Interne Brückenbauer: So optimieren Sie die crossfunktionale Zusammenarbeit

Wirtschaftsforum Expertin: Anne M. Schüller

Interne Brückenbauer werden installiert, um die crossfunktionale Zusammenarbeit zu unterstützen, Synergien zu entwickeln und Ineffizienzen zu eliminieren. Das gilt speziell auch für Innovationsprojekte und sich selbst organisierende Teams. Diese arbeiten oft isoliert und unsynchronisiert. So wird Manches gar nicht und anderes doppelt erledigt, ohne dass der eine vom anderen weiß. Doch jede Störung in der Wertschöpfungskette kann zu einem Einfallstor für Disruptoren werden.

Zudem passieren die meisten Probleme, die Kunden bekommen, über Abteilungsgrenzen hinweg: Kommunikations- und Abstimmungsprobleme im Gerangel zwischen Zuständigkeiten, Machtgeplänkel und Bereichsegoismen. Die größte Umsatzverschwendung entsteht aus einem Mangel an interner Zusammenarbeit. Jedes Vorkommnis kann Zünglein an der Waage sein und zu sofortigem Kundenschwund führen. Im Web erfährt dann eine breite Öffentlichkeit, warum das so ist.

Auch technologisch gesehen ist eine übergreifende Zusammenarbeit unerlässlich. Hierfür werden Menschen gebraucht, die Separiertes zusammenführen und Wege ins Neuland ebnen. Menschliche und künstliche Intelligenzen müssen sinnvoll miteinander verbunden und Partnerschaften zwischen Alt- und Jungunternehmen zusammengekoppelt werden. Erst dann, wenn Wissen und Können sich im ganzen Unternehmen miteinander verbinden, kann dies zu erstaunlichen Fortschritten führen.

Koordiniertes interdisziplinäres Zusammenarbeiten ist somit heute ein Muss. Deshalb entstehen, unterstützt von HR, nun überall Initiativen, bei denen sich die Beschäftigten abteilungsübergreifend und über hierarchische Grenzen hinweg miteinander vernetzen. Einerseits kann die Arbeit hierdurch schneller, effizienter, produktiver und zugleich wohlbefindlicher erledigt werden. Andererseits dienen unkomplizierte Querverbindungen auch den Interessen der zunehmend fordernden Kunden.

Eine Vielfalt von internen Brückenbauer-Rollen entsteht

Schauen wir in die Unternehmen, lässt sich eine Vielfalt von Brückenbauer-Rollen entdecken. Zum Beispiel gibt es im journalistischen Bereich den Chef vom Dienst (CvD). Er koordiniert Redaktion, Produktion und Anzeigenabteilung. In Produktionsbetrieben gibt es ein Berufsbild namens Produktionstechnologe. Er ist das Bindeglied zwischen Produktion und IT. Bei Scrum gibt es die Rolle des Product Owners. Als Produktverantwortlicher und Prioritätenmanager ist er das Bindeglied zwischen dem Scrum Team und der Organisation sowie den internen und/oder externen Kunden. Er ist jedoch nicht der Vorgesetzte des Teams.

Beim schwedischen Streamingdienst Spotify, Weltmarktführer für Musikvermarktung, arbeiten die mehr als 4500 Mitarbeiter in sich selbst organisierenden Trupps, denen ein Business Manager vorsteht. Mehrere Trupps bilden einen Stamm (Tribe) mit einem Stammesführer. Zudem gibt es sogenannte Cross-Links. Hierbei verbinden sich gleiche Berufsgruppen wie etwa Web-Entwickler, die in verschiedenen Trupps arbeiten, in Verbänden. Und über Stammesgrenzen hinweg bilden sich Gilden. Das sind Querschnittsverbindungen, die darauf achten, dass die Tribes nicht zu Silos verkommen.

Bei Trivago, ein Hotel-Metasuchportal mit über 2000 Mitarbeitern gibt es Knowledge Leads und Talent Leads. Ein Knowledge Lead ist jemand, der sich auf seinem Fachgebiet hervorragend auskennt und alle Teams, die seine Expertise benötigen, berät. Ein Talent Lead unterstützt die überfachliche Entwicklung der Mitarbeiter und macht sich für sie stark. Die althergebrachten Abteilungen wurden aufgelöst. „Wir haben gemerkt, das uns die Abhängigkeiten, die zwischen den Abteilungen bestanden, viel zu langsam gemacht haben“, berichtet Anna Drüing, Trivagos Chief People Officer.

