Für unvergessliche Fahrten durch die Schweiz
Interview mit Thomas Baumgartner, Direktor der Appenzeller Bahnen AG
Jährlich reisen 6,3 Millionen Menschen mit den Appenzeller Bahnen durchs Appenzellerland und das Murgtal. Auf einem Schienennetz von 94,8 km werden pro Tag etwa 6.800 km zurückgelegt. Dabei ist eine Fahrt mit den Appenzeller Bahnen immer ein besonderes Erlebnis.
„Wir sind eine innovative, kulturorientierte Privatbahn“, so Direktor Thomas Baumgartner. „Von unserem Grundverständnis her sind wir professionell und leistungsstark, und nicht mit einer Bundesbahn zu vergleichen. In Sachen Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sauberkeit sind wir ganz weit vorne. Damit sind wir in der Schweiz eine der bedeutendsten Marken.“
Lange Tradition
Mit der Gründung der Appenzeller Bahnen AG im Jahr 2006 ist das Unternehmen vergleichsweise jung, kann jedoch auf fast 150 Jahre Geschichte zurückblicken. Die ersten Linien Rorschach Hafen-Heiden und Winkeln-Herisau-Urnäsch wurden 1875 in Betrieb genommen. Mit der Appenzeller Bahn 1986, der Bergbahn Rheineck-Walzenhausen 1896 und der Trogenbahn 1903 kamen weitere Bahnen hinzu. Diese fusionierten im Jahr 2006 zur Appenzeller Bahnen AG. Mit der Frauenfeld-Wil-Bahn stieß im Juni 2021 eine fünfte Bahn zu den Appenzeller Bahnen, die heute die viertgrößte Meterspurbahn in der Schweiz ist.
„Die Appenzeller Bahnen haben ein hohes Entwicklungspotenzial“, sagt Thomas Baumgartner, der seit 2012 für die AB tätig ist. „Wir haben die Fahrzeuge modernisiert sowie in die Verbesserung des Angebots und Modernisierung der Infrastruktur investiert. Die verschiedenen Stromsysteme sowie die drei verschiedenen Spurbreiten waren eine große Herausforderung, aber wir haben es geschafft, die Infrastruktur zu vereinheitlichen.
Malerische Landschaften
Mit dem Bodensee und der Stadt St. Gallen, die seit 1983 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und als quirliges Zentrum der Ostschweiz ein ganzjähriger Kulturklassiker ist, sind die Appenzeller Bahnen in einer attraktiven Region unterwegs. Insgesamt sechs Bahnlinien führen durch vier Kantone und verbinden nicht nur die Stadt mit dem Land und das Land mit der Stadt, sondern bieten besondere Erlebnisse dank der unterschiedlichen Bahnen im Marktraum Bodensee, Thur und Alpstein.
Neben der Strecke durch die Stadt St. Gallen ist die historische Zahnradbahn eine außergewöhnliche Erfahrung. Die Zahnradbahn auf der Linie Rorschach-Heiden mit den offenen Aussichtswaggons aus dem Jahr 1875 führt die Menschen entlang des Bodensees auf eine Zeitreise durch die malerische Landschaft. Neben den Strecken, die durch die wunderschöne Landschaft der Schweiz führen, ist auch das Design der Züge ein Highlight für viele Bahnreisende.
„Als Eisenbahngesellschaft sind wir in einer Umgebung zuhause und haben nicht einfach nur einen Beförderungsauftrag“, erläutert Thomas Baumgartner, der das Eisenbahngeschäft von der Pike auf gelernt hat. „Wir leben in einem Umfeld und dieses Umfeld wollen wir in unserem unternehmerischen Handeln mit berücksichtigen. Deshalb passt zum Beispiel das Design der Züge zum Lebensumfeld in unserem Marktgebiet. Wir leben, arbeiten und wohnen in der Region, können uns dort bilden und einkaufen. Aus diesem Grund gibt es eine enge Vernetzung zu den anderen Infrastrukturunternehmen, Bildungseinrichtungen sowie dem Gewerbe.“
Grundstein für die Zukunft
Im Jahr 2025 feiern die Appenzeller Bahnen ihr 150-jähriges Jubiläum. Die lange Tradition ist für das Unternehmen jedoch alles andere als ein Grund, sich darauf auszuruhen. Die digitale Transformation ist ein starker Fokus in den nächsten Jahren. Der Betrieb hat bereits viele Prozesse digitalisiert, zum Beispiel wird der Fahrbetrieb durch Leittechnik gelenkt und die Bahninfrastruktur basiert auf diversen Steuerungen. Auch die Energieversorgung, Kommunikationssysteme und Kundeninformationssysteme arbeiten mit digitaler Technik.
„Die Möglichkeiten, die uns die Technik bietet, werden uns weiterhin beschäftigen“, bemerkt der Bahndirektor. „Hier beschäftigen wir uns mit administrativen Prozessen, Fahrassistenzsystemen, Diagnosesystem sowie Technologien, um die Kundenbeziehungen noch weiter zu verbessern. Außerdem planen wir die erste, vollautomatische Adhäsions- und Zahnradbahn der Welt für die Strecke Rheineck-Walzenhausen. Da sind wir gerade in der Projektierungsphase, 2026 soll der Bau beginnen. Im Jahr 2018 haben wir eine Neubaustrecke in St.Gallen in Betrieb genommen und damit die Linien Trogen-St.Gallen und Appenzell-St.Gallen zusammengeführt. Gleichzeitig haben die Appenzeller Bahnen 16 neue Zugskompositionen in Betrieb genommen. Durch die Stärkung des Freizeitverkehrs, eine vielseitige Produktpallette in Zusammenarbeit mit touristischen Leistungsträgern sowie der schrittweisen Verbesserung des Angebots durch Taktverdichtungen wollen wir uns als attraktive Vorortsbahn noch weiterentwickeln. Damit legen wir den Grundstein für die Zukunft der Appenzeller Bahnen.“