In 8 Schritten zum eigenen Balkonkraftwerk

Die Erzeugung elektrischer Energie aus der Strahlung der Sonne ist wohl der direkteste Weg der Stromerzeugung, die wir kennen. Das Prinzip ist uralt und simpel. Es basiert vereinfacht darauf, dass durch Lichtstrahlen Ladungsträger auf molekularer Ebene getrennt werden und so eine Spannung entsteht, die man nutzen kann. Und während Manche noch die Erschaffung von Kernfusionsreaktoren auf der Erde herbeisehnen, sind schon viele Milliarden Kilowattstunden durch das verlässlichste Fusionskraftwerk gewonnen worden, das wir kennen: Die Sonne.

In persönlichen Gesprächen spüre ich zu Beginn dennoch häufig Zurückhaltung, was die Anschaffung einer kleinen, steckerfertigen PV-Anlage, oft auch verkürzt als „Balkonkraftwerk“ bezeichnet, angeht. Doch dafür gibt es keinen Grund. Ich möchte Ihnen aufzeigen, in welchen wenigen Schritten Sie zum Energieerzeuger werden:

  1. Sehen Sie doch mal nach, wo Sie Platz für ein oder zwei PV-Module haben (Maße sind meist um 1,05 m x 1,70 m. Das kann vor Ihrer Balkonbrüstung sein, im Garten, auf der Terrasse, auf dem Garagendach, an der Fassade … letztlich dort, wo die Sonne meistens ungehindert scheint.
  2. Beobachten Sie, ob Sie an einem dieser Plätze einen ausmachen können, der bestenfalls zu keinem Zeitpunkt Schatten abbekommt, Schattenwurf auf PV-Modulen macht Ihnen im späteren Betrieb viel Ertrag zunichte. Verhinderung von Schattenwurf ist wichtiger als die Ausrichtung der PV-Module, die alles von Ost über Süd bis West sein kann, senkrecht oder leicht angeschrägt.
  3. Fragen Sie Ihren Vermieter bzw. bitten Sie Ihre Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) um Erlaubnis, eine steckerfertige Solaranlage montieren zu dürfen. Einige Vermieter, insbesondere Gesellschaften, stellen unangemessene Bedingungen auf, die der Wirklichkeit deutlich hinterherhinken. In einer WEG brauchen Sie derzeit für eine Erlaubnis nur eine einfache Mehrheit, und im Streitfall geben die meisten Gerichte dem überragenden Interesse der Energiewende juristisch den Vorrang, da dürfen Sie ruhig hartnäckig bleiben. Bei einer WEG kann es sich lohnen, Andere ebenfalls für eine solche Anlage zu gewinnen, so ist bei einer Bestellung ein einheitliches Bild wie auch beim Händler ein Preisnachlass zu erreichen.
  4. Gängige PV-Module haben heute in der Regel um die 400 Watt (peak) Leistung. Schauen Sie nach einem hiesigen Händler, vor Ort oder im Netz, der Ihnen ein oder zwei Module (nach dem zur Verfügung stehenden Platz) sowie einen passenden Wechselrichter (800 Watt, softwareseitig gedrosselt auf 600 Watt) und Anschlusskabel mit Schukostecker zu einem akzeptablen Preis anbietet. Manche Händler pflegen sogar schon so genannte „Abholpunkte“, damit Sie die Frachtgebühren sparen können, das kann sich lohnen. Je nach Ort und Art der Aufstellung können Sie bei demselben Händler oder auch an anderer Stelle das passende Montagematerial besorgen. Es gibt vorgefertigte Teile für die Montage am Balkon aber auch für das „Aufständern“ auf dem Garagendach.
    Tipp: Wenn Sie ein Komplettpaket sehen, notieren Sie sich einmal genau die Typen der enthaltenen Komponenten, also PV-Module und Wechselrichter. Suchen Sie nach den Einzelpreisen im Netz und vergleichen Sie die Summe mit dem Preis des Komplettpakets. Hier könnten Sie Einiges sparen.
  5. Während Sie auf Ihre Module warten, können Sie schon die Anmeldungen (ja, aktuell noch zwei) durchführen. Die eine ist beim Marktstammdatenregister (online), die andere machen Sie mit denselben technischen Daten (Anzahl und Leistung der Module, Leistung des Wechselrichters) bei Ihrem Messstellenbetreiber, zumeist ist das Ihr lokaler Netzbetreiber. Von diesen Netzbetreibern gibt es annähernd 900 in Deutschland, und es gibt unter ihnen sehr tolerante und manche mit unnötiger Widerspenstigkeit. Viele haben derweil ein eigenes Anmeldeformular auf ihrer Internetseite, Sollte Ihr Messstellenbetreiber bspw. darauf bestehen, dass Sie vor dem Tausch Ihres vielleicht alten Stromzählers Ihre Anlage nicht in Betrieb nehmen dürfen, können Sie nach §5 MsBG kostenlos den Messstellenbetreiber wechseln.
  6. Es ist alles eingetroffen? Fein, dann geht es an die Montage. Nehmen Sie sich am besten eine weitere Person zur Hilfe, denn ein Modul wiegt mit dem Aluminiumrahmen durchaus um die 20 kg. Für die Montage vor der Brüstung gibt es runde oder eckige Haken, mit denen die Module an der Seite, die dann oben an der Brüstung sein soll, ausgestattet werden. Mit den Haken an der Oberkante ausgestattet kann man die Module über die Brüstung heben und gleich im Anschluss sichern, damit ein Abstürzen unmöglich wird. Achten Sie darauf, dass jedes Modul schließlich an vier Punkten stabil und sehr sicher an der Brüstung hält, im Zweifel muss die Konstruktion auch mehreren Stürmen standhalten können, die durch den Klimawandel statistisch immer stärker werden. Achten Sie auch auf Ihre eigene Sicherheit, lieber ein Sicherungsseil beim Montieren zu viel verwenden als ein Herabfallen riskieren.
  7. Positionieren Sie Ihren Wechselrichter am vorgesehenen Platz hinter der Brüstung, auch er sollte sicher, bestenfalls sonnengeschützt und etwas luftig montiert sein. Das Modul oder die Module können nun an den Wechselrichter angeschlossen werden, die Stecker passen da nur in eine „Richtung“, daher an der Stelle nur keine Furcht. Schließlich können Sie als krönenden Abschluss mit dem An-schlusskabel den Wechselrichter mit der Schukosteckdose verbinden, und nach wenigen Augenblicken wird Ihnen das grüne, blinkende Licht am Gerät anzeigen, dass Sie in diesem Moment zum Energieerzeuger aufgestiegen sind :) Sollten Sie mit der Fensterdurchführung gearbeitet haben, weil sich draußen keine Schukosteckdose befindet, positionieren Sie natürlich Ihren Wechselrichter im Innenbereich und schließen diesen dort an eine Schukosteckdose an. Auch hier achten Sie bitte darauf, dass er im Betrieb warm wird und an einem entsprechend luftigen Ort gesetzt werden sollte.
  8. Dieser Punkt ist schon optional, aber ich persönlich bin ein glühender Anhänger von der Beobachtung dessen, was ich da an Strom produziere: Mit einer einfachen Energiemesssteckdose, wie sie schon für grob 20 Euro erhältlich ist, kann man im Browser auf dem eigenen Handy und mit wenigen Handgriffen im heimatlichen WLAN zu jeder Zeit sehen, wie viel elektrische Energie gerade „reinkommt“. Zum Teil bekommen Sie vom Hersteller der Messsteckdose auch tages-, teilweise sogar stundenbasierte Statistiken.

