Drei Widersprüche in Wirtschaft und Gesellschaft (3)
Interviews mit den wirtschaftspolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen
3. Würde ein Aus für Dieselfahrzeuge den Klimawandel aufhalten?
Es besteht parteiübergreifender Konsens darüber, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, um den Klimawandel abzumildern, aber dennoch bleibt die Abschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor eines der größten gegenwärtigen Streitthemen. Wie positionieren Sie sich hierzu?
CDU/CSU
Joachim Pfeiffer: Ich halte nichts von Fahrverboten und einer pauschalen Verdammung des Verbrennungsmotors. Verbrennungsmotoren bleiben für unsere moderne Mobilität bis auf weiteres unverzichtbar. Wer etwas anderes behauptet, versucht, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Diese aktuelle, von links-grüner Seite inszenierte Verbotsdiskussion ist Planwirtschaft pur und hat mit Markt und Wettbewerb nichts zu tun. Die Potenziale des Verbrennungsmotors bei Effizienz und der Reduktion von Treibhausgasen sind noch lange nicht ausgeschöpft, gerade unter Klimaschutzgesichtspunkten ist hier noch viel möglich. Sollte es beispielsweise zukünftig klimaneutral produzierte, synthetische Kraftstoffe geben, besteht auch klimapolitisch überhaupt kein Anlass, voreilig das Ende des Verbrennungsmotors zu verkünden. Es ist nicht Aufgabe der Politik, bestimmte Technologien verbindlich vorzuschreiben oder auszuschließen, denn dies wäre ein Einfallstor für Lobbyisten und Ideologen.
„Es ist nicht Aufgabe der Politik, bestimmte Technologien verbindlich vorzuschreiben oder auszuschließen.“ Joachim PfeifferCDU/CSU
Gefragt ist vielmehr ein intelligenter Maßnahmenmix aus technischen Innovationen an den Fahrzeugen, die Förderung der E-Mobilität sowie der Ausbau des ÖPNV-Angebotes und Carsharing. Zudem sind neue Mobilitätskonzepte gefragt. Dazu gehört auch, Straßen auszubauen und die Lücken in der Verkehrsinfrastruktur zu schließen. Es gilt bei allen Maßnahmen Maß und Mitte zu bewahren, auch bei der Diskussion über die Mobilität der Zukunft. Immerhin ist die Autoindustrie eine Schlüsselbranche für Deutschland, da sollten wir nicht an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen.
SPD
Bernd Westphal: Wir werden ein „Bündnis für bezahlbare und nachhaltige Mobilität“ gründen. In diesem Bündnis ist auch ein realistisches Ausstiegsszenario zu vereinbaren. Isolierte Vorfestlegungen, ab welchem Stichtag keine Verbrennungsmotoren mehr neu zugelassen werden dürfen, halten wir für nicht zielführend. Wer die Klimaziele ernst nimmt, muss die Verkehrswende voranbringen. Daher fördern wir alternative Antriebe und den Ausbau der entsprechenden Tank- und Ladeinfrastruktur. Wir setzen auf die Innovationskraft der Automobilindustrie.
„Wer die Klimaziele ernst nimmt, muss die Verkehrswende voranbringen.“ Bernd WestphalSPD
Bündnis 90/Die Grünen
Dieter Janecek: Mit unserem Beschluss, ab 2030 nur noch Neufahrzeuge ohne fossilen Verbrennungsmotor zuzulassen, haben wir die Diskussion maßgeblich angestoßen. Hintergrund ist, dass wir nur mit einer Energiewende im Verkehr sicherstellen, dass wir unsere Klimaziele erreichen und die Wettbewerbsstärke unserer Automobilwirtschaft erhalten. Die Frage lautet nicht, ob sich das emissionsfreie Auto durchsetzt, sondern wo es gebaut wird.
„Die Frage lautet nicht, ob sich das emissionsfreie Auto durchsetzt, sondern wo es gebaut wird.“ Dieter JanecekBündnis 90/Die Grünen
Tausende wertvolle Arbeitsplätze in der Automobil- und Zulieferindustrie stehen auf dem Spiel, wenn Deutschland bei Antriebswende und Erneuerung der Mobilität hinterherfährt. Deswegen drängen wir darauf, dass Deutschland einen verlässlichen Ausstiegstermin festlegt, an dem sich die Wirtschaft orientieren kann und der Grundlage ist für Investitionen in neue Technologien und Infrastrukturen.
DIE LINKE
Michael Schlecht: Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Deutschland die Klimaziele für das Jahr 2020 nicht einhalten. Die Zerstörung von Klima und Natur schreitet voran. Wir wollen eine sozial-ökologische Wende, von der alle Menschen durch bezahlbare Energie, erschwingliche Mobilität, gesunde Nahrungsmittel und mehr Lebensqualität profitieren.
„Wir wollen die Erzeugung und den Verbrauch von Energie umweltverträglich umbauen, dazu gehört auch die Abschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren.“ Michael SchlechtDIE LINKE
Wir wollen die Erzeugung und den Verbrauch von Energie umweltverträglich umbauen, dazu gehört auch die Abschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Der CO2-Grenzwert für Neuwagen in Europa soll ab 2025 deutlich unter 60 gr betragen. Wir unterstützen den Vorschlag des Bundesrates, ab 2030 nur noch Pkw mit Null CO2-Emission zuzulassen.