Finanzwelt erklärt: Deutscher Staatsfonds könnte Rentenlücke schließen
Teil 22: Deutscher Staatsfonds könnte Rentenlücke schließen
Wirtschaftsforum: Herr Mudlack, der Finanzanalytiker Volker Looman hat jüngst vorgerechnet, dass sich in 45 Jahren eine fast fünffache Rente mit Aktien erwirtschaften lässt. Könnten Sie das bitte erläutern?
Benjamin Mudlack: Die Rechnung ist recht einfach zu verstehen. Ein Rentner, der in 45 Jahren circa 205.000 EUR in unser Rentensystem eingezahlt hat, erhält eine Monatsrente von etwa 1.400 EUR. Hätte er seine Einzahlungen in den Deutschen Aktienindex DAX investiert, so ergäbe sich eine monatliche Auszahlung von 6.100 EUR. Die Differenz ist erheblich und sollte uns und den Politikern zu denken geben. Auch wenn die Vergleichbarkeit nur bedingt gegeben ist, da wir hier von einer 100%-igen Aktien-Sparquote sprechen und alle anderen Anlageklassen wie Anleihen, Immobilien oder Edelmetalle außer Acht lassen. Dennoch rentieren unsere Einzahlungen in unser Rentensystem enorm schlecht und sind unter anderem aufgrund der demografischen Entwicklung auch noch extrem ausfallgefährdet. Die längst überfällige Rentenreform lässt leider seit Jahrzehnten auf sich warten, man sitzt das Thema konsequent aus. Und wenn mich ein junger Berufsanfänger fragt, ob seine Renteneinzahlungen beim Staat gut aufgehoben sind, dann fällt die Antwort definitiv negativ aus und zwar mit dem Nachsatz, dass der Staat unsere Renten und sonstigen Abgaben extrem schlecht verwaltet.
„Der Staat verwaltet unsere Renten und sonstigen Abgaben extrem schlecht.“ Benjamin Mudlack
Wirtschaftsforum: Da wirkt es grotesk, dass der Staat seinen Bürgern nahelegt private Altersvorsorge zu betreiben und selbst Versicherungen und Pensionskassen vorschreibt, Beiträge in wenig lukrative Anleihen anzulegen. Werden wir hier an der Nase herumgeführt?
Benjamin Mudlack: Das wirkt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch. Ein Blick hinter die Kulissen verdeutlicht jedoch, dass der Staat sich auf diese Weise refinanziert. Die Anleihen der Bundesrepublik Deutschland sind aus dem reinen „Rendite-Blickwinkel“ und auf Basis des aktuell herrschenden Niedrigzinsniveaus sehr unattraktiv.
„Die Anleihen der Bundesrepublik Deutschland sind aus dem reinen „Rendite-Blickwinkel“ und auf Basis des aktuell herrschenden Niedrigzinsniveaus sehr unattraktiv.“ Benjamin Mudlack
Würde die Gesetzgebung den Versicherungen und Pensionskassen einen Kauf der Anleihen nicht mehr vorschreiben, so bekäme unser Land enorme Platzierungsschwierigkeiten und auf Dauer natürlich auch ein Liquiditätsproblem. Die Folgen sind bereits jetzt ersichtlich und werden sich künftig weiter verschärfen, indem Versicherungen deutlich weniger ausschütten als prognostiziert. Pensionskassen werden ihre Zusagen nicht halten können und in massive Schieflage geraten. Die daraus resultierenden Lücken hat der einzelne Rentner/Sparer zu tragen. Dieser düstere Ausblick verdeutlicht die immer größer werdende Bedeutung einer privaten Vorsorge in günstige und transparente Produkte wie zum Beispiel ETFs auf Aktienindizes.
Wirtschaftsforum: Bleibt die Frage nach Alternativen zur Finanzierung der Rente. Inwiefern gibt es überhaupt welche, solange der Staat nicht mitspielt?
Benjamin Mudlack: Andere Länder machen es mit ihren Staatsfonds vor. Ein leuchtendes Beispiel ist der norwegische Staatsfonds, der mit einem Gesamtanlagevolumen von circa 800 Milliarden EUR durch seine Investments im Aktien- und Immobilienbereich extrem gut „performt“ hat. Der norwegische Staatsfonds ist der größte der Welt und wird gespeist aus den Einnahmen des Öl- und Gasgeschäftes des Landes. Gelenkt wird der Fonds mittlerweile vornehmlich und aus gutem Grund durch erfahrene externe Manager. Auch Länder wie China, Singapur und allen voran die Ölstaaten Arabiens verwalten ihre Mittel durch staatseigene Fonds. Nahezu jeder DAX-Konzern ist Bestandteil der jeweiligen Portfolios und verdeutlicht den auf Aktien und Unternehmensbeteiligungen ausgerichteten Fokus.
„Ohne dynamische Beteiligungen und breit aufgestellte Anlagestrategien wird man die Rentenlücken der Zukunft nicht lösen können.“ Benjamin Mudlack
Warum sich unsere Staatslenker seit Jahren dieser Entwicklung entziehen, ist mir ein Rätsel. Ohne dynamische Beteiligungen und breit aufgestellte Anlagestrategien wird man die Rentenlücken der Zukunft nicht lösen können. Die staatlichen Einnahmen hierzulande sprudeln auf einem historischen Niveau. Folglich wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um einen deutschen Staatsfonds zu lancieren.