Und jetzt? An dieser Stelle können Sie sich erstmal ein Lieblingsgetränk Ihrer Wahl nehmen, betrachten Sie ruhig mit angemessener Zufriedenheit Ihr Werk, ab jetzt sind Sie aktiver Teil der einst verschleppten und nun beschleunigten Energiewende!

Oft höre ich in Gesprächen, dass es eine gewisse Scheu gebe, so etwas anzuschließen, oder ob sich denn so eine kleine Anlage überhaupt lohne. In beiden Fällen kann ich nur beruhigen: Abgesehen von der Montage, die mit Sorgfalt ausgeführt sein sollte, ist das Anschließen und die Inbetriebnahme einer steckerfertigen Solaranlage weit einfacher als die Inbetriebnahme eines aktuellen Kaffeevollautomaten. Zur brennenden Frage, ob sich das lohne: Definitiv! Bei Anschaffungskosten von 450-700 Euro für zwei Module nebst Wechselrichter sowie Montagematerial und Einsparungsmöglichkeiten von 80-100 Euro pro Jahr und einer Lebensdauer von Jahrzehnten bei solchen PV-Modulen können Sie selber schnell überschlagen, ab wann sich so eine Anlage rechnet. An der Stelle finde ich es zuweilen schon drollig, dass nur wenige Menschen zögern, sich für 1.000 Euro ein neues Mobiltelefon anzuschaffen, das unterm Strich keinerlei Einsparung nach sich zieht.

Wenn Sie nun noch bedenken, dass heute schon die ersten Stromtarife erhältlich sind, die einen stundenaktuellen Preis pro verbrauchter Kilowattstunde beinhalten, sind noch viel größere Einsparpotentiale möglich. Darüber und über die Option, elektrische Energie daheim zu speichern, schreibe ich Ihnen in einem anderen Artikel. Viel Freude Ihnen bei der Erzeugung Ihres eigenen Stroms!

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