Auswirkungen auf die Baufinanzierung

Niedrigzinspolitik der EZB

EZB-Niedrigzinspolitik: Nullnummer

Die Europäische Zentralbank (EZB)entschied aktuell, dass sie bei ihrem Leitzins von 0,0 Prozent bleibt. Und das ist weiterhin ein Rekordtief. Somit lassen sich Europas Währungshüter von ihrer Billig-Geld- und Nullnummer-Kurs nicht abbringen - ungeachtet steigender Inflationsraten wegen der hohen Energiepreise. 

Die Folge: Banken bekommen frisches Zentralbankgeld weiterhin zu null Prozent Zinsen. Aber, wenn Finanzinstitute überschüssiges Geld bei der EZB parken, müssen sie weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen – Einlagenzins – blechen. Parallel dazu kauft die Notenbank nach wie vor monatlich Staatsanleihen und andere Wertpapiere.

Ihr Ziele: durch das Öffnen der Geldschleusen über die Niedrigzinspolitik soll der Kampf gegen Konjunkturschwäche und einer niedrigen Inflation weitergeführt werden. Erst im Dezember 2016 verlängerte sie ihr Kaufprogramm für Staatsanleihen und Unternehmenspapiere um neun Monate, das sie seit März 2015 forciert.

„Der Leitzins werde auch weit über die Zeit des Anleihekauf-Programms hinaus auf dem aktuellen Niveau – oder sogar noch tiefer – verharren“, kündigte der Rat der EZB an.

Der langfristige Master-Plan der EZB also: im Idealfall soll das billige Geld die Konjunktur ankurbeln und ebenso die Teuerung anheizen.

Die Begründung: Auf der Pressekonferenz kündigte der Präsident der Zentralbank, Mario Draghi, an, dass die Geldschwemme zwar Wirkung zeige, die Deflationsrisiken weitgehend verschwunden seien, und die Konjunktur auf dem Weg der Entspannung sei.

Trotzdem könne nicht von Entspannung geredet werden: ein „sehr erhebliches Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung“ sei für den Währungsraum noch immer notwendig.

Die Ursache: in der Euro-Zone werde das Wirtschaftswachstum durch fehlende Strukturreformen gebremst. Und die von globalen Krisen gebeutelte Wirtschaft sei weiter auf die Finanzspritzen angewiesen. Darüber hinaus habe der EZB-Rat nicht über einen Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik diskutiert, betonte Draghi.

Die Prognose der EZB: laut dem EZB-Chef erwartet sie durch den Zinssatz in diesem Jahr ein Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) in der Eurozone um 1,8 Prozent. Im Jahr darauf werde die Wirtschaft voraussichtlich um 1,7 Prozent wachsen.

Was heißt das nun konkret? Die EZB will die globale Überschuldungkrise überwinden. Und es ist davon auszugehen, dass die Niedrigzinspolitik auch in den nächsten Jahren beibehalten wird.

Mögliche Gefahren

Das Problem dabei: die Ironie liegt darin, dass gerade EZB und alle anderen Zentralbanken eine Überschuldung verursacht haben, weil sie durch günstige Kredit- und Geldmengenvergabe herabgedrückte künstliche Zinsen verabreicht haben.

Und das hat zwei Konsequenzen – erstens, kann dies erneut zu einer Neuverschuldung führen, und zweitens, kann das Gegenteil erreicht werden. Nämlich ein Ausbremsen der Konjunktur bis hin zu einem Knall wie zu Zeiten der Lehman Brothers.

Denn dauerhaft niedrige Preise oder sinkende Preise gelten als Konjunkturrisiko. Verbraucher und Unternehmer könnten Investitionen aufschieben in der Erwartung, dass es bald noch billiger wird. Die Folge: eine mangelnde Konsumneigung, und das kann die Wirtschaftsentwicklung abwürgen.

Ein weiterer Punkt: zu den Verlierern gehören Sparer, denn diese profitieren nur langfristig durch ein Ansteigen der Zinsen.

Andererseits profitieren nicht nur Banken von der EZB-Entscheidung, sondern diejenigen, die neue Kredite abschließen wollen und dafür nun in den kommenden Jahren wenigen Zinsen zahlen müssen.

