Erfolgreiche Unternehmensnachfolge gelingt, wenn Werte, Führungsstil und Kultur zueinander passen

Empirische Daten aus der Praxis belegen, dass 60 bis 70 Prozent der Eigentümerwechsel nicht an wirtschaftlichen, sondern an Faktoren der Unternehmenskultur scheitern. Während fachliche Qualifikationen in der Übergangsphase aufgebaut und Finanzierungsstrukturen verhandelt werden können, erweist sich kulturelle Inkompatibilität als kaum überbrückbar.
Oliver A. Schneider, geschäftsführender Gesellschafter der Scottsdale GmbH und Profi in Sachen Unternehmensnachfolge, formuliert die zentrale Herausforderung: „Wir suchen nicht den erstbesten Käufer, sondern den richtigen Kandidaten. Den passenden Nachfolger, den können wir nur finden, wenn wir das gemeinsam mit dem respektive den bisherigen Inhabern herausarbeiten."
Drei-Ebenen-Modell: Wo zeigt sich kulturelle Übereinstimmung?
Professionelle Nachfolgeberatung beinhaltet einen systematischen Qualifizierungsprozess, der kulturelle Faktoren von Beginn an berücksichtigt. Oliver A. Schneider erklärt den Ansatz: „Wir führen mit jedem Interessenten ein Vorgespräch und arbeiten dabei drei zentrale Kriterien heraus. Erstens betrachten wir die fachliche Eignung. Dabei prüfen wir, ob der Bewerber beruflich oder als Quereinsteiger für die Übernahme geeignet ist und ob er die notwendigen Kenntnisse mitbringt. Zweitens fragen wir die Bonität ab. Hier geht es darum, ob über die finanziellen Mittel für eine solche Investition verfügt wird. Und drittens beleuchten wir die Beweggründe. Wir wollen verstehen, warum das Interesse gerade diesem Unternehmen gilt und welche perspektivischen Intentionen bestehen.“
Ebene 1: Fachliche Eignung als kultureller Indikator
Bereits bei der Prüfung fachlicher Qualifikationen zeigen sich wertbezogene Muster. Dabei ist es ebenso wichtig, ob der Anwärter über Branchenerfahrung oder Transferkompetenz verfügt, als auch, wie er sich zu gewachsenen Strukturen positioniert. Wird Lernbereitschaft und Respekt vor Bewährtem signalisiert? Oder dominiert die Haltung "Ich weiß es besser" und der Drang zur Disruption?
Die Akzeptanz eines unter Umständen mehrjährigen Übergangsprozesses mit systematischem Wissenstransfer ist in diesem Kontext mehr als ein organisatorischer Punkt. Hier offenbart sich die grundsätzliche Haltung gegenüber dem bestehenden Unternehmen und seinen Menschen.
Ebene 2: Finanzierung als Vertrauensbeweis
Auch die Finanzierungsstruktur kann Hinweise darauf geben, wie gut ein Käufer zur Unternehmenskultur und zur langfristigen Ausrichtung passt. Im Kern lassen sich zwei Gruppen unterscheiden, nämlich Investoren, die von Beginn an einen Exit in einigen Jahren planen und das Unternehmen anschließend gewinnbringend weiterverkaufen möchten, sowie Übernahmekandidaten, die langfristig ausgerichtet sind und operativ Verantwortung übernehmen wollen.
Instrumente wie Vendor Loan oder Earn-out sind in diesem Zusammenhang weniger Ausdruck einer "externen Kapitalstrategie" des Erwerbers, sondern vor allem ein Zeichen des Vertrauens des Alt-Unternehmers. Er zeigt damit, dass er an den Käufer, das gemeinsame Konzept und die zukünftige Entwicklung der Firma glaubt. Gleichzeitig gelten diese Strukturen auch gegenüber finanzierenden Banken als positives Signal, weil sie belegen, dass der Verkäufer bereit ist, Risiko mitzutragen und vom Erfolg der Übergabe überzeugt ist.
Ebene 3: Motivation als Schlüsselfrage
Am deutlichsten zeigt sich die Wertekompatibilität bei der Frage nach dem Grund für das Interesse: "Warum speziell dieses Unternehmen?" Substanzielle Antworten zeichnen sich durch intensive Auseinandersetzung mit der Firmenhistorie, eine klare Vision für die nächsten drei bis fünf Jahre und die explizite Positionierung zur Verantwortung für die Beschäftigten und Standortsicherung aus.
Indizien für mangelnde kulturelle Passung sind dagegen unübersehbar: generische Motivationsschreiben mit Standardformulierungen wie "spannende Marktposition" oder "Wachstumspotenzial", primärer Fokus auf Asset-Verwertung sowie vage und fehlende Ideen zur operativen Integration. Zur Einordnung gehört aber Folgendes: Schweigt ein Interessent zu Themen wie Mitarbeitern, regionaler Verwurzelung oder langfristiger Entwicklung, muss das nicht fehlendes Engagement bedeuten. Es kann genauso gut strategische Zurückhaltung sein. Entscheidend ist daher weniger das bloße Schweigen, sondern ob sich im weiteren Prozess eine substanzielle, langfristige Perspektive zeigt.
