Stephan Penning: Change Management als permanente Aufgabe

Was sind Anforderungen an den modernen Geschäftsführer?

Die Rolle als Kulturentwickler

Stephan Penning, Berater des Mittelstands und von Konzernen, betont zunächst die überragende Bedeutung der Unternehmenskultur innerhalb des Change Managements – und ihre direkte Verbindung zur Chefetage. Ein CEO müsse nicht nur als Navigator, sondern auch als Kulturentwickler fungieren. "Kultur ist die Summe der Gewohnheiten", erklärt er. Daher sei es wichtig, die bestehenden Gewohnheiten zu hinterfragen und diejenigen zu fördern, die zentral für die Zukunft des Unternehmens sind. „Was davon hilft uns gar nicht mehr weiter, was bedeutet das für unsere Rollen?“ Eine Lösung müsse dabei immer beinhalten, dass sich diese Kultur weiterentwickelt. Hierzu müsse er auch mit den anderen diskutieren. „Denn Kultur – die kann er nicht allein entscheiden“, betont Penning.

Mitarbeiter einbeziehen und motivieren

Damit rückt ein weiterer Aspekt in den Fokus: das Einbeziehen und Motivieren aller Mitstreiter. Denn laut Penning bestehe auf der Mitarbeiterebene oft keine definierte Mitverantwortung für Veränderungen für Veränderung. Das liege daran, dass die Angestellten schlichtweg nicht aktiviert werden. Sie sehen somit meist nur ihre Aufgabe im Umsetzen vorgegebener Ziele. „Die neue Rolle der Führungskräfte in dem Prozess muss daher bedeuten, diese Eigenverantwortung anzusprechen und stärker darüber nachzudenken, wie ich meine Mitarbeiter aktiviere und mit den unternehmerischen Zielen verbinde?“

Denn seine Erfahrung aus 15 Jahren Penning Consulting ist: Viele Mitarbeiter sind hochmotiviert und bereit zu Veränderungen. Doch oft erfahren sie keine Rückkopplung. Die Folge ist dann Frust. Entscheidend sei es deshalb, dass der Geschäftsführer systematisch die zweite Ebene der Führungskräfte anspricht und anleitet – und darüber indirekt die anderen Mitarbeiter. Denn ohne sie geht im Unternehmen nun einmal nichts.

Der CEO geht beim Wandel voran

Treten wir einen Schritt zurück. Worum geht es beim Change Management überhaupt? Für Penning eine nur vermeintlich banale Frage: „Denn so sehr sich die Herangehensweisen und Umsetzungsformen beim Change Management unterscheiden, haben sie doch ein Ziel: ein Unternehmen zukunftsfähig zu machen.“ Die Fähigkeit, Veränderungen aktiv anzugehen, ist daher für einen modernen CEO unerlässlich. An dieser Stelle warnt Penning davor, Veränderungen ausschließlich als Reaktion auf externe Faktoren zu betrachten. Vielmehr sollten Geschäftsführer aktiv Korrekturen und Verbesserungen initiieren und organisieren. Dazu gehört auch, sich zu hinterfragen.

"Wandel beginnt beim CEO selbst", betont er. „Die Resonanz sei dann wie ein Echo im Gebirge.“ Ändere der der Geschäftsführer seinen Stil nicht, wird er immer die gleichen Reaktionen hervorrufen. Schließlich lief es so in den vergangenen XX Jahren so. „Verändere ich aber meine Rolle, bekomme ich auch eine andere Resonanz, andere Reaktionen und Aktionen. Geschäftsführer müssen also tief in die Organisations- und in die Personalentwicklung gehen – und das machen die wenigsten“, zieht Penning ein Zwischenfazit.

Penning unterstreicht dabei, dass Change ein fortlaufender Prozess ist, der nicht mit einer Kampagne, einem Meilenstein oder der aufgeschreckten Reaktion auf ein äußeres Ereignis abgeschlossen ist: „Change erfordert kontinuierliche Anpassungen; gerade auch, wenn man beim Wandel vorwegmarschieren möchte. Unternehmen müssen lernen, sich ständig an neue Situationen anzupassen", sagt er. Und dies erfordere nicht nur die grundsätzliche Bereitschaft zur Veränderung, sondern dafür auch die richtigen Strukturen zu schaffen.

