Innovationen gefällig? Nutzen Sie die Hilfe von außen

Wirtschaftsforum Expertin: Anne M. Schüller

Die Digitalisierung dreht sich inzwischen dermaßen schnell, dass man ihr kaum noch allein und mit eigenen Bordmitteln Herr werden kann. Zunehmend gehen fortschrittliche Unternehmen bei Innovationsprozessen über die Firmengrenzen hinaus und aktivieren externes Expertenwissen – vor allem das der jungen Generation.

Die damit verbundenen Ziele: Perspektivenwechsel, frische Impulse, Bereicherung, Optimierung, Neuausrichtung. Vor allem geht es um eine Öffnung der bislang internen Transformationsaktivitäten, um fit für die Zukunft zu werden. Herausforderungen, die in der eigenen Branche bestehen, wurden anderswo ja vielleicht schon gelöst.

Wie sich Transformation und Disruption unterscheiden

Es muss nicht gleich ein Start-up oder eine Ausgründung sein. Auch die punktuelle Zusammenarbeit mit Externen ist bei Pioniervorhaben gut geeignet. Externe durchbrechen überholte Routinen und machen die Dinge sehr anders, viel besser, ganz neu. Die Änderungsdynamik kann dabei in zwei Richtungen gehen:

• Schritt-für-Schritt-Optimierungen im Sinne von Change,

• Musterwechsel im Sinne von Transformation und Disruption.

Zum Verständnis der Unterschied zwischen Change, Transformation und Disruption:

Change-Maßnahmen wollen Existierendes verändern, verbessern und weiterzuentwickeln, vergleichbar mit einem Chamäleon, das je nach Umgebung seine Hautfarbe wechselt, um sich besser anzupassen.

• Bei der Transformation geht es um einen Umwandlungsprozess, also um die Entstehung von etwas Neuem, vergleichbar mit einem Schmetterling, der sich vom Ei über die Raupe zu einem bezaubernden Wesen entwickelt.

• Bei einer Disruption wird ein bestehendes Geschäftsmodell, eine bekannte Technologie, eine übliche Dienstleistung oder eine tradierte Kategorie durch eine auftauchende Neuheit abgelöst und (fast völlig) verdrängt. So, wie in einem plötzlich veränderten Umfeld das Landsäugetier die Dinosaurier ausstach.

Vor allem für Transformations- und Disruptionsprozesse ist eine „Frischzellenkur“ durch Außenstehende geradezu ideal.

So organisieren Sie einen „Disrupt me“-Workshop

Bahnbrechend neue Produkte, Services oder Geschäftsmodelle lassen sich sehr gut in sogenannten „Disrupt me“-Workshops entwickeln. Dazu laden Sie eine größere Zahl junger Menschen aus der Szene der jungen Unternehmen verschiedener Branchen zu sich ein. Aufgabe der Teilnehmer ist es, nach Wegen zu suchen, um Sie disruptiv zu zerstören. Hierbei stellen Sie zunächst ihr derzeitiges Geschäftsmodell vor.

Danach erfolgt in kleinen Gruppen ein Brainstorming, um Angriffsideen zu entwickeln. Diese werden anschließend priorisiert. Die interessantesten Ideen werden zur weiteren Bearbeitung ausgewählt. Im Rahmen von Präsentationen, neuerdings Pitches genannt, treten die Teilnehmergruppen gegeneinander an. Idealerweise wird bereits am gleichen Abend entschieden, was davon umgesetzt wird, damit nichts versandet.

So arbeiten Sie mit Innovation Labs zusammen

Innovative Projekte kann man auch mit Innovationslabs zusammen entwickeln. Sie sind eine „Blutauffrischung“ für gealterte Organisationen und ein Jungbrunnen für neue Ideen. So kann man zum Beispiel in den InnovationLabs.Berlin ein Nano Lab buchen. Dabei stellt man zunächst sein zu bearbeitendes Projekt vor. Daraufhin wird eine Gruppe aus Gründern, Künstlern, Kreativen, Designern, Coaches, Studierenden und Experten aus unterschiedlichen Disziplinen zusammengestellt.

Die Teilnehmer würden sich in dieser Kombination normalerweise nie treffen. Doch genau das macht die richtige Mischung aus. Denn je mehr crossfunktionale Blickwinkel und je mehr Diversität es in einer Gruppe gibt, desto mehr neuartige und zugleich facettenreiche Lösungen sind möglich und kommen zusammen. Die jeweils individuell zusammengestellte Gruppe bearbeitet in einem Tagesworkshop das Projekt und stellt dem Kunden anschließend ihre Empfehlungen vor.

Leiden Sie am Nicht-hier-erfunden-Syndrom?

Leider scheitert solches Vorgehen oft an internen Hürden. Da sind zum einen die Hausjuristen, die vielerlei rechtliche Bedenken haben. Noch destruktiver ist das „Not invented here“-Syndrom, das vor allem die Mitarbeiter aus Entwicklungsabteilungen oder Innovationsprojektteams befällt. Es führt dazu, dass Ideen und Lösungen aus Quellen außerhalb der jeweiligen Gruppe abgelehnt werden.

Hauptgrund ist die Überzeugung, dass Externe „keine Ahnung haben, wie unsere Branche funktioniert.“ Schon allein deshalb könne niemand zu besseren Lösungen kommen als die Experten im eigenen Haus. „Wenn es funktionieren würde, hätten wir das selbst erfunden“, das habe ich schon mehrmals gehört.

Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Betriebsblindheit schränkt den eigenen Horizont ein. Leute von außen hingegen können sich unbedarft, offen und aus völlig anderen Denkweisen heraus an eine Aufgabe machen. Gerade die Nachwuchsinnovatoren haben dabei oft Tools für Lösungsformate parat, die den „alten Hasen“ nicht mal bekannt sind. Genau solche Neuheiten machen Wettbewerbsvorsprünge dann sehr wahrscheinlich.

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