„Mittelstand wird kaputt gemacht“
Interview mit Christian Neyer, Geschäftsführer und Inhaber der stahlotec GmbH
Mit 145 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zwölf Millionen EUR ist stahlotec ein erfolgreiches, weltweit agierendes mittelständisches Unternehmen. Geschäftsführer und Gründer Christian Neyer blickt heute auf die Anfänge vor mehr als zwei Jahrzehnten zurück: „2002 haben wir als klassische Bastelgarage mit dem Teilebau angefangen. Zwei Jahre später haben wir unsere erste CNC-Drehbank gekauft. 2006 kam der erste Schweißroboter, 2012 der zweite.“ Seit 2017 ist das Unternehmen an seinem heutigen Firmensitz in Hagen ansässig, ein Teil der Produktion befindet sich noch in Osnabrück.
„Langfristig soll sie aber nach Hagen umziehen“, erklärt Christian Neyer. stahlotec ist ein klassischer Dienstleister mit einem breiten Produktportfolio. So wird die Landwirtschaft mit Schweißbaugruppen beliefert, Bergbau und Mining mit Produkten für den Verschleißschutz, Stahlwerke und die Deutsche Bahn mit Kühlsegmenten, der Rohrleitungsbau mit Druckbehältern, Rohrleitungen und Mess- und Regelstrecken. „Die additive Fertigung ist ein wichtiges Thema für uns“, erklärt der Geschäftsführer. stahlotec konzentriert sich auf die Produktion und Fertigung. Entwickelt werden die Produkte gemeinsam mit den Kunden.
Bürokratie schadet dem Mittelstand
In vielen Bereichen ist stahlotec Spezialist und entsprechend wertgeschätzt. Oft ist das Unternehmen gefragt, wenn andere abwinken. „Immer wenn die anderen sagen ‘das können wir nicht’, sagen wir ‘wir machen das’. Gerade im Bereich der Schweißtechnik sind wir so aufgestellt, dass wir flexibel und schnell auf alle Herausforderungen reagieren können“, erzählt Christian Neyer. Der gelernte Schlosser, der nach seiner Ausbildung auf der Abendschule das weitere Handwerkszeug für die Unternehmensführung erlernte, sieht die Lage der Wirtschaft in Deutschland aktuell kritisch: „Die deutsche Wirtschaft wird immer reglementierter. Die Bürokratie ufert wahnsinnig aus und ist sehr komplex. Alles wird auf dem Rücken des Mittelstands ausgetragen. Damit wird der Mittelstand kaputtgemacht. Hier muss dringend etwas passieren, sonst droht uns in Deutschland der Wohlstandsverlust.“
Weniger Arbeit für mehr Geld
Ein Thema, das fast alle Kunden, aber auch stahlotec selbst, beschäftigt, ist der Fachkräftemangel. Christian Neyer hat in den vergangenen Jahren eine deutlich veränderte Einstellung zur Arbeit wahrgenommen. Er berichtet: „Die Menschen stellen an den Arbeitgeber immer mehr Anforderungen bei immer weniger Leistung. Viele wollen weniger arbeiten und mehr verdienen. Das funktioniert in unserer globalisierten Welt aber nur bedingt.“ Er spricht noch ein weiteres aktuelles Problem an: „Im Markt herrscht viel Unsicherheit, besonders in Bezug auf Förderungen. Das verhindert Investitionen.“ Die Kunden von stahlotec achten zunehmend auf Nachhaltigkeit, berichtet der Geschäftsführer weiter. „Man merkt hier den politischen Druck“, sagt er. Das Thema liegt auch ihm selbst am Herzen. Deshalb hat stahlotec frühzeitig in autarke Energiegewinnung investiert. „Dadurch haben wir die Energiepreiskrise gut überstanden“, so Christian Neyer. Darüber hinaus bietet das Unternehmen einen Retrofit-Service an. Schweißteile können somit aufgearbeitet werden und müssen nicht verschrottet werden.
Konkurrenz durch ausländische Löhne
stahlotec ist in erster Linie auf dem deutschen Markt vertreten, einige Kunden haben ihren Sitz aber auch im arabischen und asiatischen Raum sowie in Kanada. Die Produktion ist heute ohne Automatisierung nicht mehr denkbar. „Dann wären wir nicht wettbewerbsfähig“, ist sich Christian Neyer sicher. Er erklärt, warum: „Wir konkurrieren mit viel geringeren Stundenlöhnen im Ausland. Das lässt sich nur durch Automatisierung auffangen.“ Er sieht sein Unternehmen mitten im Digitalisierungsprozess und in dieser Entwicklung mehr als nur eine Notwendigkeit: „Digitalisierung ist meine Leidenschaft. In ihr liegt die Zukunft.“
Junge Menschen begeistern
Der Grund für den Erfolg seines Unternehmens liegt laut Christian Neyer vor allem in der breiten Aufstellung und der damit verbundenen Unabhängigkeit von einzelnen Branchen und Kunden. Ein weiterer Aspekt sei die Wertschätzung, die den Mitarbeitern entgegengebracht wird. Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, werden häufig Ausbildungsmessen genutzt. „Generell nutzen wir Messen vor allem für das Personalmarketing, weniger für die Neukundengewinnung“, berichtet er. Das Unternehmen bildet selbst aus und versucht, junge Leute für seine Berufe zu begeistern. In den kommenden Jahren möchte Christian Neyer die Digitalisierung und Automatisierung vorantreiben und die Produktionsabläufe weiter optimieren. Der Standort in Hagen soll zudem weiter ausgebaut werden. Abschließend verrät der Geschäftsführer, woraus er seine Motivation für seine tägliche Arbeit zieht: „Mein Antrieb ist die Wertschätzung von meinem Team und von den Kunden.“
stahlotec GmbH
Heideweg 8a
49170 Hagen a.T.W.
Deutschland
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