Altersarmut: Warum sich die Generation Z ängstigen sollte – und doch so viel ändern kann

Über kaum eine Generation wurden in so kurzer Zeit vermutlich so viele Bücher geschrieben, so viele Artikel verfasst und so viele Reden gehalten wie über die „Gen Z“. Die zwischen 1995 und 2010 geborenen jungen Menschen in Deutschland sind die ersten, die voll im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind. Und die doch zugleich viele Herausforderungen und Probleme ihrer Eltern und Großeltern übertragen bekommen haben – mit Auswirkungen, die sich bereits heute massiv zeigen. Das gilt im Besonderen für die Finanzierbarkeit der Rente.

Die Parität zwischen Beitragszahlern und Beitragsempfängern ist nicht mehr weit

Man muss keinen Leistungskurs im Fach Mathematik besucht haben, um beim Blick auf die Entwicklung des Zahlenverhältnisses von Beitragszahlern zu Beitragsempfängern in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erkennen: Das kann so nicht mehr lange gutgehen. Rechnerisch stehen heute einem Altersrentner 2,1 Beitragszahler gegenüber. Anfang der 1960er-Jahre kamen auf einen Altersrentner dagegen sechs aktiv versicherte Erwerbspersonen. Die Entwicklung verschärft sich weiter: Laut Prognosen der Wissenschaftler vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln kommen bereits im Jahr 2030 auf einen Rentner nur 1,5 Beitragszahler. 2050 könnten es sogar nur noch 1,3 Beitragszahler sein. Kurzum: Die Parität zwischen einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und „seinem oder ihrem Rentner“ dürfte rechnerisch bald erreicht werden.
Die Bundespolitik ist zunehmend alarmiert: längere Lebensarbeitszeit, Einbeziehung der Beamten und Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung, weiteres Absenken des Rentenniveaus, das bereits heute mit 48 Prozent im Schnitt unter dem letzten Nettoeinkommen aus der Erwerbszeit liegt – es liegen viele Vorschläge, aber damit auch politisch sehr heiße Eisen auf dem Tisch.

Warum sich besonders junge Frauen vor der Rentenlücke fürchten

Vor allem die Generation Z ist betroffen – und das gleich doppelt. Sie müssen als aktive Beitragszahler heute und in Zukunft die Rente der vielen Menschen aus der Boomer-Generation bezahlen. Und wissen zugleich heute schon, dass ihre eigene Altersvorsorge auf sehr, sehr wackligen Beinen stehen dürfte. „Die Generation Z steht vor großen Herausforderungen – wirtschaftlich, gesellschaftlich, beruflich. Doch eine Sorge wiegt besonders schwer: die Angst vor Altersarmut. Laut einer aktuellen Studie von MetallRente haben drei von vier jungen Menschen zwischen 17 und 27 Jahren genau davor Angst. Besonders betroffen sind junge Frauen. 82 Prozent von ihnen äußern jene Sorge. Das ist nicht nur eine Zahl, sondern ein Alarmsignal“, mahnt der Finanzcoach und Vorsorgeexperte Ronny Wagner.

Wagner wird seit Jahren nicht müde, die Wichtigkeit einer ergänzenden privaten Vorsorge zu betonen. Was ihn freut und positiv in die Zukunft blicken lässt: „Der Wille zur Vorsorge ist vorhanden. Junge Menschen wollen Verantwortung übernehmen. Aber sie fühlen sich überfordert. 62 Prozent sagen ganz offen, dass sie beim Thema Altersvorsorge den Überblick verlieren. Und wie könnten sie auch, wenn unser Bildungssystem wirtschaftliche Kompetenz weitgehend ignoriert?“ Seit Jahren diskutieren Verantwortliche über ein verpflichtendes Schulfach „Wirtschaft und Finanzen“. Vor genau zehn Jahren machte eine Abiturientin Schlagzeilen, die sich via soziale Medien beschwerte: „Ich hab keine Ahnung von Steuern oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen“ – und damit einer ganzen Generation aus der Seele sprach. Passiert ist vielerorts in vielen Schulen bislang sehr wenig.

