American Food
Warum US-Küche immer mehr deutsche Verbraucher begeistert

Die Deutschen und die US-Küche: Ein Verhältnis im Wandel
Einen kulinarischen Austausch zwischen alter und neuer Welt gab es schon, seitdem letztere durch Kolumbus und ähnliche Persönlichkeiten wiederentdeckt wurde. Immerhin verdanken wir diesen Entdeckungsreisen unter anderem die hiesige Etablierung der Kartoffel und der Tomate.
Was jedoch speziell Deutschland und die USA anbelangt, handelte es sich lange Zeit um einen ziemlich einseitigen Austausch – vornehmlich das, was Auswanderer aus Deutschland in die neue Heimat mitbrachten. Zwar gab es am Rhein schon nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) US-Besatzungstruppen. Auch wanderten immer wieder Menschen von dort nach Deutschland ein. Das war jedoch zu wenig, um hier einen kulinarischen Impakt zu hinterlassen.
Gänzlich anders wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945). Ab dessen Ende geschahen mehrere Dinge in Folge:
• Die US-Besatzungszone war diesmal deutlich größer und umfasste mehr Amerikaner. Zudem verblieben nach der Besatzungszeit große US-Garnisonen.
• West-Deutschland wurde aufgrund des aufziehenden Kalten Krieges nicht zuletzt kulturell stärker an den Westen gebunden – wo die USA eine Führungsrolle besaßen.
• Im Zuge der Verbreitung von Fernsehen, Auslandsreisen und später Internet kamen immer mehr Deutsche mit den USA in Kontakt – und dadurch ebenso ihren lukullischen Eigenheiten.
Allerdings: Noch bis in dieses Jahrtausend herrschte bei vielen deutschen Verbrauchern diesbezüglich eine gewisse Geringschätzung, teils ein regelrechter Snobismus gegenüber US-Speisen vor. Dies betraf zwar die gesamte US-Küche, zeigte sich aber insbesondere bei den Ansichten über amerikanisches Brot, Bier, Süßwaren, Convenience-Produkte sowie Fastfood.
Eine gewisse Rolle dürften dabei hierzulande operierende US-Fastfood-Ketten gespielt haben. Für viele Deutsche waren sie der einzige Kontakt mit amerikanischen oder amerikanisch geprägten Speisen. Da es sich dabei nicht gerade um Haute Cuisine handelt, entstand bei vielen der irrtümliche Eindruck, US-Essen wäre generell von geringer Qualität, sei unkreativ, einseitig und könne nur durch übertriebenen kalorischen Gehalt überzeugen.
Es ist wohl zum großen Teil der Globalisierung, stark steigender Fernreisetätigkeit und dem Internet zu verdanken, dass diese Einstellungen von immer weniger Deutschen getragen werden. Dazu einige Zahlen:
• 1980 besuchten lediglich 0,68 Millionen (West-)Deutsche die USA.
• 2011 war der Wert auf 1,87 Millionen gestiegen.
• 2019 bereisten 2,06 Millionen Deutsche die USA.
• 2023 taten es bereits im ersten Quartal 0,32 Millionen – obwohl es keine klassische Reisezeit ist und in den USA noch bis Anfang Mai nur vollständig gegen COVID Geimpfte einreisen durften.
• Für 2024 wird erwartet, durch Überschreiten der 2-Millionen-Marke wieder an vorpandemische Erfolge anknüpfen zu können.
Selbst, wenn viele dieser Reisenden „Wiederholungstäter“ sind, so kommen dennoch Jahr für Jahr mehr Deutsche live mit US-Cuisine in Kontakt und stellen fest – viele der Klischees stimmen ganz und gar nicht. Vielmehr gelten ganz andere Dinge:
„Schmeckt nicht“ gibt’s nicht
Sehr viele landestypische Küchen sind nicht etwas für jeden ausländischen Gaumen oder erschließen sich erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit. Die USA sind in dieser Hinsicht ein völlig anderes Kaliber. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass viele Küchen (mehr dazu im Folgekapitel) dort auf Geschmäcker und Zutaten setzen, die deutschen Zungen, wenn nicht schon vertraut, dann doch wenigstens kompatibel vorkommen.
Naturgemäß mögen einige Zutaten wie etwa frittierte Okra oder Kreuzkümmel eine Ausnahme sein. Im Prinzip können sich jedoch sehr viele Deutsche mit der absolut genussorientierten Herangehensweise amerikanischer Küche identifizieren.
Dazu trägt ebenfalls die Geschichte der USA bei. Hier konnten sich niemals derartige Stände entwickeln wie in Europa. Im Gegenteil, einige der bekanntesten und beliebtesten US-Gerichte, etwa die „Dreifaltigkeit des Barbecues“ (Pulled Pork, Spareribs, Beef Brisket) sind Erfindungen der Arbeiterschicht.
Zudem darf man auch in der Küche nicht die Geschichte der USA als gigantischer Schmelztiegel von Herkunftsländern und Kulturen vergessen. Im Prinzip läuft es auf folgendes Prinzip hinaus:
Millionen von Einwanderern brachten ihre Rezepte mit in die USA. Im Lauf der Zeit vermischte sich alles miteinander – übrig blieb nur, was einer großen Masse wirklich mundete.
Anders formuliert: In Amerika erfolgte eine riesige Küchen-Evolution oder -Selektion, bei der nur das bestehen konnte, was wirklich schmeckt – und zwar beinahe jedem.