Agility Manager, Culture Manager, interner Touchpoint Manager

In der Digitalwirtschaft ist das Berufsbild des Feelgood Managers entstanden, als Terminus eine deutsche Erfindung. Man findet ihn vor allem dort, wo es nur wenige Führungskräfte und keine klassische Personalabteilung gibt. Er sorgt für das Wohlergehen der Mitarbeiter und ist Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch in schnell wachsenden Startups ist er gefragt, um Fachkräfte zu binden und den Spirit eines Startups zu erhalten.

Verwandte Berufsbilder und eher für größere Unternehmen geeignet sind der Culture Manager und der interne Touchpoint Manager. Während der Schwerpunkt des Culture Managers auf der Unternehmenskultur liegt, kümmert sich der interne Touchpoint Manager vor allem um die Optimierung der abteilungsübergreifenden Interaktionspunkte zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und Organisation. Er koordiniert zum Beispiel die Candidate Journeys und die Onboarding Prozesse, damit ein bewerberorientiertes Recruiting gelingt.

Auch die Digitalisierung betrifft alle Unternehmensfunktionen, sie lässt sich nicht in eine Abteilung sperren. So zählt ein (Chief) Digital Officer gleichfalls zum Kreis der Brückenbauer. Damit er seine Mission aber erfüllen kann, braucht es in der Firma ein hohes Maß an Agilität. Deshalb wird er oft von einem Agility Manager unterstützt. Dieser treibt interdisziplinär die Agilisierung des gesamten Unternehmens voran. Denn auch für die Agilisierung kann keine einzelne Abteilung zuständig sein, sie umfasst das gesamte Unternehmen. Ebenso muss Bürokratie interdisziplinär abgebaut werden.

Der Kundenadvokat: Brücke zwischen drinnen und draußen

Aus Kundensicht müssten die Anbieter längst crossfunktional aufgestellt sein, damit sich reibungslos alles miteinander verzahnt. Doch unternehmensintern fallen die kundenrelevanten Aktivitäten meist unkoordiniert auseinander: Hier die Werbung, da das Callcenter, dort die Pressearbeit. Und die Social-Media-Leute hängen irgendwo mittendrin. Statt sich die Bälle zuzuspielen, werden Terrains abgesteckt. Online und Offline agieren wie befeindete Units, die einander die Kunden „klauen“. Zwischen Sales und Marketing wird darüber gestritten, wem der Kunde „gehört“.

Gegenüber dem Kunden klingt das dann so: „Tut mir leid, mir sind die Hände gebunden.“ Oder so: „Ich würde ja gern, kann aber leider nichts für Sie tun, weil ich da nicht zuständig bin.“ Oder gar so: „In der Abteilung gibt es öfter Probleme, ist bekannt, aber wir mischen uns da nicht ein.“ Für einen Kunden ist all das indiskutabel. Ihm ist es schlichtweg egal, was hinter den Kulissen passiert, wer wofür zuständig ist, und warum es wo klemmt. Ob eine Lösung aus dem Service, dem Marketing oder dem Vertriebsbereich kommt, ist für ihn ohne Belang. Hauptsache, sie funktioniert.

Der Ausweg aus diesem Dilemma? Ein Vertreter der Kundeninteressen, der entlang der Customer Journey, der Reise des Kunden quer durch die Firmenlandschaft, die jeweils involvierten Bereiche und Prozessketten miteinander verknüpft. Er ist das Bindeglied zwischen drinnen und draußen. Er koordiniert Fachbereiche und Einzelprojekte miteinander, damit für den Kunden alles störungsfrei klappt. Er bringt die Kundenerlebnisse an den einzelnen Touchpoints zu einem perfekten Zusammenspiel.

Mancherorts spricht man dabei vom Customer Experience Manager, vom Customer Journey Manager oder vom Customer Centricity Manager. Ich nenne dieses Bindeglied, diesen Brückenbauer, diesen Kundenadvokaten im Unternehmen den Customer Touchpoint Manager. Sein Ziel ist die Transformation des gesamten Unternehmens hin zu einer vernetzen, tatsächlich kundenfokussierten Organisation. Hierzu gibt es auch ein Ausbildungsprogramm: www.anneschueller.de/ausbildung-touchpoint-manager.html

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