Finanzwelt erklärt: Warren Buffets Börsenerfolge bleiben für Algo-Trader wohl unerreichbar

Teil 13: Warren Buffets Börsenerfolge bleiben für Algo-Trader wohl unerreichbar

Wirtschaftsforum: Herr Mudlack, aktuell werben Vermögensverwalter mit hoher Rendite dank Robo-Advisor. Sind Sie auch schon überzeugter Kunde?

Benjamin Mudlack: Vor ein paar Jahren habe ich einen Versuch unternommen und einem Dienstleister der damals noch recht jungfräulichen Branche eine Chance gegeben. Der von mir getestete Algo-Trader performte in den zwei Testjahren 15% schlechter als der Deutsche Aktienindex. Das hat mich logischerweise nicht überzeugt und ich habe diesen Testballon bildlich gesprochen wieder auf die Erde geholt. Dennoch wird dieser Technologie aufgrund der Effizienz in Bezug auf die Kosten und Risikosteuerung die Zukunft gehören.

Benjamin Mudlack, Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsinformatiker
„Man wird an der Börse für die Risiken, die man eingeht, bezahlt.“ Benjamin Mudlack

Tatsächlich ist für mich das Thema Risikomanagement das zentrale Problem für die meisten Privatanleger. In erster Linie muss man dafür Sorge tragen, das Kapital zu erhalten. Wie wichtig das Risikomanagement ist, verdeutlicht unsere heutige Infografik. Dann braucht man eine „Signalgebung“, die einem ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis ermöglicht und die auf einer Handelslogik basiert. Mit „Signalgebung“ meine ich die Bedingungen, die gegeben sein müssen, damit man eine Handelsaktion eingeht. Wenn man eine Position eröffnet hat, braucht man klar definierte Exit-Szenarien für den Gewinn- und den Verlustfall. Und die gewinnbringenden Handelsaktionen müssen größer sein als die nicht erfolgreichen. Genau das ist mit Chance-Risiko-Verhältnis gemeint. Man wird an der Börse für die Risiken, die man eingeht, bezahlt. Ob eine Handelsidee aufgeht oder nicht, kann kein Marktakteur beeinflussen. Daher sollte er sich auf das konzentrieren, was er beeinflussen kann, nämlich die Konditionen zu denen er aus dem Markt geht.

Mir fehlt bei vielen Anbietern neuer Finanztechnologien die Transparenz wie genau die oben genannten Prozesse ablaufen und wie die Handelslogik zumindest im Ansatz aussieht. Außerdem ist mir wichtig, nicht nur von steigenden Märkten zu profitieren. Auch an dieser Stelle vermisse ich aktuell attraktive Angebote, die für mich logisch nachzuvollziehen sind.

Der ein oder andere mir bekannte Algorithmus handelte einige Zeit hochprofitabel, dann änderten sich die Marktgegebenheiten und plötzlich war der Ansatz nicht mehr profitabel. Das kann auch durch Skaleneffekte ausgelöst werden und war zuvor schon bei sehr erfolgreichen Investmentfonds zu beobachten. Die Fonds hatten eine sehr gute Wertentwicklung, diese wurde publik und die Mittelzuflüsse nahmen zu. Das gestiegene Fondsvermögen konnte aber nicht mehr so gut im Markt platziert werden wie zu der Zeit, als der Fonds klein und gut zu manövrieren war. Der Handelsansatz war nicht skalierbar. Wie skalierbar ist der Ansatz des Robo-Advisors? Eine wichtige Frage! Und natürlich möchte ich einen Anbieter, der unabhängig ist. Im Hintergrund sollte also keine Bank oder Investmenthaus agieren. Solche Interessenskonflikte mit Eigenhändlern sind für mich absolut inakzeptabel.

Benjamin Mudlack, Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsinformatiker
„Der entscheidende Vorteil der Maschine an der Börse ist der Faktor der mangelnden Emotionalität.“ Benjamin Mudlack

Wirtschaftsforum: Wobei wir beim alten Thema Mensch versus Maschine wären. Sie selbst sind seit Jahrzehnten aktiver Anleger. Was haben Sie einem Hochleistungsrechner überhaupt voraus?

Benjamin Mudlack: Ich habe Bärenmärkte erlebt und diese auch erfolgreich gehandelt und überstanden. Für die letzten Jahre waren keine hochtrabenden wissenschaftlichen Risikomodelle erforderlich, um profitabel an den Märkten zu agieren. Was passiert, wenn wir einige Jahre im Rückwärtsgang unterwegs sind? Die Erfahrungen müssen erst noch gesammelt werden. Nach dieser Art Auslese werden wir sehen, welche Finanzdienstleister tatsächlich eine Marktberechtigung besitzen. Auch heute in diesem bullischen Marktumfeld schaffen es viele Robo-Advisor nicht, besser zu rentieren als der entsprechende Vergleichsindex. Während der MSCI World von Januar 2016 bis Ende letzten Jahres circa 20% Wertzuwachs verbuchen konnte, so liegen die Performancezahlen eines führenden Anbieters im Bereich bei gerade mal etwas über 10%.

