Bauwende: Einblick in die Architektur von Eike Becker

Interview mit dem Architekten Eike Becker, Eike Becker_Architekten

Wirtschaftsforum: Sie haben kürzlich eine Kolumne mit dem Titel "Bauwende" geschrieben. Was bedeutet das für Sie?

Eike Becker: Zum einen beschreibe ich damit die veränderten wirtschaftlichen Bedingungen und zum anderen die sozialen und ökologischen Anforderungen, die an die Immobilienwirtschaft gestellt werden. Es geht ganz direkt darum, eine Welt zu schaffen, in der alle ein gutes Leben haben können. Die Immobilienwirtschaft hat eine wichtige Funktion in der Gesellschaft zu erfüllen und muss für die gebaute Welt noch mehr Verantwortung übernehmen.

Wirtschaftsforum: Wie kam es dazu? Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen für diese veränderte Sichtweise?

Eike Becker: Die Gesellschaft entwickelt sich weiter, wird komplexer und anspruchsvoller. Diese Ansprüche übertragen sich auch auf die gebaute Umwelt und die Städte. Heutige Anforderungen an Häuser sind viel höher als vor 20 oder 30 Jahren. Wir haben auch soziale Ansprüche und brauchen gerechtere und nachhaltigere Städte. Die Messlatte wurde höher gelegt. Es passt nicht mehr in unsere Welt, einfach nur selbstbezogen zu handeln.

Wirtschaftsforum: Ist es Ihnen gelungen, all diesen Ansprüchen in Ihren Werken und Planungen gerecht zu werden? Gibt es Projekte, die besonders gut gelungen sind?

Eike Becker: Wir haben gerade das Stapelfest für ein Projekt in Offenbach gefeiert, das "Rocky Wood". Es handelt sich um ein Holz-Modul-Gebäude mit einem hohen Grad an Vorfertigung und Nachhaltigkeit. Das Gebäude ist offen und inklusiv gestaltet und lädt die Nachbarschaft dazu ein, sich dort auf dem neuen Platz auch zu treffen und Sport zu treiben. Es beherbergt auch einen gemeinnützigen Boxclub, der sich um Jugendliche kümmert. Bei diesem Projekt haben wir einige unserer Ansprüche zusammen mit den Bauherrn, Achim und Lorenz Nagel, erfüllen können.

Wirtschaftsforum: Es geht also nicht nur um die äußere Erscheinung der Gebäude, sondern auch um den gesellschaftlichen Nutzen.

Eike Becker: Ein Gebäude muss heute Verbesserungen für viele bringen, um sich zu rechtfertigen.

Wirtschaftsforum: Sie betonen auch die Verantwortung der Baubranche für Nachhaltigkeit und soziale Belange. Haben Sie den Eindruck, dass diese Botschaft auch tatsächlich ankommt?

Eike Becker: Ich denke, wir haben gute Chancen jetzt Gehör zu finden. Eine Gesellschaft, die auseinanderfällt und von vielen als ungerecht empfunden wird, kann nicht erfolgreich sein. Was die nachhaltigen Themen angeht, werden die Konsequenzen unseres bisherigen Handelns immer deutlicher. Viele Menschen denken darüber nach, wie es besser gemacht werden kann.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt die Baubranche bei der Reduzierung von Emissionen?

Eike Becker: Die Baubranche trägt wahrscheinlich eine Verantwortung für 40 % der Emissionen. Viele zweifeln daran, dass es möglich ist, die Emissionen substanziell zu reduzieren oder sogar bis 2030 zu halbieren. Es erfordert Verhaltensänderungen und deutlich radikalere Anpassungen.

Wirtschaftsforum: Wie setzen sie dieses Konzept in die Tat um?

Eike Becker: Wir versuchen, so wenig wie möglich abzureißen, um Strukturen zu erhalten. Das wird besonders deutlich an einem Projekt, das wir gerade in Berlin realisieren. Es handelt sich um ein Hochhaus aus den 60er Jahren, das wir komplett überarbeiten. Dabei erhalten wir die Struktur des Gebäudes und verbessern vorsichtig die Technik und die Fassaden. Es wird auch neue, angepasste Arbeitsumgebungen bieten. Heutige Kommunikationsbüros haben andere Ansprüche als die hierarchischen Unternehmen in den 70er Jahren. Auch die städtebauliche Einbindung des Hochhauses ist heute wichtiger. Wir sorgen auch für Sport- und Freizeitmöglichkeiten. Das Hochhaus bekommt einen Sockel mit Restaurant, Café und einer Lounge im ersten Obergeschoss. Es wird ein Ort für Begegnungen und bietet auch dafür viel mehr, als zuvor. Gleichzeitig achten wir darauf, dass das vorhandene Material wie Stahl und Zement vor Ort bleibt, um Emissionen zu reduzieren und Energie zu sparen.