Das ist nicht zuletzt ein Erfolgsgarant für deutsche Gastronomen. Insbesondere im Rahmen von durchdachten Events, wie sie besonders zum Super Bowl hervorragende Umsätze bescheren können, gibt es faktisch keine Möglichkeit, mit einer gastronomischen Auswahl Made in USA jemanden verstimmen zu können. Ganz gleich ob Philly Cheese Steak, Kentucky Wings, California Rolls, New York Style Pizza, Southern Fried Chicken oder ein ähnliches Gericht: Nur wenige Menschen würden derartige Köstlichkeiten ablehnen.
Die Liste der Speisen haben wir übrigens mit Absicht gewählt. Denn sie gibt einen weiteren Hinweis darauf, warum US-Food so erfolgreich ist:
US-Küche ist kein Singular
Die meisten Leser dürften wissen, wie massiv sich beispielsweise die oberbayerische von der pfälzischen Küche unterscheidet – und diese wiederum von der norddeutschen Küche. Nicht nur in Deutschland taten hingegen viele über Jahre so, als wären die ganzen großen USA eine kulinarische Einheit – bestimmt von Cola, Hamburgern, Hot Dogs und Chicken Nuggets.
Erst in jüngerer Zeit setzt sich eine wichtige Erkenntnis durch: Es gibt tatsächlich nur wenige andere Länder, die so viele und vielfältige regionale Küchen besitzen. Ein enorm wichtiger Grund ist die ungleiche regionale Verteilung der US-Bevölkerung je nach Herkunftsländern.
Im Südwesten der USA, wo sehr früh schon Lateinamerikaner einwanderten, dominieren dementsprechend süd- und mittelamerikanisch geprägte Gaumenfreuden. An der Westküste hingegen, wo unter anderem besonders viele Asiaten siedelten und siedeln, erblühte dementsprechend eine eigene Form von Asian-American Cuisine. Im Südosten hingegen sind die französischen, karibischen und afrikanischen Einflüsse „unüberschmeckbar“. Selbst, wenn wir uns nur auf die größten bzw. wichtigsten US-Küchen konzentrieren, ergibt das eine lange Liste:
• Cajun
• Chinese American
• Creole
• Greek American
• Italian American
• Mexican American
• Moromon Foodways
• Native American
• Pennsylvania Dutch
• Soul Food
• Texan
• Tex-Mex
Tatsächlich gibt es nicht weniger als sechs Regionalküchen – Northeastern, Mid-Atlantic, Southern, Western, Southwestern und Midwestern. In jeder davon gibt es weitere regionale Ausprägungen. So unterteilt sich allein die Northeastern Cuisine in New England, New Jersey, New York und Philadelphia Cuisines.
Von diesen wiederum gibt es weitere Unterteilungen. Was sich nur in der New Yorker Küche alles befindet, genügt völlig, um sich als Gourmet ein Leben lang zu spezialisieren – etwa allein das, was Brooklyns Neighborhood Flatbush an jamaikanischen, haitianischen und kreolischen Genüssen hervorgebracht hat.
Das bedeutet für die US-Küche: Eine gigantische Vielfalt, wo für jeden etwas dabei ist und das Risiko, etwas gar nicht zu mögen, extrem gering ist. Wer sich an dieser Stelle übrigens an oft gehörte Kritiken erinnert, wonach US-Küche ungesund sei und qualitativ eher minderwertig, der sitzt höchstwahrscheinlich einer leider häufigen Verallgemeinerung auf:
In den USA sind aus verschiedenen Gründen Convenience-Foods günstiger als frische Zutaten. Dementsprechend gibt es viele Convenience-Varianten von klassischen US-Speisen, die in der Tat voller Geschmacksverstärker, Zucker und gesättigten Fettsäuren stecken. Dies aber als Kritik an der gesamten US-Küche anzubringen, wäre in etwa so, als würde man eine eigentlich recht gesunde deutsche Erbsensuppe verdammen, weil das Pendant aus der Dose häufig voller ungesunder Zutaten steckt.
US-Küche in Deutschland – was Unternehmer tun können
Dementsprechend lautet einer der wichtigsten Tipps an Deutsche Gastronomen: So viel wie möglich nach Rezept kochen und den Convenience-Grad herunterschrauben. Wer allerdings hierzulande mit US-Speisen unternehmerische Erfolge feiern möchte, sollte noch mehr tun:
• So wenig wie möglich auf deutsche Geschmäcker abstimmen. Die meisten Gäste wollen das Original.
• Insbesondere die wirklich relevanten Elemente wie Gewürze, aber ebenso Getränke direkt aus den USA beziehen. Internationale Versionen unterscheiden sich oft geschmacklich – selbst bei Cola ist das der Fall, weil die USA Maiszucker nutzen, Euro-Abfüller hingegen Rohrzucker.
• Die Speisekarte mit der Zeit immer mehr in Richtung weniger hierzulande bekannte Klassiker erweitern. Burger und Co. sind selbst in bester Qualität mittlerweile sattsam bekannt – Fried Crawfish oder Succotash beispielsweise muss man hierzulande hingegen mit der Lupe suchen.
Und sofern es irgendwie möglich ist, sollte in der Küche jemand stehen, der bereits professionell in den USA gekocht hat. Der Unterschied lässt sich buchstäblich schmecken.