Positive Folgen trotz indirektem Einfluss des Leitzinses: Kosten für Baufinanzierung weiter günstig

Des einen Freud, des anderen Leid. Zu den indirekten Gewinnern gehören auf der anderen Seite die Immobilienbranche, Häuslebauer und Kaufwohnungs-Suchende.

Grundsätzlich: Denn durch den Leitzins der EZB sind auch die Konditionen von Immobilien- oder Baufinanzierungskrediten betroffen – allerdings nicht direkt, sondern mit einem Umweg über eine Bank oder Sparkasse. Das genaue Verhältnis zwischen Leitzins und Baufinanzierungszinsen versteht man nur, wenn man versteht, wie Banken sich refinanzieren.

Der Grund: mit dem Leitzins legt die Europäische Zentralbank indirekt fest, zu welchen Konditionen sich Banken und Sparkassen bei der Zentralbank kurzfristig Geld leihen können. Deshalb wird dieser Zins auch als Hauptfinanzierungssatz bezeichnet, der allerdings mit den Zinssätzen für Baukredite nicht gleich ist, aber diese beeinflusst.

Denn, unabhängig davon, dass die EZB-Leitzinsen zunächst nur für kurzfristige Refinanzierungsgeschäfte der Banken relevant sind, wirken sie sich trotzdem auf langfristige Bauzinsen aus.

Das liegt am Ziel der Banken. Diese wollen in ihrer gesamten Bilanz ein möglichst ausgewogenes Verhältnis unterschiedlicher Zinslaufzeiten haben. Und das betrifft logischerweise mehrere Ebenen: die Zinsstruktur der Kundenguthaben, die von der Bank aufgenommenen Kredite, wie auch Kredite, welche die Bank ausgegeben hat.

Und wie schaffen Banken das? Sie sichern einen Teil ihres gesamten Bilanzvolumens mit sogenannten Zinssicherungsgeschäften ab. Und das betrifft auch Baufinanzierungskredite: hat die Bank beispielsweise eine Baufinanzierung mit einem Festzins von zehn bis 20 Jahren vergeben, kann sie diesen mit kurzfristigen Kreditaufnahmen refinanzieren. Um nun das Risiko zu minimieren, durch einen Zinsanstieg Verluste zu machen, schließt die Bank nun über die Laufzeit der Baufinanzierung jenes Zinssicherungsgeschäft ab. Dieses soll die Schwankungen beim EZB-Zins ausgleichen.

Was bedeutet das nun in der Praxis für die Baufinanzierung? Je niedriger die Leitzinsen sind, und je unwahrscheinlicher ein kurzfristiger Anstieg der Marktzinsen erscheint, desto günstiger werden die Zinssicherungsgeschäfte. Und das wiederum beeinflusst Baudarlehen: die Banken können auf Basis niedriger EZB-Zinsen für ihre Refinanzierung und gleichzeitig mit geringen Kosten für die Absicherung ihrer Kunden Baufinanzierungs- oder Renovierungskredite zu günstigen Konditionen anbieten.

Aber Vorsicht: auch andere Faktoren, wie beispielsweise die allgemeine Nachfrage nach Krediten, beeinflussen Kreditzinsen. Das heißt: die Entwicklung von EZB-Leitzinsen und Kreditzinsen sind nicht immer exakt parallel.

Was heißt das unterm Strich?

Dennoch, durch die Null-Prozent Zinsaussichten sind die Kosten einer Bau- oder Renovierungsfinanzierung weiter sehr günstig – auch wenn der EZB-Leitzins nur einen indirekten Einfluss auf die Baufinanzierungs-Kreditvergabe hat.

Es zählt unter dem Strich also das, was in den letzten Jahren auch schon auf der Agenda stand: Momentan und in den nächsten Jahren können Immobilienkäufer oder Häuslebauer in Deutschland ihr Eigenheim extrem günstig finanzieren.

Aber, um die Entwicklungen der Bauzinsen einschätzen zu können, muss nicht nur der EZB-Leitzins beachtet werden. Wichtig ist es, das allgemeine Marktniveau für langfristige Finanzierungen zu beobachten. Da sollte man auch die von der Deutschen Bundesbank prognostizierten durchschnittlichen Zinsen für Langfrist-Kredite auf dem Schirm haben. Parallel dazu aber auch die aktuellen Renditen von Pfandbriefen und Bundeswertpapieren mit fünf oder zehn Jahren Restlaufzeit.

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