Aufgepasst und zugefasst

Aufgepasst und zugefasst

Ein Blick auf den Chart der Euromicron AG verheißt nichts Gutes. Seit November letzten Jahres hat die Aktie rund 33 Prozent an Wert verloren. Der Grund für den Kursrutsch ist schnell gefunden: Neben einer Gewinnwarnung hat das Unternehmen die Dividende für 2013 gestrichen. Doch für Anleger mit Weitblick bietet der jüngste Ausverkauf eine Chance. Denn wenn man genauer hinschaut, liegt die Gesellschaft mit ihrer langfristigen Unternehmensstrategie voll im Plan.

Klare Vorstellungen

Seit 2000 befindet sich Euromicron in der Transformation zum führenden Netzwerkspezialisten. Dabei stellt die Gesellschaft ihren Kunden Netzwerke und Infrastruktur für die Datenübertragung auf Basis aller Medien zur Verfügung. Die Hessen verbinden alle Kompetenzen und Technologien, die dafür gebraucht werden. Auf der Basis breitbandiger, leistungsfähiger Netzwerke wird den Kunden in Deutschland und in den internationalen Märkten Kommunikation, Steuerung und Überwachung aus einer Hand geboten. „Wir begleiten unsere Kunden mit leistungsfähigen Komponenten, integrierten Bauteilen und einem breit gefächerten Applikations- Know-how“, erklärt Vorstand Willibald Späth im Gespräch mit dem aktionär. „Wir schaffen die Infrastruktur, die unsere Kunden benötigen, um in ihren Märkten erfolgreich zu sein.“ Im Rahmen der mehrjährigen Buyand- Built-Strategie hat Euromicron mittlerweile rund 40 Akquisitionen getätigt. Kritiker merken an, dass einzelne Übernahmen nicht immer glücklich und die Kaufpreise mitunter zu hoch waren. Auf Basis des ertragsstarken Wachstums der ersten beiden Strategiephasen der Jahre 2000 bis 2010 ist die Firma nach dem vorgezogenen Kauf der Telent mittlerweile in die vorläufig letzte Realisierungsstufe der langfristig angelegten Unternehmensstrategie eingetreten (siehe Grafik). In den letzten zwei Jahren wurden die Integrationsmaßnahmen ausgeweitet, um die Gesellschaft auf das durch die Akquisitionen deutlich gestiegene Umsatzvolumen auszurichten. „So eine lange Integrationsphase ist notwendig. Sie sieht vor, die Euromicron aus- und umzubauen, Strukturen und Prozesse zu optimieren sowie die finanziellen und personellen Voraussetzungen für das weiterhin ertragsstarke Wachstum auf ein Umsatzvolumen von 500 Millionen Euro zu schaffen“, erklärt Späth. „Wir haben nicht nur Personal abgebaut, sondern auch die Führungsstrukturen in einigen Gesellschaften verändert. Zudem wurden alle Funktionen im Konzern auf den Prüfstand gestellt.“ In der Folge verfügt der Konzern, Stand heute, über einheitlichere Prozesse, eine verbreiterte Know-how-Basis, mehr innovative Produkte, eine optimierte IT-Landschaft, modernere Standorte und professionellere Strukturen als noch zu Beginn der Integrationsphase im Jahr 2012.

