Swissness in Zeiten von Corona
Interview mit Dr. Dominik Hauser, Geschäftsführer der Hänseler AG

Bei Hänseler ist die Auswirkung der Krise deutlich zu spüren. „Wir haben einen Ausnahmezustand“, offenbart Geschäftsführer Dr. Dominik Hauser. „Aber für das Geschäft im positiven Sinne.“ Neben Alkohol liefert seine Firma auch Glycerin, Ethanol, Wasserstoffperoxid und anderes, was man für die Herstellung von Desinfektionsmitteln braucht. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde die Produktion verdreifacht, von 6 auf ganze 18 t pro Tag.
„Wir sind an unseren Grenzen“, gibt Dominik Hauser zu. „Vor allem wegen der Mitarbeiterkapazität. Wir arbeiten gerade nonstop, auch am Wochenende, über eine lange Zeit ist das nicht haltbar. Auch die Maschinen, die wir dafür brauchen, waren eigentlich anderweitig verplant.“
Seit über 50 Jahren
Gewöhnlich machen Rohstoffe etwa 55% des Umsatzes aus. Es ist der Bereich, auf dem das Unternehmen einst aufgebaut worden ist. 1964 sah Edwin Hänseler Potenzial darin, die vielen Naturheilärzte in Appenzell mit pharmazeutischen Rohstoffen zu versorgen.
Nachdem die Firma 1975 zur AG umfirmiert wurde, folgten diverse Besitzerwechsel, bis sie schließlich 2004 mehrheitlich von der Steinegg Stiftung übernommen wurde. Diese unterstützt die örtliche Kultur und den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Ostschweiz, daher hält sie Anteile an mehreren kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region. „Das gibt uns große Sicherheit“, meint Dominik Hauser. „In den letzten Jahren hatten wir kontinuierliches Wachstum. Aber wir haben uns im Vergleich zum Ursprung gewandelt.“
Auf drei Säulen
Inzwischen wird 35% des Umsatzes mit OTC (Over the Counter)-Produkten eingenommen. „Genaugenommen geht es um Produkte, die ohne Arztrezept abgegeben werden. Zum Beispiel pflanzliche Arzneimittel“, erläutert der Geschäftsführer. An die 10% entfallen auf die Lohnherstellung. „Hier sind wir in einer Nische. Wir können auch kleinere Volumina und spezielle Gebinde für Kunden erledigen.“
Zudem agiert die Firma als Exklusivdistributor für ausländische Produkte. „Wir haben einen guten Draht zu den Apotheken“, erklärt Dominik Hauser. „Also werden wir oft angesprochen.“ Hänseler verfügt über eine durchdachte Logistik, einschließlich eigener Fahrzeuge, mit denen die Apotheken direkt beliefert werden. „So haben wir eine Präsenz beim Kunden“, verrät er. „Und können Liefertreue gewährleisten. Wir stellen zudem ganz bewusst Pharma-Assistenten ein, die schon einmal auf der anderen Seite gestanden haben, und daher wirklich wissen, was unsere Kunden brauchen.“
„Wir krempeln die Ärmel hoch.“ Dr. Dominik HauserGeschäftsführer

Auch im Industriesektor hat sich Hänseler einen guten Ruf erarbeitet. „Das sind langfristige Partnerschaften“, betont Dominik Hauser. „Konstanz und Swissness sind wichtig. Die extrem breite Produktpalette ist gleichfalls ein Vorteil.“
Die Nummer 1
In der Schweiz ist das Unternehmen die Nummer 1 für Rohstofflieferungen. „Aber hier ist das Wachstum im Fachhandel begrenzt“, offenbart der Geschäftsführer. „Immer weniger Apotheken stellen Hausspezialitäten her. Deswegen werden wir unsere anderen beiden Säulen noch ausbauen.“
Unter anderem sollen neue Produkte für die Frauengesundheit etabliert werden. Noch in diesem Jahr soll in der Schweiz Hänseler Achillea lanciert werden, ein pflanzliches Arzneimittel, das Krämpfe bei Regelbeschwerden reduzieren soll. „Der Trend geht ja schon länger zu pflanzlichen Mitteln“, beobachtet Dominik Hauser. „Mit registrierten Arzneien und Nahrungsergänzungsmitteln sowie speziellen innovativen Rohstoffen können wir sowohl in der Schweiz als auch im Ausland punkten. Wir wollen unsere Kernkompetenzen erweitern, von der Pflanze bis in die Tube oder Flasche.“
Zurzeit stammen 94% des Umsatzes aus der Schweiz. Das soll sich nun ändern, mit mehr Präsenz in den asiatischen und europäischen Märkten. „Für die Internationalisierung braucht man einen langen Atem, bis man Fuß fasst“, stellt Dominik Hauser fest. „In unserem Bereich müssen wir Vertrauen aufbauen und unsere Firmenkultur gut vermitteln können.“ Gerade diese Firmenkultur ist es auch, die es Hänseler erlaubt, in Ausnahmesituationen entsprechend zu reagieren.
Ein spannender Job
„Unser Job ist sehr abwechslungsreich und spannend, aber nicht immer einfach zu bewältigen“, meint der Geschäftsführer. „Deswegen haben wir eine Hands-on-Mentalität. Wir stehen zusammen und erreichen gemeinsam als Team Ziele, auch jetzt in Zeiten von Corona. Unsere Leute arbeiten richtig viel, das ist eine tolle Dynamik. Wir achten aber darauf, sie nicht zu überfordern.“ Der Betrieb beschäftigt 135 Mitarbeiter und bildet selbst aus. Doch schon in normalen Zeiten ist es nicht einfach für das Unternehmen, Spezialisten für das Labor, die Qualitätskontrolle, den Support und die Produktion zu bekommen. Dominik Hauser ergänzt: „Daher müssen wir attraktiv sein für Leute, die es schätzen, in einer Region wie der Ostschweiz zu leben.“