Karriereplanung | Anti-Ruhestand-Ratgeber

Wirtschaftsforum: Frau Leitner, es scheint, dass der Traum vom sorgenfreien Rentnerdasein nicht mehr ungeteilte Zustimmung findet. Wie sehen Ihre Erfahrungen dazu aus?

Madeleine Leitner: Ich erlebe in meiner täglichen Arbeit tatsächlich viele Leute aus der Generation der über 50- und 60-Jährigen, die mit dem klassischen Bild von Ruhestand nicht viel anfangen können. Die haben unheimlich viel Freude an ihrem Beruf und wollen weitermachen. Sie sind überhaupt nicht an einer Ruhestandsplanung interessiert, sondern daran, ihr weiteres Leben auch anhand der Arbeit sinnvoll zu gestalten. Damit meine ich ausdrücklich keine ehrenamtliche Tätigkeit oder einen 450-EUR-Job.

Wirtschaftsforum: Wie kann so eine Veränderung aussehen?

Madeleine Leitner: Ich spreche hier von „Job-Sculpting“. Dabei wird die Arbeit an die Bedürfnisse des Menschen angepasst. Was gefällt, bleibt erhalten, was nicht, wird gestrichen. Das ist gerade bei Menschen, die über Jahren hinweg einen Beruf ausüben, eine sinnige Maßnahme. Ich hatte jüngst eine Klientin, die mit über 60 Jahren ihren Job auf den Prüfstand gestellt hat. Dabei stellten wir fest, dass ihr nicht der Job an sich, sondern einzelne Bereiche keinen Spaß mehr machten. Da haben wir nachjustiert und so Frustquellen behoben. Ein anderer Punkt sind natürlich auch berufliche Lebensträume.

Wirtschaftsform: Was hält denn die Menschen überhaupt davon ab, so lange zu arbeiten wie sie wollen?

Madeleine Leitner: Das ist eine Mischung aus vielen Punkten. Einer davon ist sicherlich das historische Bild der Rente, das bis heute nachhallt. Im 19. Jahrhundert war die Rente eine Grundsicherung für körperlich erschöpfte oder kranke Arbeiter. Davon sind wir heute mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung bei etwa 80 Jahren bei beiden Geschlechtern weit weg. Die Leute sind fit und wollen aktiv sein. Dann gibt es noch gesetzliche Aspekte, durch die der Renteneintritt nahegelegt wird. Was zudem fehlt, ist die Wertschätzung vom Know-how der älteren Arbeitnehmer. Wobei ich da ein Umdenken, auch bei Unternehmen, beobachte.

Interview: Markus Büssecker | Fotos: Madeleine Leitner

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