Digitalisierung in der Innenarchitektur

Interview mit Dirk Böckstiegel, Head of Business Development der Palette CAD AG

Wirtschaftsforum: Herr Böckstiegel, Palette CAD hat sich als digitales Tool für die Planung von Innenräumen einen Namen gemacht – welches Anwenderspektrum decken Sie mit Ihrer Software ab?

Dirk Böckstiegel: Generell arbeiten alle planenden und ausführenden Gewerke mit unseren Lösungen – vom Innenarchitekten, der die entsprechenden Räumlichkeiten plant, visualisiert und im Rahmen der daran anschließenden Prozesse immer wieder an den neuen Entwicklungsstand anpasst, über Fliesenleger, Sanitärinstallateurinnen, Tischler und Schreiner, die mit der Umsetzung der gestalterischen Konzepte betraut sind, bis hin zum Raumausstatter, der die ästhetischen und funktionalen Ansprüche im jeweiligen Objekt in Einklang bringen muss. Um all diese Anwenderinnen in ihrem Geschäftsalltag bestmöglich unterstützen zu können, bieten wir ferner weitreichendere Lösung zum Vertrieb der entsprechenden Produkte an.

Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen gehen mit diesem branchenübergreifenden Ansatz einher?

Dirk Böckstiegel: Um in all diesen Gewerken in der obersten Liga mitspielen zu können, müssen wir natürlich zu jeder Branche ein umfassendes Fachwissen in unserem Unternehmen vereinen und zudem ein umfangreiches Netzwerk pflegen, damit wir stets das Ohr an den aktuellen Marktbedürfnissen haben. Schließlich muss uns stets im Detail bekannt sein, wie heute Bäder gestaltet werden, welches Raumgefühl von den Endkonsumentinnen erwartet wird, welche Wirkung von verschiedenen Lichtsituationen ausgeht, wie Möbelkonstruktion in unterschiedlichsten Kontexten funktioniert und auch welche Herausforderungen bei eher technischen Themen wie der Maschinensteuerung bestehen, damit das, was von den Architektinnen geplant wird, schließlich auch umgesetzt werden kann. Jede Branche hat dabei ihre eigenen spezifischen Anforderungen und macht zudem unterschiedliche Entwicklungen durch – Palette CAD ist dafür verantwortlich, diese Vielfalt kohärent in der digitalen Welt abzubilden.

Wirtschaftsforum: Ihr Unternehmen ist schon seit 1994 im Markt aktiv – damals wahrscheinlich noch mit deutlich begrenzteren technischen Möglichkeiten.

Dirk Böckstiegel: Schon in den ersten Jahren unserer Firmengeschichte haben wir auf ein dreidimensionales CAD-System gesetzt und damit einen ganz anderen Ansatz als viele unserer Marktbegleiter verfolgt. Damals wurde gerade der Weg von der Bleistiftzeichnung zur 2-D-Digitalzeichnung beschritten, insofern waren wir zu dieser Zeit schon etwas weiter als der allgemeine Trend. Aber natürlich konnten wir mit den damaligen dreidimensionalen Gestaltungsmöglichkeiten – etwa einem Quader, der mit einer Textur belegt werden konnte und in dieser Form beispielsweise einen Schrank symbolisieren sollte – nicht im Ansatz die Anschaulichkeit bieten, mit der wir unsere Kunden heute unterstützen können.

Wirtschaftsforum: Vor wenigen Wochen hat Apple eine neue Virtual-Reality-Brille vorgestellt – weist diese Technologie auch den Weg in die Zukunft von Palette CAD?

Dirk Böckstiegel: Die Möglichkeiten einer immersiven dreidimensionalen Darstellung von Räumen sind längst Realität. Schon vor acht Jahren haben wir – damals noch mit Oculus Rift – eine eigene VR-Software entwickelt, mit der man sich in Echtzeit in einem virtuellen Raum bewegen konnte, um ihn so entsprechend erlebbar zu machen. Auch an dieser Stelle sind wir unseren Überzeugungen treu geblieben und haben eine eigenständige Technologie entwickelt, anstatt auf den Unterbau von großen Playern aufzusatteln. Das neue Produkt von Apple ist sicherlich der nächste Schritt bei der weiteren Verbreitung dieser Technologie hin zu den Endverbrauchern und bedeutet auch für uns eine signifikante Weiterentwicklung – aber keineswegs das Ende der Fahnenstange.

Wirtschaftsforum: Wo sind dann gerade die wirklichen Innovationen zu finden?

Dirk Böckstiegel: Ich gehe stark davon aus, dass es in Zukunft möglich sein wird, visuelle 3D-Prozesse nahtlos mit der eigentlichen Fertigungssteuerung zu verknüpfen, ohne dass dabei durch das manuelle Eingreifen von Menschen unnötige Fehlerquellen entstehen, die die Produktionsprozesse langwieriger, aufwendiger und kostspieliger machen. Eine Änderung, die der Endkunde oder der Architekt im 3-D-Modell ausführt, wird dann unmittelbar und automatisch die Herstellungsabläufe im jeweiligen Werk verändern, damit die neue Idee schnellstmöglich zur Umsetzung gebracht werden kann.