„Finanzielle Bildung ist eine Grundkompetenz fürs Leben“

Doch Experten wie Ronny Wagner bleiben dran und mahnen, das Thema ernst zu nehmen: „Finanzielle Bildung ist keine nette Ergänzung zum Lehrplan – sie ist eine Grundkompetenz fürs Leben. So wie Lesen, Schreiben und Rechnen.“ Das gilt besonders für Mädchen und junge Frauen. Diverse Studien aus der jüngeren Vergangenheit zeigen klar auf: Das Altersarmut-Risiko ist bei Frauen höher als bei Männern. Eine vor Kurzem veröffentlichte Studie der Universität Tübingen zeigt, dass die Ursachen dafür in sehr frühen Jahren liegen. Dafür haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Tübingen rund 2.000 Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse an 92 Gymnasien, Real- und Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg befragt.
Zentrale Erkenntnis: Das finanzielle Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen beginnt schon in der Schule. Jungs interessieren sich demnach mehr für Wirtschafts- und Finanzthemen als ihre Mitschülerinnen. Was vermutlich aber eher in der Art der Themenvermittlung liegen dürfte als am Thema an sich, wie der erwähnte Post der Abiturientin aus 2015 zeigt.
Die Folgen des anerzogenen Desinteresses sind gravierend, so die Uni Tübingen: „Frauen entscheiden sich oft für schlechter bezahlte Berufe, investieren seltener in ihre private Altersvorsorge und haben im Alter weniger Geld.“ Neben der stärkeren und anderen Forcierung des Themas „Wirtschaft und Finanzen“ helfen der Generation Z nur klare Botschaften. Erstens: Die gesetzliche Rentenversicherung wird auf eine Basisversorgung zurückschrumpfen. Wer nicht gleichzeitig in der „zweiten und dritten Säule“ für sich vorsorgt, rutscht im Alter in die Armutsfalle. Mit der zweiten Säule ist die betriebliche Altersvorsorge gemeint. Ronny Wagner: „Die betriebliche Altersvorsorge ist oft ein blinder Fleck in der öffentlichen Diskussion. Dabei liegt hier enormes Potenzial. Modelle wie die Unterstützungskasse existieren seit Jahrzehnten, sind bewährt, transparent und effektiv. Sie kosten den Mitarbeitenden nichts, entlasten die Unternehmen und bauen – im Vergleich zu klassischen Versicherungsmodellen – ein deutlich höheres Kapitalpolster auf.“

Den wohl wichtigsten Baustein jeder erfolgreichen Altersvorsorge stellt aber die private Vorsorge dar. Wagner: „Private Vorsorge ist nicht gleich Versicherung. Es geht um echte Vermögenswerte: Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Sachwerte. Alles, was reale Substanz hat. Alles, was bleibt. Wer früh beginnt, kann sich langfristig ein stabiles finanzielles Fundament schaffen – unabhängig von staatlichen Umverteilungssystemen oder volatilen Märkten.“

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Aktuellste news

Altersarmut: Warum sich die Generation Z ängstigen sollte – und doch so viel ändern kann

Altersarmut: Warum sich die Generation Z ängstigen sollte – und doch so viel ändern kann

Das Thema „Zukunft der Rente“ spielt in der politischen Debatte eine immer größere Rolle. Wie man das Blatt auch wendet: Die Rente mag zwar sicher sein, nicht aber deren Höhe.…

Mitarbeiter kündigen nicht den Job, sie kündigen ihre Chefs

Mitarbeiter kündigen nicht den Job, sie kündigen ihre Chefs

Fachkräfte fehlen überall, doch höhere Gehälter, Boni oder Benefits lösen das Problem nicht. Mitarbeiter verlassen keine Stellen – sie verlassen Führungskräfte. Wer keine Haltung zeigt, wer Orientierung verweigert oder Kultur…

Von der Vision zur Realität. KI, virtuelle Welten und Robotik auf der IFA 2025

Von der Vision zur Realität. KI, virtuelle Welten und Robotik auf der IFA 2025

Die IFA Berlin zeigt vom 5. bis 9. September 2025, wie KI, Robotik und virtuelle Welten in marktreife Produkte und Anwendungen übersetzt werden. Ulrich Buckenlei, Industrieanalyst und Herausgeber des XR…

Aktuellste Interviews

Sicherheit, die wächst – Brandschutz mit Erfahrung,Vision & Verantwortung

Interview mit André Schulze Forsthövel, geschäftsführender Gesellschafter der Brandschutz-Center Münster Brinck GmbH

Sicherheit, die wächst – Brandschutz mit Erfahrung,Vision & Verantwortung

Brandschutz ist mehr als nur Technik - er ist Sicherheit, Verantwortung und Vertrauen. Genau dafür steht die Brandschutz-Center Münster Brinck GmbH, die seit Jahrzehnten als verlässlicher Partner in der Region…

Brot mit dem Geschmack von morgen

Interview mit Andreas Swoboda, Geschäftsführer der BIO BREADNESS GmbH

Brot mit dem Geschmack von morgen

Als Teil der Pandriks Gruppe arbeitet BIO BREADNESS in Fulda, Deutschland, eng mit dem niederländischen Schwesterunternehmen Pandriks Bake Off B.V. zusammen, um Bio-Brot zu produzieren, das sich durch Qualität, Geschmack…

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Interview mit Dennis van Huet, Geschäftsführer der ZZA B.V.

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Die italienische Küche ist beliebt wie eh und je. Pizza, Pasta und Co. sind inzwischen auch die häufigsten Gerichte im Restaurant und auf dem privaten Speiseplan. Auf eine gute Pizza…

TOP