Ruhe. Weite. Inspiration.
Interview mit Helko Riedinger, Geschäftsführer der Camp Reinsehlen Hotel GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Riedinger, Sie sind seit 15 Jahren Geschäftsführer des Hotel Camp Reinsehlen. Welcher Weg hat Sie hierher geführt?
Helko Riedinger: Ich bin klassisch ausgebildeter Hotelfachmann, habe später internationales Hotelmanagement in Hamburg studiert und viel im Ausland gearbeitet, auch auf Schiffen. Letztlich hat mich aber die Familie wieder in die Lüneburger Heide zurückgebracht, wo ich meine Ausbildung begonnen hatte. Seit 2010 bin ich nun hier im Camp Reinsehlen – und das mit großer Freude.
Wirtschaftsforum: Das Camp Reinsehlen hat eine außergewöhnliche Geschichte. Können Sie diese kurz zusammenfassen?
Helko Riedinger: Ja, sie ist wirklich besonders. Ursprünglich war das hier ein Militärflugplatz, später eines der größten Flüchtlingslager Deutschlands, danach ein britisch-kanadischer Stützpunkt. Sogar die Queen war hier einmal zur Parade. Nach dem Abzug wurde das Gelände vollständig renaturiert. 1998 fand hier eine Großveranstaltung mit dem Dalai Lama statt. Daraus entstand die Idee, ein Hotel zu errichten. 1999 eröffnete das Haus mit 27 Zimmern. Heute haben wir 91 Zimmer und 13 Veranstaltungsräume.
Wirtschaftsforum: Das Hotel liegt inmitten eines Naturschutzgebietes. Wie prägt das Ihren Alltag?
Helko Riedinger: Nachhaltigkeit ist für uns kein Marketingthema, sondern Teil unserer DNA. Schon beim Bau wurde das Hotel bewusst in die Landschaft integriert. Wir leben diesen Gedanken seit jeher – in ökologischer, sozialer und ökonomischer Hinsicht. Unser Gelände grenzt direkt an eine geschützte Magerrasenfläche, auf der seltene Vögel wie die Feldlerche brüten. Von April bis Oktober darf niemand die Fläche betreten. Das nehmen wir selbstverständlich ernst.
Wirtschaftsforum: Wer sind Ihre Gäste?
Helko Riedinger: Etwa zwei Drittel unseres Geschäfts entfallen auf Veranstaltungen, also Seminare, Workshops oder Klausuren. Wir sind spezialisiert auf intensive Formate, bei denen Menschen konzentriert arbeiten, sich persönlich weiterentwickeln oder kreativ denken wollen. Die Ruhe und Weite des Ortes unterstützen das enorm. Das andere Drittel sind Individualreisende – wir nennen sie liebevoll ‘Ruhesuchende und Naturliebhaber’. Das sind Menschen, die abschalten und runterkommen, vielleicht einfach in Ruhe ein Buch lesen oder einfach in die Heide radeln wollen.
Wirtschaftsforum: Wie grenzen Sie sich von klassischen Urlaubshotels ab?
Helko Riedinger: Wir sind kein Wellnesshotel im üblichen Sinn. Es gibt bei uns keine Massagen oder riesige Spa-Bereiche. Dafür bieten wir Sauna, Dampfbad, viel Natur und echtes Wohlbefinden, eine Art Wellbeing inmitten der Heide. Unsere Gäste können Fahrräder leihen, Kutschfahrten unternehmen oder Yogakurse buchen. Alles kann, nichts muss. Was uns besonders auszeichnet ist kurz gesagt Natur, Ruhe und Weite. Oder, wie es in unserem Claim heißt: Ruhepol. Denkzentrum. Naturraum. Diese Kombination macht uns einzigartig – und sie ist spürbar, sobald man hier ist.
Wirtschaftsforum: Krisen und Coronazeit haben viel verändert. Bei Ihnen auch?
Helko Riedinger: Durchaus. Wir haben gelernt, uns breiter aufzustellen und uns nicht zu abhängig von einzelnen Kunden zu machen. In der Coronazeit war plötzlich das Individualreisegeschäft unser Rettungsanker. Umgekehrt trägt heute wieder der Tagungsbereich stark. Diese Mischung macht uns resilient. Bei den Buchungen gibt es heute zwei Extreme: Die einen buchen sehr früh, die anderen immer kurzfristiger. Insgesamt ist die Planbarkeit schwieriger geworden. Trotzdem haben wir durch unser spezielles Angebot mit dem Fokus auf Natur, Weite und Ruhe noch immer eine solide Vorlaufzeit. Etwa 50 bis 60% unserer Buchungen erfolgen mehr als ein halbes Jahr im Voraus.
Wirtschaftsforum: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Helko Riedinger: Wir wollen das Hotel weiterentwickeln, ohne seine Seele zu verändern. Der Fokus liegt auf Qualität und Authentizität. Wir setzen auf persönlichen Service statt Standardisierung und möchten das Erlebnis für unsere Gäste noch runder machen, mit zusätzlichen Ruhezonen und neuen Ideen in der Gestaltung. Konkrete Bauprojekte gibt es derzeit nicht, aber viele Konzepte liegen schon in der Schublade.
Wirtschaftsforum: Eine persönliche Frage zum Schluss: Was liegt Ihnen als Unternehmer besonders am Herzen?
Helko Riedinger: Ganz klar unsere Mitarbeiter. Ohne sie funktioniert kein Hotel. Wir haben rund 80 Beschäftigte aus vielen Ländern, davon zahlreiche Auszubildende. Für sie mieten wir Wohnungen, helfen bei Behördengängen, bei der Bank – bei allem, was nötig ist, damit sie gut ankommen. Wir sprechen hier nicht über Benefits, sondern über echte Wertschätzung. Wenn Mitarbeiter sich wohlfühlen, spüren das auch die Gäste. Das ist für mich das Fundament unseres Erfolgs.