Starker Gegenwind

Doch die Kosten für die Integrationsmaßnahmen liefen aus dem Ruder, zudem mussten Aufträge verschoben werden. Anfang November stimmte Späth deshalb die Aktionäre auf eine schwächere Entwicklung im Jahr 2013 ein. Die Maßnahmen hätten noch nicht die erwartete Dynamik erreicht, so der Firmenchef damals. Außerdem sei das Investitionsverhalten der Kunden immer schwerer zu planen. Vier Wochen später bestätigten sich die Befürchtungen. Der Telekomzulieferer kappte seine Jahresprognose. Beim Jahresumsatz rechnete Euromicron nur noch mit rund 320 Millionen statt rund 350 Millionen Euro, die operative EBITDA- Marge sollte lediglich bei knapp fünf statt bei rund acht Prozent liegen. Neben nicht erwarteten Mehrkosten beim Personalumbau und aus dem IT-Umfeld sorgten verschobene Aufträge bei Telent sowie bei den ertragsstarken Herstellern für den Rückgang. Vor allem Letztere belasteten das Ergebnis. „Sowohl die Mehrkosten der Integration als auch die unerwarteten Verschiebungen können wir im Unternehmen gut verarbeiten. Beides belastet aber das Ergebnis“, erklärt Späth. Dem Vernehmen nach sind die verschobenen Aufträge im ersten Quartal 2014 mittlerweile alle eingelaufen. Die Gesellschaften sind damit bis ins zweite Halbjahr voll ausgelastet. Aufgrund der Ergebnisentwicklung stehen für das Jahr 2013 unter dem Strich sogar rote Zahlen. Daher will der Vorstand für 2013 keine Dividenden ausschütten. „Wir wollten keine Rücklagen auflösen, um die Dividende zu bezahlen – auch wenn wir es hätten stemmen können. Da sich ein Verlust ergeben hat, wollten wir diesem auch Rechnung tragen“, erklärt Späth. GBC-Analyst Philipp Leipold rechnet mit einer schnellen Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen. „Euromicron war in der Vergangenheit stets ein Dividendentitel. Wir gehen davon aus, dass für 2014 wieder eine Dividende bezahlt wird.“

Korrektur als Chance

Viele Anleger reagierten dennoch verschnupft und warfen die Aktien auf den Markt. Der Kurs sackte auf ein Mehrjahrestief bei zwölf Euro ab. Wie eingangs bereits erklärt, gibt es aber gute Gründe, warum sich ein Kauf der Aktie bezahlt machen sollte. Zum einen sollte der Kurs mit einer Korrektur von über 30 Prozent gegenüber dem Höchststand 2013 die temporär schwache Entwicklung bereits reflektiert haben. Zum anderen soll der Umsatz im laufenden Jahr schon wieder auf 340 bis 360 Millionen Euro steigen. Bei der EBITDA-Marge strebt Euromicron eine leichte Verbesserung auf sechs bis acht Prozent an. Für den Vorstand „eine bewusst vorsichtige Planung mit Potenzial“, zumal die meisten Sonderthemen 2013 verarbeitet wurden. Weitere Indikationen dürfte es mit den Zahlen zum ersten Quartal am 9. Mai geben. Eines lässt sich schon jetzt sagen: Die Aussichten sind gut. Der Vorstand hat die Zeichen der Zeit erkannt. Um die Kostenbasis nachhaltig zu senken, sollen die Integrations- und Restrukturierungsmaßnahmen weiter verstärkt werden. Ebenfalls positiv: Die Positionierung in strukturellen Wachstumsmärkten wie den Glasfaserkomponenten und attraktiven Nischen wie den Sicherheitssystemen sorgt für Fantasie, der komfortable Auftragsbestand von rund 130 Millionen Euro für Sicherheit. „Der mittelfristige Wachstumstrend ist intakt. Wir sehen die Gesellschaft weiter auf dem richtigen Weg“, stimmt Leipold zu. „In den kommenden Jahren erwarten wir eine kontinuierliche Verbesserung der Margen. Die EBIT-Marge sollte von rund vier Prozent im Jahr 2014 auf rund sieben Prozent im Jahr 2016 stetig ansteigen“, führt der GBCExperte aus. Bis dahin sind weitere Übernahmen zwar nicht ausgeschlossen. Größere Akquisitionen strebt der Vorstand jedoch erst mittelfristig an. Diese würden dann auch wieder eine Stärkung des Eigenkapitals in Form einer Kapitalerhöhung erfordern. Dann sollte sich der Kurs aber schon wieder von seinen Tiefstständen deutlich gelöst haben.

Gute Einstiegsgelegenheit

Auf Basis der erwarteten Ergebnisverbesserungen ist die Aktie nach dem deutlichen Kursrutsch klar unterbewertet. GBC-Experte Leipold hat ein Kursziel von 21,50 Euro ermittelt. der aktionär legt die Messlatte zwar noch nicht ganz so hoch, sieht auf dem aktuellen Niveau aber ebenfalls eine sehr gute Einstiegsgelegenheit. Am Ende des Jahres dürfte man das auch im Chart ablesen können.

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