Am Ende des systematischen Qualifizierungsverfahrens erhalten die aktuellen Firmeninhaber eine kleine, aber feine Auswahl der regelmäßig bis zu 200 Anfragen. „Wir stellen sicher, dass Unternehmer nur mit qualifizierten und ernsthaften Kaufinteressenten in Kontakt kommen.", betont Schneider.
Methodisch-konsequente Analyse kultureller Passung
Um die Übereinstimmung von Werten und Prinzipien der jetzigen mit der künftigen Unternehmenskultur festzustellen, werden vier aufeinander aufbauende Phasen durchlaufen:
Phase 1 beginnt mit der Durchsicht und Interpretation schriftlicher Interessensbekundungen.
Schon bei der Wortwahl offenbaren sich Haltungen: Spricht ein Kandidat von "Mitarbeitern" oder von "Humanressourcen"? Liegt der Fokus ausschließlich auf Zahlen oder werden auch Menschen und Firmenkultur thematisiert? Sind die formulierten Absichten substanziell und spezifisch oder erschöpfen sie sich in allgemeinen Floskeln?
Phase 2 ist die Kontaktaufnahme via telefonischer Vorgespräche.
Hier zeigt sich, wie intensiv sich der Interessent tatsächlich mit dem Betrieb beschäftigt hat. Seine Fragen verraten, was ihn wirklich interessiert. Worüber zuerst gesprochen wird, gibt Aufschluss über die Prioritäten.
Phase 3 bringt Berater, Unternehmenseigner und Anwärter persönlich zusammen.
In diesem entscheidenden Stadium werden nonverbale Signale, Gesprächsdynamik und zwischenmenschliche Chemie beobachtet. Die Rückfragen des Kandidaten zeigen, was ihn wirklich bewegt. Seine Reaktionen auf Geschichten aus der Unternehmenshistorie offenbaren echtes Interesse oder lediglich formelle Höflichkeit.
Phase 4 vertieft die Prüfung mittels weitergehender Zusammenkünfte.
Der gemeinsame Rundgang durch den Betrieb liefert bereits früh wertvolle Eindrücke. Die Belegschaft bleibt dabei außen vor, ebenso die zweite Führungsebene. Der Interessent verschafft sich einen Überblick über Strukturen, Abläufe und Substanz des Unternehmens. Dabei zeigt sich, mit welchem Blick er auf das Bestehende schaut. Den vertieften Austausch mit Mitarbeitenden und erweitertem Management gibt es typischerweise erst nach Vollzug der Übergabe. Umso wichtiger ist, dass der Käufer vorab konkrete Zukunftsszenarien skizziert. Welche Prioritäten setzt er? Strebt er behutsame Weiterentwicklung an oder eine Neuausrichtung? Wie begründet er das?
Oliver A. Schneider unterstreicht den kollaborativen Charakter dieses Prozesses: „Essenziell für uns ist, gemeinsam mit dem bisherigen Unternehmer zu agieren. Das bedeutet: Klären, was dem Inhaber wirklich wichtig ist. Definieren, welche Werte nicht verhandelbar sind. Identifizieren, wo Flexibilität besteht. Und miteinander beurteilen: Passt es menschlich?”
Warum Kultur mindestens den Stellenwert des Kaufpreises besitzt
Im Bereich der Unternehmensnachfolge geht es heutzutage nicht mehr primär darum, wer den höchsten Preis bezahlt, sondern wer den Betrieb mit den richtigen Grundsätzen weiterführt. Ein Übernehmender mit der passenden kulturellen Ausrichtung sichert Beständigkeit, Mitarbeiterbindung und langfristigen Firmenwert. Ohne diese Grundlage drohen hingegen Fluktuation sowie damit Know-how-Verlust durch Abwanderung von Schlüsselpersonen als auch nachhaltige Reputationsschäden.
Ein gelungener Weitergabeprozess sichert mithin mehr als nur den materiellen Unternehmenswert. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Kontinuität statt radikalem Umbruch, Bewahrung der Firmenkultur durch Wertschätzung, Erhalt von Arbeitsplätzen statt aggressiver Optimierung. Und schließlich die Würdigung des Lebenswerks des bisherigen Unternehmers durch ein respektvolles Fortführen.
„Wir helfen, Unternehmen zu einem fairen Preis an die richtigen Personen zu übergeben, mit Diskretion, Empathie und Struktur. Gleichzeitig nehmen wir emotionale Last, schaffen Vertrauen im Umfeld und sorgen dafür, dass das Erreichte mit Achtung fortgesetzt wird.", fasst Schneider den Maßstab der Scottsdale GmbH zusammen.
Systematische Qualifizierung macht den Unterschied
„Uns geht es nicht um den schnellen Abschluss, sondern um die Ermittlung des richtigen Übernahmekandidaten, der langfristig zum Betrieb passt." Oliver A. Schneider kommt immer wieder auf dieses Leitmotiv zurück. Hier manifestiert sich der Unterschied zwischen einer reinen Transaktion und einer aussichtsreichen Zukunft.
Eine gelungene Firmenübergabe setzt sich aus mehr zusammen als der sachlichen Bewertung von Betriebsvermögen und einem nachvollziehbaren Finanzierungskonzept. Dreh- und Angelpunkt ist, dass Werte, Führungsstil und kultureller Habitus von Verkäufer und Nachfolger übereinstimmen. Hier macht systematische Qualifizierung den Unterschied aus, zum Wohl aller.





