Wirtschaftsforum: Herr Müller, die erler gmbh hat sich mit innovativen Lösungen rund um die Automatisierungstechnik einen Namen gemacht, ist eng mit der Region verbunden und gleichzeitig weltweit unterwegs. Wie kam es dazu?
Michael Müller: erler ist ein klassisches Familienunternehmen, das 1995 von Alois Erler gegründet wurde und sich zunächst auf Steuerungstechnik konzentrierte. Mit den Söhnen und heutigen Geschäftsführern Holger und Jochen Erler wurde dieser Weg mit den Geschäftsbereichen Maschinentechnik und Verfahrenstechnik fortgesetzt. Langsames und gesundes Wachstum stand immer im Vordergrund, auch heute.
Wirtschaftsforum: Wie kam es zum Wechsel von der Steuerungstechnik zur Automation und Robotik?
Michael Müller: Roboterprogrammierung wird schon länger im Leistungsportfolio der Firma erler angeboten. Ich bin 2018 als Schwager in das Unternehmen eingetreten. Mit meinem Eintritt wurde der Maschinenbau ins Portfolio aufgenommen, um weitere Wertschöpfung ins Haus zu holen mit dem Ziel, wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine weitere wichtige Weichenstellung war 2022 die Gründung der robotextile gmbh. Während erler branchenübergreifend in der Steuerungs- und Automatisierungswelt tätig ist, verfolgen wir mit robotextile das Ziel, die Textilindustrie zu automatisieren. Bei weltweit steigenden Lohnkosten und sinkenden Roboterpreisen muss es möglich sein, in noch nicht automatisierten Branchen einen Return on Investment zu erzielen. Durch Automatisierung der Textilien und der Bekleidung wollen wir das Ziel einer transparenten Textilproduktion zurück nach Europa unterstützen und somit Near- und Reshoringprojekte ermöglichen.
Wirtschaftsforum: Wie sehen die Automatisierungslösungen konkret aus?
Michael Müller: Wir haben verschiedene Greifer zum Vereinzeln und Automatisieren von biegeschlaffen Teilen entwickelt, mit dem sich unterschiedliche Faserstoffe und Textilien zuverlässig und wirtschaftlich trennen lassen. Das Feedback der Textilindustrie war enorm und unsere Lösung schnell international im Gespräch. Wir starteten mit einem Reshoring-Projekt für C&A, bei dem es um Roboterzellen für die Bestückung von Nähmaschinen ging. Ein weiteres Projekt wurde für die Firma Vaude realisiert; mit sechs Robotern wurde die Produktion für Fahrradtaschen automatisiert. Mit diesen Lösungen haben wir viel Innovation in die Textilbranche gebracht, was gerade angesichts des Arbeitskräftemangels wichtig ist.
Wirtschaftsforum: Kommen wir auf das Gesamtportfolio zu sprechen. Wo liegen hier die Schwerpunkte?
Michael Müller: Dank unseres großen Softwareteams und unserer Expertise in den Bereichen Elektrokonstruktion und Schaltschrankbau sind wir in der Lage, Gesamtlösungen anzubieten. Wichtige Eckpfeiler sind Steuerungstechnik, Greiftechnik, Robotik und Retrofit; hier unterstützen wir unsere Kunden auch bei kleinen Projekten mit unserem Service und können so jahrzehntelange Kundenbeziehungen aufbauen. So gehören heute z.B. Montageanlagen in der Medizintechnik, automatisiertes Be- und Entladen in der spanenden Industrie bis hin zur Steuerung verfahrenstechnischer Anlagen in der Chemie oder Pharmazie zu unseren Projekten.
Wirtschaftsforum: erler ist seit jeher ein Familienunternehmen, das eng mit der Region verbunden ist. Hat sich die Aufstellung bis heute verändert?
Michael Müller: erler ist seit der Gründung in Dormettingen, in der Region Neckar-Alb ansässig; hier sind 53 Mitarbeiter tätig. Die Geschäftsführung besteht heute aus Jochen und Holger Erler und mir; jeder Geschäftsführer ist für ein technologisches und ein innerbetriebliches Gebiet verantwortlich. Jochen Erler ist für den Bereich Maschinentechnik sowie Controlling und Projektleitung zuständig, Holger Erler für Verfahrenstechnik und Personalwesen, ich für Maschinenbau, Vertrieb und Marketing.
Wirtschaftsforum: Sie betonten, dass erler ein Familienunternehmen ist, das ein gesundes, langsames Wachstum anstrebt. Welche Werte prägen das Unternehmen?
Michael Müller: Wir pflegen sehr enge, auf Langfristigkeit ausgelegte Beziehungen zu unseren Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten. Durch ein partnerschaftliches Verhältnis zu unseren Mitarbeitern haben wir eine sehr geringe Fluktuation und Mitarbeiter, die seit fast 30 Jahren bei erler arbeiten.
Wirtschaftsforum: Dieses Jahr feiert erler sein 30-jähriges Bestehen. Gibt es Pläne oder Visionen für die Zukunft?
Michael Müller: Wir sind fest davon überzeugt, dass in sämtlichen Branchen automatisiert werden muss, was automatisiert werden kann, um Produktionsstandorte in Deutschland, der DACH-Region und Mitteleuropa zu halten. Deshalb raten wir auch kleinen Familienunternehmen in der Region, nicht-wertschöpfende Prozesse zu automatisieren. Wir bewegen uns auf einem sehr schnelllebigen Markt mit immer neuen Innovationen und Technologien; hier müssen wir uns in verschiedene Technologien einarbeiten, um Experte zu werden. Auch Themen wie digitaler Zwilling und KI werden uns herausfordern. Vor allem werden wir weiterhin Überzeugungsarbeit leisten, damit die Akzeptanz für die Automatisierung weiter wächst. Robotik und Automation rauben keine Arbeitsplätze, sondern schaffen Arbeitsplätze. Zur Implementierung neuer Technologien muss im produzierenden Gewerbe der Change Management-Prozess strategisch umgesetzt und diese Produkte eingeführt werden. Kunden sollen auch weiterhin Vertrauen in unsere Leistung und Innovationskraft setzen können.
erler gmbh
automation . robotik
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