Der entscheidende Vorteil der Maschine an der Börse ist der Faktor der mangelnden Emotionalität. Die Maschine agiert ohne wenn und aber entsprechend der vorgegebenen Parameter. Das heißt die Positionen werden gemäß Handelsplan eröffnet und geschlossen. Menschen sind emotional, lassen sich von vielen Faktoren beeinflussen und haben auch nicht jeden Tag die gleiche mentale Stärke, die erforderlich ist, um am Markt konstant erfolgreich zu sein.

Für mich persönlich ist die Kombination aus diskretionärem Handel und der IT hochinteressant. Die Algorithmen scannen den Markt und bieten mir als Händler eine Auswahl interessanter Werte, die handelbar wären. Der Händler verfeinert diese Liste und trifft dann die Handelsentscheidung. Die Positionsverwaltung, bestehend aus Risikomanagement und Gewinnmitnahme, übernimmt dann wieder die IT. Läuft eine Position in die gewünschte Richtung können Teilverkäufe und dynamische Risikoanpassungen vollautomatisch und angepasst auf die vorherrschenden Marktbedingungen vorgenommen werden.

Benjamin Mudlack, Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsinformatiker
„Man sollte genau schauen, wer sich hinter dem Anbieter verbirgt und wie es um die Transparenz bestellt ist.“ Benjamin Mudlack

Wirtschaftsforum: Jede neue Technik, auch Algotrader und Robo-Advisor, braucht Zeit um sich zu etablieren. Wie viel Zukunft haben diese Finanztechnologien Ihrer Meinung nach?

Benjamin Mudlack: Finanztechnologien stehe ich absolut positiv gegenüber, wenn sie richtig eingesetzt werden und ausreichend erforscht sind. Sie sind hocheffizient so lange sie dem Menschen dienen und nicht eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Damit meine ich einen Dominoeffekt, der ausgelöst wird, wenn automatisch Verkaufsprogramme greifen, die zum Beispiel der Verlustbegrenzung dienen. Solche Vorgänge nennt man Flash Crash. Einen solchen gab es jetzt am 5. Februar in abgeschwächter Form. Das kann in Zukunft sehr gefährlich werden. Die zugrunde liegende Problematik ist nach wie vor nicht gelöst und ich sehe da akuten Handlungsbedarf. Sollte ein richtiger Crash kommen, könnten wir nahezu ins Bodenlose fallen. Die Risikomodelle der Robos sind ähnlich und wenn von einen auf den anderen Moment massive Verkaufsaufträge platziert werden, dann müssen auf der anderen Seite auch Kaufaufträge sein. Sind diese nicht vorhanden oder schon ausgeführt/abgearbeitet, fallen die Märkte wie ein Stein. Ohne entsprechende Ausführungen können die Robo-Entwickler auch ihre Risikomodelle vergessen. Da hält den Markt gar nichts mehr!

Aktuell kann man in jedem Fall beobachten, wie massiv diese Produkte in den Markt drängen. Die Marketingaktivitäten, egal ob im Fernsehen oder im Social Media-Bereich, sind in der jüngsten Vergangenheit enorm ausgeweitet worden. Man sollte genau schauen, wer sich hinter dem Anbieter verbirgt und wie es um die Transparenz bestellt ist. Ich kann diese Produkte nur empfehlen, wenn sie auch von fallenden Märkten profitieren. Auch etwas komplexere Absicherungsstrategien durch den sinnvollen Einsatz von Optionen sind wünschenswert und wären zumindest eine Teilantwort auf das beschriebene Flash Crash-Problem.

An der Stelle ist der Star-Investor Warren Buffett ein ideales Vorbild. Auch er hat in seiner Karriere einige Bärenmärkte gut überstanden, in diesen Phasen günstig eingekauft und sich permanent durch den Einsatz von Optionen abgesichert und Zusatzerträge generiert. Ob jemals ein Algo-Trader über einen so langen Zeitraum wie Warren Buffet und auch mit dieser exorbitanten Portfoliogröße und Skalierbarkeit erfolgreich sein wird, ist wirklich fraglich. Für den kleinen Privatanleger würde ich es mir wünschen. Bei Einstiegshürden von teilweise über 10.000 EUR sind die Barrieren aber auch für den kleinen Mann recht hoch. Wünschenswert wären unter anderem eine kleinere Mindestkapitalanforderung sowie die Möglichkeit der monatlichen Ansparbarkeit.

Lesen Sie den 14. Teil unseres Expertenwissens "Finanzwelt erklärt":
Deutscher Mittelstand vernachlässigt seine Absicherung total

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