Anleitung für ein ärgerreiches Leben

Anregung 1: Entscheide dich für ungünstigen Ärger

Es gibt günstigen und ungünstigen Ärger. Günstiger Ärger hilft dir, in Erscheinung zu treten und dich gegen Unrecht zu wehren. Das Gute am günstigen Ärger: Er trägt zu Lösungen bei. Das Schlechte: Mit der erfolgreichen Bewältigung löst sich der Ärger selbst auf. Er ist quasi ein Opfer seines eigenen Erfolgs. Dadurch ist er nicht nachhaltig. Er ist vergänglich.

Wähle daher besser ungünstigen Ärger. Denn der bleibt. Wenn du geschickt bist, für immer. Ungünstiger Ärger ist jener, der dir hilft, dich zu verstecken. Halte dich zurück und vermeide Auseinandersetzung. Unterwerfung ist dein Motto und „win-lose“ deine Haltung – mit „Du lose“ und „Die anderen win“. Genieße den sich selbst erhaltenden ungünstigen Ärger als wunderbare Energie- und Zeitverschwendung.

Anregung 2: Unterstelle Übles

Du bist im Gespräch. Schon seit zwei oder drei Minuten. Doch der Gesprächspartner scheint sich nicht zu freuen. Guckt einfach nur. Man könnte jetzt annehmen, er konzentriere sich oder er fokussiere auf bestimmte Aussagen. Kann man machen. Aber wenn du das machst, kannst du dich ja nicht mehr ungestört ärgern.

Nimm viel eher an, dass er gelangweilt ist oder an etwas Anderes denkt oder dir nicht folgt. Diese abwertenden Gedanken deines Gegenübers führen zu direktem Ärger. „Wie kann der nur …?“ – ein herrlicher Ärgervorwurf.

Oder zieh es noch größer auf: Normalerweise würde er schon zuhören, gerade bei dem Thema, aber nicht bei dir, denn du bist langweilig oder inkompetent oder hast Mundgeruch oder was auch immer. Sei kreativ, finde gute Gründe, die dich kleinmachen. Erniedrige dich, indem du einsiehst, dass es der andere mit dir nicht gutmeinen kann. Dein Motto: „Ich habe es einfach nicht verdient, gut behandelt zu werden, und der andere führt garantiert etwas im Schilde.“

Anregung 3: Suche nach Unterschieden

Gib dir Mühe. Auch wenn es dir anfangs schwerfällt und dein Gegenüber dir sehr ähnelt. Du wirst Unterschiede finden. Du musst es nur wollen. Und im schlimmsten Fall einfach immer weiter spezifizieren und verfeinern. Glaub mir: Wer sucht, der findet. Du darfst einfach nicht aufgeben. Such so lange, bis du endlich einen Unterschied gefunden hast, und wenn es nur die Farbe seiner Socken ist.

Vertraue und suche und finde, und sobald der Unterschied da ist, mach ihn groß. Ach was, mach ihn riesig! Ignoriere alles noch so Ähnliche und fokussiere auf jedes noch so kleine Detail, das euch unterscheidet. Du schaffst es, irgendwann haut dich dieser anfangs noch so kleine Unterschied derart um, dass dich eine Welle erfasst und den anfangs noch so vertrauten Menschen als widerwärtigen Gegenspieler erscheinen lässt. Und endlich hast du dein Ziel erreicht. Ärger über einen schwierigen Zeitgenossen.

Anregung 4: Bewerte, wo du kannst

Wenn du dich ärgern willst, lass das neutrale, bewertungsfreie Beobachten. Lass diese tolerante „Das-ficht-mich-nicht-an-mir-doch-egal-Haltung“ und geh über zum Bewerten. Maximal radikales Bewerten. Um genau zu sein. Abwerten. Du richtig, dein Gegenüber falsch. Du oben, dein Gegenüber unten.

Wie gelingt dir das gut? Indem du jede Beobachtung um eine Bewertung ergänzt. Ein Beispiel: Wenn dein Gegenüber die Augenbrauen hochzieht, dann zieht er natürlich nicht nur die Augenbrauen hoch, das wäre ja nur eine Beobachtung. Nein, er guckt dich verächtlich an, wenn er das macht. Du spürst bestimmt sofort den Unterschied: Die hochgezogenen Augenbrauen lösen noch keinen Ärger aus, erst deine Bewertung bringt den Ärger ins Haus. Es ist das Adjektiv verächtlich, das den Ärger erzeugt.

Merke: Je mehr abwertende Adjektive und Adverben, umso höher das Ärgeraufkommen. Und das war ja dein Ziel. Nicht, dass du dich am Ende ärgerst, weil du dich nur ein bisschen ärgern konntest.

Anregung 5: Betrachte die Welt als Feind

Wer auch immer vor dir sitzt, ob Chef oder Kollegin, Mitarbeiterin oder Kundin, sieh in ihnen eine Gefahr. Sie werden dich unterbrechen oder dir nicht zuhören. Dich nicht ernstnehmen oder dir etwas wegnehmen. Dich aufhalten oder dich warten lassen. Es gibt unendliche viele Kränkungsoptionen, traue ihnen alles zu. Das Beste, was du tun kannst, ist deine Mitmenschen als Feinde zu betrachten. Sie nehmen dir etwas weg, was dir wichtig oder sogar heilig ist oder sie verabreichen dir etwas, was du nicht haben willst.

Wenn Feind zu weit weg von der Realität ist, betrachte dein Gegenüber zumindest als Konkurrent. Jemand, der wie du etwas haben will, was begrenzt ist. Wer die Welt durch die Brille der Konkurrenz sieht, sieht in jeder Situation eine Verlustgefahr. Du musst ständig auf der Hut sein, dass dir niemand das knappe Gut streitig macht.

Was ich dir überhaupt nicht empfehlen kann, ist die Betrachtung deines Gegenübers als Kooperationspartner. Wenn du das tust, wenn du ihm auf Augenhöhe und mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen begegnest, wie willst du dich dann ärgern können?

Und noch schlimmer als ein partnerschaftlicher Ansatz ist die Herangehensweise als Freund. Wenn dir das passiert, ist Ärger quasi ausgeschlossen. Denn wer seinen Kollegen auf diese Weise begegnet, lässt Ego und Angst aus dem Spiel. Getreu dem Motto „Dein Glück ist mein Glück und dein Leid ist mein Leid“.

Schlusswort

Du hast dich für ein ärgerreiches Leben entschieden? Eine gute Entscheidung. Denn Ärger heißt Lebendigkeit. Und wer könnte ein anderslautendes Ziel ernsthaft verfolgen? Ärger geht ganz einfach: du kannst dich für ungünstigen Ärger entscheiden, stets Übles unterstellen, prinzipiell immer nach Unterschieden suchen, bewerten, was das Zeug hält und die Welt als Feind betrachten.

Wenn du das machst, lebst du ein lebendiges Leben voller Ärger. Wenn du jedoch ein lebendiges Leben ohne Ärger führen willst, dann schau mal in das Buch "Was mich ärgert, entscheide ich!" von Philipp Karch und finde dort ein fünfstufiges Modell zur Ärgerminimierung. Ärgern geht dann nicht mehr so gut.

Quelle: BusinessVillage

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