Wirtschaftsforum: Eine weitere Herausforderung ist der Fachkräftemangel. Wie schaffen Sie es, Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten?

Eike Becker: Wir sind ein guter Arbeitgeber, fördern selbstbestimmtes Arbeiten, individuelle Entwicklung, legen viel Wert auf eine gute Gemeinschaft und geteilte Visionen. Regelmäßige Treffen und Arbeitsgruppen zu Themen wie Nachhaltigkeit oder Innovationen sind bei uns gut etabliert. Das Thema Digitalisierung beschäftigt die Branche schon seit einigen Jahren, auch wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt. Jetzt steht für uns das Thema künstliche Intelligenz im Fokus, um weitere Fortschritte zu erzielen.

Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie von der Zukunft?

Eike Becker: Wir glauben, dass wir mit Machine Learning Fortschritte machen können. Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung werden uns auch in Zukunft beschäftigen und bessere Antworten erfordern. Es ist eine riesengroße Aufgabe, die Emissionen zu reduzieren und Cradle to Cradle flächendeckend umzusetzen. Wir müssen mit allen Beteiligten den Dialog deutlich intensivieren und schneller bessere Lösungen finden.

Eike Becker_Architekten
Jean-Monnet-Str. 2
10557 Berlin
Deutschland
+49 30 2593740
info(at)eb-a.de
eikebeckerarchitekten.com

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Aktuellste news

Einfach intelligenter: Neoss

Interview mit Sandra von Schmudde, Managing Director der Neoss GmbH

Einfach intelligenter: Neoss

Sandra von Schmudde stellt die Weichen für die Zukunft von Neoss Deutschland. Mit dem Fokus auf ‘Intelligent Simplicity’ und nur einer prothetischen Plattform positioniert sich das Unternehmen selbstbewusst als innovative…

Warum klassische Maklertätigkeit im Immobilienbereich heute zu wenig bietet

Warum klassische Maklertätigkeit im Immobilienbereich heute zu wenig bietet

Rüdrich Immobilien zeigt mit Frank Rüdrich, warum Verantwortung heute den Maklerberuf prägt.…

Altersarmut: Warum sich die Generation Z ängstigen sollte – und doch so viel ändern kann

Altersarmut: Warum sich die Generation Z ängstigen sollte – und doch so viel ändern kann

Das Thema „Zukunft der Rente“ spielt in der politischen Debatte eine immer größere Rolle. Wie man das Blatt auch wendet: Die Rente mag zwar sicher sein, nicht aber deren Höhe.…

Aktuellste Interviews

Zukunft aus Holz bauen

Interview mit Georg Nef, Geschäftsführer der Vögeli Holzbau AG

Zukunft aus Holz bauen

Holz ist einer der ältesten Baustoffe – und aktueller denn je. Als nachwachsender Rohstoff verbindet er Nachhaltigkeit mit moderner Technik und präziser Vorfertigung. Ob historische Sanierung oder mehrgeschossiger Wohnungsbau: Holzbau…

„Zufrieden, wenn der Kunde Geld verdient“

Interview mit Dr. Matthias Henyk, Geschäftsführer der Opelka GmbH

„Zufrieden, wenn der Kunde Geld verdient“

Die Opelka GmbH mit Sitz in Remseck am Neckar ist Spezialist für Maschinen zur Herstellung von Siedegebäck wie Berliner oder Donuts. Seit Anfang 2024 wird das Unternehmen von Dr. Matthias…

Sicherheit, die wächst – Brandschutz mit Erfahrung,Vision & Verantwortung

Interview mit André Schulze Forsthövel, geschäftsführender Gesellschafter der Brandschutz-Center Münster Brinck GmbH

Sicherheit, die wächst – Brandschutz mit Erfahrung,Vision & Verantwortung

Brandschutz ist mehr als nur Technik - er ist Sicherheit, Verantwortung und Vertrauen. Genau dafür steht die Brandschutz-Center Münster Brinck GmbH, die seit Jahrzehnten als verlässlicher Partner in der Region…

TOP