Predictive Analytics Konkret: Vom Personaleinsatz bis zum Maschinenstillstand, alles ist planbar
Data Science
Predictive Analytics in der Praxis: Fiktion oder Realität?
Ein zwar fiktives, aber dennoch anschauliches Beispiel für die Nutzung von Predictive Analytics ist der 2002 erschienene Science-Fiction-Thriller „Minority Report“, der in das Jahr 2054 springt: Mit Hilfe von Predictive Policing können Straftaten vorhergesagt und zukünftige Verbrecher verhaftet werden, bevor überhaupt gegen das Gesetz verstoßen wurde. In der Folge sinkt die Kriminalitätsrate auf null. So ähnlich und doch ein bisschen anders will auch die deutsche Polizei zukünftig auf Verbrecherjagd gehen. Mit Hilfe von Vergangenheitsdaten über bisherige Straftaten sollen Wahrscheinlichkeiten für Einbrüche zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten ermittelt und präventive Maßnahmen ergriffen werden.
Ähnlich wie die Strafverfolgungsbehörden wollen, sollen und müssen auch Unternehmen komplexe Zusammenhänge vorhersagen, um bessere Entscheidungen treffen zu können. Für Predictive Analytics ergeben sich zahlreiche Anwendungsgebiete in der Wirtschaft. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Finanzdienstleistern kann geholfen werden, Kreditbetrügern auf die Schliche zu kommen, produzierende Unternehmen werden nicht mehr von plötzlichen Produktionsstopps aufgrund unvorhersehbarer Maschinenausfälle überrascht und im Einzelhandel kann durch die Prognose von Kundenverhalten eine nachhaltige Kundenbindungen etabliert und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden.
Ein weiterer, prominenter Anwendungsfall von Predictive Analytics im unternehmerischen Bereich ist das Forecasting. Egal ob Absatzplanung, Wareneingangs- oder Retourenvorhersage, Prognosen (Forecasts) spielen in sämtlichen Bereichen der Supply Chain eine entscheidende Rolle, in denen es darum geht, auf Basis von historischen Daten zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Ein guter Forecast liefert die Grundlage einer jeden Planung. Leider stoßen bisherige Planungsinstrumente, wie die häufig genutzte Excel-Tabelle oder das allseits bekannte Bauchgefühl, bei der zunehmenden Komplexität und Menge der verfügbaren Daten schnell an ihre Grenzen. Der Einsatz von Predictive Analytics ermöglicht die Berücksichtigung vieler unterschiedlicher Datenquellen und erheblicher Mengen, die über einfache Transaktionsdaten hinausgehen.
Predictive Analytics im (Lebensmittel)Einzelhandel
Seit Jahrzehnten sind Lebensmittelhändler mit stetigem Wandel konfrontiert und die Veränderungen und Herausforderungen werden in naher Zukunft nicht weniger. Im Gegenteil, der Wettbewerb wird immer härter. Neben dem andauernden Preiskrieg und dem Erstarken des Online-Handels spielt unter anderem auch das Management von Frischwaren eine immer größere Rolle.
Nehmen Sie Ihren Supermarkt um die Ecke: Um die Supply Chain und die damit verbundenen Arbeitsprozesse im täglichen Einkaufs- und Logistikgeschäft effektiv zu gestalten, werden unter anderem akkurate Warenausgangsprognosen für das gesamte Produktsortiment der einzelnen Filialen benötigt. Ein großer Supermarkt kann bis zu 30.000 Artikel im Sortiment aufweisen, was bedeutet, dass der Supermarkt für alle 30.000 Artikel eine möglichst aussagekräftige Prognose benötigt. Eine besondere Schwierigkeit besteht dann, wenn die Artikel unterschiedlichen Verkaufsfrequenzen (Drehklassen) unterliegen:
Hier kommt Predictive Analytics ins Spiel. Dank Predictive Analytics kann eine Vielzahl von Modellen auf das gesamte Artikelsortiment trainiert werden, um so das optimale Modell für jeden einzelnen Artikel zu identifizieren. Zusätzlich zu klassischen Einflussfaktoren wie Aktionszeiträumen, Ferien, Feiertagen und besonderen Verkaufsperioden können die Modelle auch um weitere Daten, beispielsweise Wettereinflüsse, ergänzt werden. Um einzelne Artikel in einen betriebswirtschaftlichen Kontext einzuordnen, können auf Basis von Lagerkosten oder Einkaufs- und Verkaufspreisen artikelindividuelle Kostenfunktionen entwickelt werden, auf Basis derer die Erstellung von Warenbedarfsprognosen für das gesamte Produktsortiment möglich ist.
Predictive Analytics in der Zulieferindustrie
Als Stützpfeiler der deutschen Wirtschaft ist besonders das produzierende Gewerbe auf genaue Prognosen angewiesen. Als Kernbestandteil der Einkaufsabteilung kann ein Forecast dafür sorgen, dass die benötigten Materialien am richtigen Ort zur richtigen Zeit in der richtigen Menge vorhanden sind. Das wiederrum gewährleistet die reibungslose Produktion bei Just-in-time-Lieferungen und verhindert die Verschwendung kostbarer Lagerkapazitäten.