Planung und Reifegradmodelle

Penning erklärt, dass viele Unternehmen zu schnell mit bestimmten Themen beginnen, ohne die damit verbundenen Prämissen zu berücksichtigen: „Wenn ich mich wandeln will, etwa von einem familiengeführten Unternehmen hin zu einer professionellen mittelständischen Unternehmung – welche Themen muss ich dann wann und wie in welcher Reihenfolge anfassen, um so eine Transformation sinnhaft zu gestalten und zu bewerkstelligen. Das ist zentral.“

Oft fangen die meisten viel zu schnell mit Themen an, die bestimmte Prämissen erfordern. „Keiner würde doch sagen: Ich habe 20 Kilogramm zu viel – und ich will jetzt Marathon machen. Da kann ich auch nicht einfach am nächsten Tag loslaufen. Vielmehr muss ich mir einen Trainingsplan geben, wie man innerhalb von anderthalb Jahren dahinkommen kann“, sagt er.

Ein effektiver Change-Plan erfordere eine strukturierte Herangehensweise und die Berücksichtigung von Reifegradmodellen, ein zentrales Element in Pennings Beratungstätigkeit, das wiederum stark die Rolle des Geschäftsführers definiert. Reifegradmodelle – in Anlehnung an Laloux – beschreiben verschiedene Entwicklungsstufen der Organisation eines Unternehmens, die sich unter anderem darin unterscheiden, wie viel der Chef vorgibt und in Führungsarbeit und Coaching steckt, über wie viel Freiheiten Mitarbeiter und Teams verfügen, sie eher einfache oder komplexe Tätigkeiten ausüben und welchen Anteil Projektarbeit und Alltagsgeschäft ausmachen. Die für Penning relevantesten Reifegradmodelle sind die Stufen 2 bis 4:

• 2: Standardisiert, rational, Symbol: Behörde
• 3: Modern, leistungsorientiert, Symbol: Maschine
• 4: Postmodern, pluralistisch, Symbol Familie

Übergreifendes Ziel ist, effektiv auf die Marktherausforderungen zu reagieren. Obwohl es sich dabei um Entwicklungsstufen handelt, betont Penning, dass damit keine Wertung verbunden ist. Schließlich müsse ein – angestrebter höherer – Reifegrad immer auch zum Unternehmen, dem Geschäftsmodell, der Größe, der Kultur und den verfügbaren Mitarbeitern passen. Jede Form habe ihre Berechtigung. Auch inhabergeführte Unternehmen, die auf den alleinigen Führungsanspruch zugeschnitten sind, können erfolgreich sein – allerdings eher in stabilen als dynamischen Märkten. Grob gesagt: Je wachstumsorientierter, leistungsbereiter und innovativer eine Organisation aufgestellt sein muss/ möchte, desto höher muss die Entwicklungsstufen sein, um effizient zu funktionieren und die Kunden zufriedenzustellen. Besonders in volatilen Märkten.

Der Kern: Führungsqualität

Schließlich läuft all dies auf Führungsqualität zu – der zentrale Punkt eines CEO-Anforderungsprofils, wie Penning ausführt: „Ich muss Führung als Gestaltungsfaktor begreifen – der zu mehr Mitdenken und letztlich zu mehr Leistung führt bei den Führungskräften und Mitarbeitern, sie zur Umsetzung bringt.“ Das sei der Kern von Führungsqualität, und der CEO müsse hier der Ermöglicher sein und seinen Leuten gegebenenfalls folgende Fragen stellen: „Was brauchst du, damit du diesen Prozess mitgehen kannst? Wie kann ich dich dabei unterstützen, wie kommst du zusätzlich in deine Selbstmotivation?“ Dass muss die Führungskraft als essenziellen Teil seiner Aufgabe begreifen und hier Verantwortung übernehmen.

Geht es nach Penning, sind die Anforderungen an einen Geschäftsführer im modernen Unternehmensumfeld vielschichtig – und durchaus herausfordernd: Von der Gestaltung der Unternehmenskultur über die Mitabeiterentwicklung bis hin zur Gestaltung des Change – ein erfolgreicher CEO muss eine Vielzahl von Kompetenzen jenseits des Fachlichen beherrschen, immer entlang dem Reifegrad. Letztendlich ist es die Fähigkeit, zu navigieren, Veränderungen anzunehmen und aktiv zu gestalten, die über die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet – ja darüber, ob das Unternehmen zukunftsfähig ist. Die moderne Rolle des Geschäftsführers ist damit existenziell.

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