansa Technik wird damit vor allem der stark gewachsenen Kundenbasis von über 700 verschiedenen Flugzeugbetreibern mit unterschiedlichsten Anforderungsprofilen gerecht.

5) Alle machen mit

Der Servicegedanke muss im ganzen Unternehmen gelebt werden – angefangen beim Management bis hin zu Vorbildern in verschiedenen Abteilungen und Hierarchien. Das erfordert auch grundlegende Veränderungen in der Unternehmenskultur. Vor allem die Mitarbeiterqualifikation hat aus Sicht der befragten serviceorientierten Unternehmen einen unmittelbaren Einfluss auf den Serviceerfolg, da Innovationsfähigkeit und Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Entsprechend setzen fast alle Firmen (82 Prozent) auf eine verpflichtende Trainingsteilnahme. Auch gehen die befragten Unternehmen davon aus, dass eine höhere Mitarbeiterqualifizierung eine höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden mit sich bringt.

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