Wirtschaftsforum: Wie verändert sich dabei die Rolle der Anwenderinnen Ihrer Software?

Dirk Böckstiegel: Die Mehrzahl unserer Nutzer arbeitet in handwerklichen Berufen. Wir sprechen hier also von Menschen, die primär etwas erschaffen wollen, anstatt sich mit den Details von komplexer digitaler Technologie zu beschäftigen. Deshalb bleibt es unser Ziel, Handwerkerinnen und Architekten auf eine möglichst einfache Art bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen, damit sie ungestört ihrem Beruf nachgehen können und die hierzu erforderlichen kreativen, wie praktischen Freiräume erhalten. Wir sehen uns als Unternehmen deshalb gerne als ein wichtiges Werkzeug im Werkzeugkasten professioneller Anwender. Digitalisierung ist schließlich kein Selbstzweck, sondern muss einen konkreten Mehrwert schaffen – und daran hängt auch ein großes Stück Vertrauen. Denn unsere Anwenderinnen verlassen sich darauf, dass wir auf die richtige Technologie setzen, moderne praktikable Lösungen entwickeln und visionär nach vorne gehen, um alle realisierbaren Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Dieser Erwartungshaltung weiter gerecht zu werden, ist zugleich essentiell, um unsere Marktpositionierung dauerhaft aufrechterhalten zu können. Schließlich erleben wir gerade eine spannende Konsolidierungsphase, in der viele mittelständische Software-Unternehmen von den großen marktbestimmenden Playern aufgekauft werden. Wir möchten hingegen auch perspektivisch unabhängig bleiben und uns weiterhin mit unseren mittelständischen Werten im Markt bewegen.

Palette CAD AG
Behlesstraße 9-11
70329 Stuttgart
Deutschland
+49 711 95950
+49 711 9595250
info(at)palettecad.com
www.palettecad.com

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Aktuellste news

Werte erhalten trotz Inflation: Sinnvolle Strategien für die privaten Finanzen

Werte erhalten trotz Inflation: Sinnvolle Strategien für die privaten Finanzen

Die Inflation geht für viele Haushalte mit einem schleichenden Gefühl des Verlusts einher: Das Geld auf dem Konto verliert an Kaufkraft und die Preise für alltägliche Ausgaben steigen schneller, als…

Resilient trotz Cyberangriff - Best Practices für Cyber Resilience als organisatorisches Gesamtkonzept

Resilient trotz Cyberangriff - Best Practices für Cyber Resilience als organisatorisches Gesamtkonzept

Im Online Panel am 07.Oktober 2025, 14-15 Uhr, gewinnen Sie Einblick in bewährte Ansätze, um die Cyber Resilience Ihres Unternehmens zu verstehen und zu verbessern: Best Practices, erprobte Methoden und…

Ohne Resilienzstrategie verliert Ihr Unternehmen täglich bis zu 250.000 Euro und Sie merken es nicht einmal

Ohne Resilienzstrategie verliert Ihr Unternehmen täglich bis zu 250.000 Euro und Sie merken es nicht einmal

Mentale Erschöpfung bleibt in Unternehmen oft unbemerkt, kostet aber täglich immense Summen. Fehlentscheidungen, zähe Prozesse und stille Überforderung summieren sich schnell – laut aktuellen Analysen auf bis zu 250.000 €…

Aktuellste Interviews

Eine Vision für den gesamten Lebenszyklus der Immobilie

Interview mit Stephan Pernkopf, Head of Sales & Marketing der ADOMO Group

Eine Vision für den gesamten Lebenszyklus der Immobilie

Als breit aufgestellter Immobiliendienstleister begleitet die ADOMO Group den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden – von der Reinigung über Hausverwaltung und Maklertätigkeit bis hin zu Energiemanagement, ESG-Bewertung und Sicherheitstechnik. Im Gespräch…

„Möbel muss man anfassen, fühlen, ausprobieren“

Interview mit Michael Kösters, Geschäftsführer über Möbel Ewald Kösters GmbH

„Möbel muss man anfassen, fühlen, ausprobieren“

Michael Kösters ist in einem Möbelhaus groß geworden – wortwörtlich. Heute führt er die Möbel Ewald Kösters GmbH in dritter Generation. Im Gespräch erzählt er, warum er trotz starker Konkurrenz…

Stark in steilem Gelände

Interview mit Ing. Johannes Loschek, Consultant der MM Forsttechnik GmbH

Stark in steilem Gelände

Die MM Forsttechnik GmbH mit Sitz im steirischen Frohn­leiten entwickelt hoch spezialisierte Seilgerätetechnik für die Holzbringung in anspruchsvollem Gelände. Entstanden aus dem heute größten privaten Forstbetrieb Österreichs, verbindet das Unternehmen…

TOP