Finanzwelt erklärt: Die Bitcoin-Blase ist geplatzt

Die Bitcoin-Blase ist geplatzt

Wirtschaftsforum: Herr Mudlack, vor etwa einem Jahr zogen Sie einen Vergleich zwischen dem Hype um die Kryptowährung Bitcoin und den großen historischen Finanzblasen. Wie fällt Ihre Bewertung heute aus?

Benjamin Mudlack: Das damals wahrscheinlichste Szenario hat gegriffen und die Blase ist geplatzt. Der Bitcoin hat die Tulpomanie als größte Blasenbildung der Geschichte abgelöst. Ich denke das reicht, um das Ausmaß des Hypes und der Fehlentwicklung zu verdeutlichen. Als wir uns vor etwa einem Jahr unterhielten, hatten wir gerade den Höchststand im Bitcoin bei circa 19.300 USD erreicht. Aktuell wird ein Bitcoin für etwa 3.400 USD gehandelt, was einem Rückgang von über 80% entspricht. Ende 2017 sprachen viele Experten von einem komplett anderen Sachverhalt und lehnten Vergleiche zu früheren Finanzblasen ab. Die Zahlen belegen allerdings das Gegenteil. Viele Privatinvestoren und sogar institutionelle Investoren haben eine Menge Geld verloren.

Aktuell ist es außerdem nicht rentabel Bitcoins produzieren beziehungsweise minen zu lassen. Auch dies drückt den Kurs und führt das System als solches ad absurdum. Basierend auf Verbrauchsschätzungen des anspruchsvollsten Miners, dem Antminer S9i, benötigt ein einzelner Bitcoin etwa 51.000 kWh, was dem Tagesstromverbrauch von 1.700 Wohnhäusern entspricht. Bei einem Standard-Strompreis für Mining-Anlagen von 0,12 USD pro kWh kostet das Mining eines Bitcoins circa 6.100 USD. Von diesem Handelspreis sind wir aktuell weit entfernt und somit ist auch das Mining nicht sinnvoll.

Benjamin Mudlack
„Der Bitcoin hat die Tulpomanie als größte Blasenbildung der Geschichte abgelöst.“ Benjamin Mudlack

Wirtschaftsforum: Zur Unsicherheit bei den Anlegern tragen auch Gerüchte um dubiose Firmen bei, die den Markt für Kryptowährung angeblich kontrollieren. Was ist dran an diesen Schattenmännern?

Benjamin Mudlack: Vermutungen, dass es beim Kryptoboom nicht mit rechten Dingen zugeht, gibt es schon sehr lange. Das Wall Street Journal hat beispielsweise in einer Untersuchung festgestellt, das fast jedes fünfte Kryptounternehmen nach Betrug riecht. Man verwies auf Renditeversprechen von über 1.300% und fiktive Geschäftsführer. Der Erfinder des Bitcoins agiert unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Niemand kann mit Gewissheit sagen, wer sich dahinter verbirgt. Allein dieser Umstand wirft ein fragwürdiges Licht auf die gesamte Szene. Große Entwickler und Forscher unserer Geschichte traten stets transparent auf. In China ist der Bitcoin schon seit längerer Zeit verboten, wird aber noch im Untergrund und auf krimineller Basis gehandelt. Seit Frühjahr dieses Jahres untersucht die US-Börsenaufsicht bis zu 100 Hedgefonds, die mit Krypto-Devisen handeln. Um arglose Anleger wachzurütteln, legte die Behörde sogar selbst einen Fake-Coin auf. Und dann sind da noch die Ermittlungen des US-Justizministeriums, die bereits seit Mai laufen. In diesem Verfahren robben sich die Staatsanwälte laut Bloomberg nun immer dichter ran die Quelle möglicher Kursmanipulation: die weltgrößte Krypto-Börse Bitfinex.

Die AGBs der Cyberwährungsbörsen unterliegen zumeist dem Recht auf Offshore-Inseln wie zum Beispiel der britischen Jungferninseln. Diese Tatsache ist selbstverständlich kein Indiz für Transparenz, sondern spricht eher für eine Verschleierungstaktik der Initiatoren. Auch Experten wie der US-Starökonom Nouriel Roubini vermuten schon lange, dass das Cybergeld nichts weiter ist als ein gigantischer Milliardenbetrug, mit dem der Bitcoin-Kurs künstlich gepusht wurde.

„Experten wie der US-Starökonom Nouriel Roubini vermuten schon lange, dass das Cybergeld nichts weiter ist als ein gigantischer Milliardenbetrug, mit dem der Bitcoin-Kurs künstlich gepusht wurde.“ Benjamin Mudlack
Benjamin Mudlack

Insgesamt gilt es natürlich zu unterscheiden zwischen der Technik und den Währungen. Während die Währungen als sehr kritisch zu beurteilen sind, so halte ich die Technologie als solche für sehr zukunftsweisend. Da werden noch hervorragende bürokratieabbauende Lösungen auftauchen. An der Stelle bieten sich ausgezeichnete Investmentmöglichkeiten. Außerdem gibt es bereits einzelne gelungene Beispiele für Projektfinanzierungen, die mittels Kryptowährungen umgesetzt wurden.

Wirtschaftsforum: Wenn ich jetzt bereits in eine Kryptowährung investiert habe, wie sollte ich mich am besten bei all den negativen Schlagzeilen verhalten?

Benjamin Mudlack: Um eine Investition zu tätigen, muss ich für mich wissen, ob der jeweilige Wert über- oder unterbewertet ist. Außer der verwendeten Rechenleistung steht kein reeller Sachwert zu buche. Der innere Wert eines Bitcoins ist folglich NULL. Das gilt übrigens auch für unsere Geld. Somit ist weder Geld noch der Bitcoin für mich ein taugliches Wertaufbewahrungsmittel.

Natürlich ist es möglich, dass der Bitcoin wie der Phoenix aus der Asche steigt und wir die alten Kurse wieder sehen. Man muss sich bewusst machen, dass der Bitcoin ein Spekulationsobjekt mit gewaltigen Risiken ist. Ein vernünftiges Chance-Risiko-Verhältnis lässt sich für mich nicht ausmachen. Eine Chance als alternative Währung sehe ich ebenfalls nicht. Derjenige, der über das Gewaltmonopol verfügt, hält auch das Geldmonopol in seinen Händen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zentralbankwährung auf kryptologischer Basis ist deutlich größer.

Der ein oder andere Bitcoin-Anleger und Kryptowährungsanhänger weißt durchaus auch Zeichen einer Art Verblendung auf. Der Autor des Bestsellers I Will Teach You to Be Rich , Ramit Sethi, hat sich die Bitcoin-Jünger näher angeschaut und ist zu dem Entschluss gekommen, dass ihre Investitionsentscheidungen grundlegend falsch aufgebaut sind. Er begründet diese Behauptung damit, dass sie bei ihren Investitionen zu sehr emotional involviert sind, anstatt den kalten, analytischen und stets unbefangenen Verstand des Muster-Traders walten zu lassen. Ich teile seine Auffassung, weil sich wie erwähnt kein Chance-Risiko-Verhältnis oder ein fairer Wert ermitteln lässt.

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