Ein Beispiel: Ein First-Tier-Zulieferer, der international tätig ist und seine Produkte in weite Teile Europas, nach Amerika und Asien verkauft, steht insbesondere im After-Sales Bereich vor der Herausforderung, die Menge an Verkäufen verlässlich abzuschätzen. Bedingt durch wechselnde Ab- und Zusatzbestellungen sind die initialen Vorbestellungen der Kunden kein verlässlicher Indikator für die tatsächliche Absatzmenge. Das Unternehmen steht nun vor einem Dilemma: Lagermengen erhöhen und somit die Sicherheit des Servicelevels garantieren wäre eine enorm kostenintensive Lösung. Eine „Fahrt auf Sicht“ hingegen bietet das Risiko von Lieferunfähigkeit und gefährdet die Marktpositionierung. Für alle Beteiligten sind nicht verlässliche Prognosen in diesem Fall entscheidend über Erfolg oder Misserfolg.
Das Dilemma kann durch Predictive Analytics behoben werden. Mithilfe von Predictive Analytics können mehr als nur die historischen Bestelldaten der Kunden untersucht werden. Die Modelle erlauben die Berücksichtigung verschiedener interner und externer Faktoren und können diese hinsichtlich ihres Einflusses auf die Prognose bewerten.
Wie eine derartige Bewertung verschiedener Einflussfaktoren mit Hilfe von Predictive Analytics aussehen kann, ist der oberen Grafik zu entnehmen. Hier werden fünf externe Faktoren hinsichtlich ihres möglichen Einflusses auf den Absatz analysiert. Zunächst ist anzumerken, dass alle betrachteten Faktoren einen Einfluss auf die Vorhersage haben, wenn auch unterschiedlich stark. Die Richtung des Einflusses wird durch das Vorzeichen verdeutlicht, die Stärke durch den angegebenen Faktor. Je größer dieser ausfällt, desto größer der Einfluss. Demnach lässt sich hier beispielsweise schlussfolgern, dass die Absätze bei Regen voraussichtlich ein wenig abnehmen, bei sonnigem Wetter allerdings deutlich ansteigen. Zeigt Google Trends eine höhere Anfragehäufigkeit für mit den Produkten zusammenhängenden Stichworten, spricht dies für eine höhere Absatzmenge. Eine Häufung selbiger Begriffe in Artikeln bei Spiegel Online lässt wiederum eine Verringerung des künftigen Absatzes vermuten.
Somit können neben den internen Daten, bei denen es sich vorrangig um die historischen Daten der Vorbestellungen in den einzelnen Absatzmärkten handelt, in diesem Fall vor allem externe Daten helfen, eine höhere Prognosegenauigkeit und damit gesteigerte Planungssicherheit zu erzielen. Dank der Erkenntnis, wie externe Einflüsse die Anzahl an Vorbestellungen beeinflussen können, kann die Planungsgenauigkeit deutlich um mehr als 15% verbessert werden.
Predictive Analytics in der Textilbranche
Drehen wir den Spieß um. Ein großes Modehaus will nicht wissen, wie viele Produkte verkauft werden, sondern wie sich der Wareneingang in den Lagern verhält, um eine genauere Personalplanung zu ermöglichen. Das Modehaus verfügt über 15 Lager, in denen mehrere Millionen an Kleidungsstücken pro Jahr von verschiedenen Marken umgeschlagen werden. Durch eine Zulieferung über Land, Luft und Wasser sowie verschiedene Verteilzentren und Schwankungen in der Liefertreue der Zulieferer ist die Planbarkeit schwierig. Regelmäßig sind zu viele oder zu wenige Lagermitarbeiter vorhanden, was zu hohen Kosten und Produktivitätseinbußen führt.
Mit Hilfe von Predictive Analytics erfolgt eine konkrete Prognose für den voraussichtlichen Anlieferungszeitpunkt der jeweiligen Waren des dazugehörigen Lieferanten auf Basis der Lieferantenhistorie. So lassen sich selbst die Anlieferungen weniger zuverlässiger Lieferanten (Lieferant A) ebenso sicher planen, wie die der zuverlässigeren Lieferanten (Lieferant B). Im finalen Prognosemodell werden die Lager einzeln betrachtet und die Wareneingänge tagesgenau bis 3 Monate in die Zukunft prognostiziert. Der Erfolg zeigt sich mit einer Steigerung der Prognosegenauigkeit um mehr als 50%.
Die Ergebnisse helfen dem Unternehmen nicht nur bei der besseren Planung des Personals und der Lagernutzung, sondern ermöglicht perspektivisch auch die intelligentere Steuerung von Lieferanten. So könnten zum Beispiel Spitzen in der Auslastung antizipiert und im Vorhinein durch Verteilung der Aufträge geglättet werden.
Und was macht das Westphalia DataLab im Bereich Predictive Analytics?
Wir vom Westphalia DataLab verfolgen die Maxime, dass Künstliche Intelligenz der Schlüssel zu verlässlichen Prognosen ist. Ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit ist die Verbesserung von Forecasts, die in Unternehmen, wenn überhaupt, oftmals rudimentär, mit einem hohen manuellen Aufwand und ohne Berücksichtigung verschiedener Datenquellen verwendet werden. Dank des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz kann eine Verbesserung sämtlicher Prognosen erzielt werden, um beispielsweise Personalkosten zu senken, Umsätze zu erhöhen oder die Kundenzufriedenheit zu steigern. Nähere Informationen zu unseren Leistungen im Bereich Forecasting finden Sie unter: www.westphalia-datalab.com.